Dortmund. In der WDR-Dokumentation „Wir die Wand“ werden elf BVB-Fans beim Besuch eines Bundesligaspiels auf der Südtribüne begleitet. Vom Gewürzmischer bis zur Prostituierten. Es wird gejubelt, geflucht und Bier getrunken. Eine Gesellschaftsstudie mit einem klaren politischen Statement. Ab 5. September läuft der Film in ausgewählten Kinos.
Geflucht wird viel. Die 70-jährige Karin sagt „Arschloch“, der Mathematik-Professor Mathias sagt „Penner“ und die ganze Südtribüne schmettert dem Mainzer Torhüter Christian Wetklo Ausdrücke entgegen, die man besser nicht wiedergeben sollte. Der WDR-Dokumentarfilm „Wir die Wand“ zeigt in 90 Minuten das Leben auf Europas größter Stehplatz-Tribüne. Es wird gejubelt, gesungen, beleidigt, philosophiert und Bier getrunken.
Nie zuvor durfte ein Fernseh-Team direkt auf „der Süd“ drehen – 16 Kameras haben elf Fans bei dem Bundesliga-Spiel zwischen Borussia Dortmund und Mainz 05 (Endstand 2:0) begleitet. Fußballszenen werden nicht gezeigt, nur die Südtribüne und ihre Protagonisten. Herausgekommen ist weniger ein Fußballfilm als eine Gesellschaftsstudie. Menschen aus unterschiedlichen Schichten, mit unterschiedlichen Schicksalen treffen aufeinander.
Da die Rentnerin, dort die Prostituierte
Zum Beispiel Anna Kathrin, vom Beruf Prosituierte, auf der Südtribüne steht sie in Block 14: „Bei Heimspielen ist im Bordell nichts los. Da mach ich auch keine Verluste, wenn ich selbst hier bin.“ Oder eben Karin, die 70-jährige Rentnerin von Block 11, die mit einem Gehstock ins Stadion kommt und an die Ordner Schokolade verteilt. Christian (29), Techniker und Mitglied der „Rainbow-Borussen“. Ein Fanclub mit homosexuellen Mitgliedern. Und auch der 24-jährige Olli ist dabei. Er ist Mitglied der Ultras-Gruppe „The Unity“ und ihr Vorsänger. Bei jedem Heimspiel steht er auf einem Podest und stimmt Gesänge an.
Der Autor der Doku, Klaus Martens, ist ein halbes Jahr über die Südtribüne gewandert, um unterschiedliche Menschen kennenzulernen und sie zur Teilnahme an dem Projekt zu überreden. Elf Fans plus Stadionsprecher Norbert Dickel sind es am Ende, die während des Spiels jeweils von einem Kameramann begleitet werden. „Dabei habe ich darauf geachtet, dass beide zusammen passen“, erklärt Martens bei der Preview des Films. Denn die Kameras sollten möglichst schnell vergessen werden. „Ich wollte ein normales Bundesliga-Spiel zeigen, deswegen Dortmund gegen Mainz, bei dem sich die Protagonisten möglichst authentisch verhalten“, sagt Marten.
Kein Thema wird ausgespart
Ausgespart wird in den 90 Minuten kein politisches Thema. Sei es Homosexualität, Rechtsradikalismus oder Fußball im Zusammenhang mit Frauen. Die, wie der Gewürzmischer Bruno aus Block 14 feststellt, „auch normale Menschen sind“. Und deswegen ja auch gerne zum Spiel kommen könnten. Auch die Ultras sind für die Fans im Film kein Problem oder eine Gefahr. Sie werden als „das Herz der Südtribüne“ bezeichnet, ohne die es keine Stimmung gäbe.
Und so ist die Dokumentation am Ende ein politisches Statement: pro Stehplätze, pro niedrige Eintrittspreise und auch pro Ultras. Ob Fußballfan oder -laie – jedem wird in dem 90-minütigen Film eine Idee von dem besonderen Gefühl vermittelt, das die Besucher auf der Südtribüne ergreift. Eine beeindruckende Gesellschaftsstudie. Menschen aus allen unterschiedlichen Schichten treffen sich und sind für 90 Minuten gleich. Egal ob Bergmann, Prostituierte oder Sachbearbeiterin. Nur merkt Professor Mathias an: „Nach dem Spiel ist das nicht mehr so. Leider.“
- Hier gibt es den Film zu sehen:
Die Premiere wurde am 2. September im Dortmunder Cinestar gefeiert. Dort wird der Film auch vom 5. bis zum 30. September zu sehen sein. Karten sind ab sofort beim Cinestar erhältlich. Der WDR zeigt den Film am 3. Oktober im 21.45 Uhr. Im Anschluss soll eine DVD mit Bonusmaterial erscheinen.
Von 5. bis 30. September läuft „Wir die Wand“ in ausgewählten Kinos. Die Spielorte in NRW:
- Münster: Cineplex, 9.9.
- Hagen: Cinestar, 5.9. und 9.9.
- Oberhausen: Walzenlager, 8.9. und 15.9.
- Bottrop: Filmforum der VHS, 12.9 und 13.9.
- Bielefeld: 5.9. und 9.9.
- Bonn: Rex, 15.9.
- Epselkamp: Lichtburg, 11.9. #
- Iserlohn: Cinestar, 5.9. und 9.9.
- Köln: Filmpalette, 5.9. bis 30.9.