Dortmund. Das Nachspiel zum DFB-Pokal-Halbfinale zwischen Bayern München und dem BVB ist spannender als das spiel selbst. Nachdem BVB-Coach Jürgen Klopp einen Vergleich zwischen dem FC Bayern und abkupfernden Chinesen gezogen hatte, vermisste Heynckes die Größe in der Niederlage bei seinem Kollegen. Daraufhin legt auch noch BVB-Boss Watzke nach.
Bayern-Trainer Jupp Heynckes sprach ruhig,
doch seine Wangen röteten sich von Minute zu Minute mehr. Dass er, der 67 Jahre
alte Altmeister und Fußball-Professor, plagiiert, die Spielidee
des Double-Gewinners Borussia Dortmund abgekupfert haben soll, empörte ihn
sichtlich. 'Der FC Bayern besteht ja schon ein bisschen länger, als Jürgen Klopp Trainer ist, und hatte schon immer einen eigenen
Spielstil. Es ist ganz wichtig, dass man in Sieg und Niederlage Größe zeigt',
sagte Heynckes über seinen Dortmunder Kollegen.
Der hatte den Bayern
nach dem 0:1 des BVB im DFB-Pokal-Viertelfinale am Mittwoch vorgeworfen,
die Spielanlage des BVB kopiert zu haben. 'Im Moment ist es so, wie es die
Chinesen in der Industrie machen. Schauen, was die anderen machen, um es
abzukupfern und dann mit mehr Geld und anderen Spielern den gleichen Weg
einzuschlagen. Und schon ist man wieder besser', sagte Klopp.
Heynckes konterte diese Aussage mit deutlichen Worten - das Bundesligaspiel am
Sonntag bei 1899 Hoffenheim (15.30 Uhr/Sky und Liga total!) war plötzlich ganz
weit weg, im Mittelpunkt stand wieder das Duell mit dem BVB.
Watzke heizt den Zoff weiter an
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Dortmund heizte es wenige Minuten nach
Heynckes' Monolog an. 'Bayern München ist ganz sicher nicht der Verein, der uns
zu sagen hat, wie man in der Niederlage Größe zeigt. Da haben sie selbst nicht
gerade das Monopol drauf. Was Jürgen Klopp sagt, ist
in der Sache vollkommen richtig. Der
BVB braucht von den Bayern ganz bestimmt keine Belehrungen', sagte
Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke dem SID.
Das sieht Heynckes völlig anders. 'Wenn
Jürgen irgendwann mal in den Genuss kommt, Bayern München oder Real Madrid zu
trainieren, wird er merken, was das bedeutet, dass das eine ganz andere Welt
ist. Dann wird er vielleicht ein bisschen anders reden', sagte er aufgewühlt: 'Ich
möchte Borussia Dortmund nicht zu nahe treten, das ist eine Klassemannschaft,
aber wenn Sie solche Klubs trainieren, haben Sie eine Sisyphus-Arbeit vor sich,
in allen Bereichen.'
Wütender Heynckes schimpft über China-Vergleich von Klopp
Er selbst, betonte Heynckes, habe sich
gegenüber dem BVB immer verbal zurückgehalten - sowohl nach dem verlorenen
Titelrennen in der Bundesliga als auch nach dem 2:5-Debakel im Pokal-Finale
2012. 'Jürgen
Klopp ist jetzt fünf Jahre Trainer in Dortmund, auch er hat einige Jahre
gebraucht, um diese Prozesse anzuschieben und auf dem Niveau Fußball zu
spielen. Ich bin im zweiten Jahr Trainer hier...'
Heynckes konnte gar nicht mehr aufhören, so
aufgebracht war er über die Anschuldigung des 22 Jahre jüngeren Kollegen. Er
habe gegen Mannschaften der großen Trainer Marcello Lippi, Arrigo Sacchi, Ernst
Happel oder Johan Cruyff gewonnen, sagte er: 'Da ist es mir nie eingefallen zu
sagen, die haben von uns abgekupfert.' Klopp aber
erhebe den Anspruch, 'ein Patent angemeldet' zu haben.
Bayern-Trainer nennt Entschuldigung für Klopp
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Es gehöre sich, die Leistung des Gegners
anzuerkennen. 'Glauben Sie, dass mir oder meiner Mannschaft das in den Schoß
gefallen ist? Das sind Prozesse, die sie einleiten müssen. Wenn
ich nur junge Spieler habe (wie der BVB, d.Red.), ist das leichter
umzusetzen.' Heynckes wurde nun lauter, seine Gesichtsfarbe überstrahlte längst
das grelle Neon-Orange an seinem Kapuzenpullover.
BVB-Trainer
Klopp habe sich bisher 'immer fair verhalten', fügte Heynckes an,
als er bemerkt hatte, wie deutlich er geworden war. Und dann fiel ihm sogar
noch eine Entschuldigung für Klopp ein. 'Wenn er da
im kleinen Kreis mit seinen Dortmunder Journalisten ist, rutscht sowas schon
mal raus. Ich bewerte das nicht über.' Es war nicht einfach, diesen Satz zu
glauben.
Heynckes schwärmt von Bayern-Team
Zwei Tage nach
dem Pokal-Knaller schwärmte auch Heynckes noch von einem 'wichtigen Sieg für
den Rest der Saison'. Seine Mannschaft allerdings sei mit Blick auf
Hoffenheim längst 'zur Tagesordnung' übergegangen. 'Wir sind weiter hungrig auf
Erfolg und werden in der Meisterschaft nicht nachlassen. Wir wissen, dass wir
das Niveau halten, vielleicht noch verbessern müssen', sagte er.
Zumindest an hochkarätigem Spielermaterial
hat Heynckes in der Tat einiges in der Hinterhand. Vieles spricht dafür, dass
der 67-Jährige gegen die zuletzt erschreckend schwache Kraichgau-Elf wieder
kräftig rotiert. "Wir haben viele Spieler, die am Wochenende spielen
wollen", meinte Heynckes. Erste Anwärter mal wieder auf die Startelf sind
Franck Ribéry, Mario Gomez, Luiz Gustavo und Jerome Boateng, die gegen den BVB
gar nicht oder nur ein paar Minuten gespielt hatten.
Robben hofft auf mehr Spielanteile
Endlich wieder eine
größere Rolle will auch Arjen Robben spielen. Seit der Winterpause kam der
niederländische Nationalspieler nicht über die Rolle des
Dauer-Kurzzeitarbeiters hinaus. Auch durch sein entscheidendes Tor gegen den
BVB erhofft er sich jetzt mehr Einsatzzeit. "Ich kann noch besser spielen.
Aber am Ende sind wir alle abhängig von unserem Trainer", meinte Robben.
Der Coach machte gewohntermaßen ein Geheimnis aus seinen Gedankenspielen. (dpa/sid)