Dortmund. Alle Augen richten sich auf Mario Götze, wenn der BVB am Mittwoch gegen die Königlichen aus Madrid antritt. Kann er dem Druck standhalten? Wie reagieren die Fans? Der Bochumer Sportpsychologe Thomas Graw erklärt, warum sich der Wechsel von Götze zum FC Bayern nicht auf die Mannschaft auswirken wird.
Alle reden von Götze – kann er unter diesem Druck heute Abend unbelastet aufspielen?
Thomas Graw: Vom Prinzip her kann er das; es gibt kein Naturgesetz, wonach eine solche Situation einen Spieler zu sehr belastet. Ich kenne Mario Götze nicht persönlich, es kann sein, dass er völlig gelassen bleibt. Es kann aber ein Extra-Druck entstehen: Wie empfangen mich die Fans, werden sie mich auspfeifen, muss ich mich nun erst recht beweisen? Die Frage ist, wie der Spieler prinzipiell damit umgeht.
Seine Borussia, schreibt Götze auf seiner Homepage, sei der „Verein meines Herzens“. Kann so einer sich auf die Konkurrenz überhaupt einlassen?
Die Karriere von Mario Götze
Graw: Das ist für mich die größte Frage. Viel hängt davon ab, ob ein Spieler sich sportlich durchsetzt und sich wohlfühlt. Man hat das etwa am Fall Podolski gesehen: Für ihn war die Heimat sehr wichtig, der Wechsel von Köln nach Bayern lief damals sportlich nicht so gut.
Beim BVB herrscht, nicht zuletzt durch den Trainer, ein besonderes Vereinsgefühl, ein leidenschaftliches Miteinander. Braucht Götze nicht gerade das?
Graw: Das ist immer spannend: Wie viel von der Leistung hängt vom Trainer-Typ und von der Vereins-Atmosphäre ab? Bei Götze sehe ich da nicht so ein großes Problem. In der Nationalmannschaft zeigt er auch seine Leistung. Und dass er sich nicht durchsetzen kann, steht eher nicht zu befürchten. Er muss sich natürlich umstellen, die zu erwartenden Veränderungen, aber auch die Fan-Reaktionen aktiv im Kopf angehen. Er muss sich klarmachen: Es kommt auf meine Fähigkeiten an, auf das, was ich kann.
Auch die Mannschaft macht vor dem heutigen Halbfinale andere Schlagzeilen als allein sportliche. Verunsichert das?
Graw: Ach nein. Die Spieler denken ja jetzt nicht: Wir verlieren den Mario, wie soll es bloß weitergehen? Das ist nicht dasselbe wie bei einer Ehe, wenn einer sich trennt und im nächsten Monat weg ist. Wegen des Wechsels wird es auf dem Platz bestimmt kein heilloses Durcheinander geben – dafür ist die Mannschaft viel zu gut.