Dortmund. Fußball-Meister Borussia Dortmund zieht am Ende des Trainingslager einen Joker als Neuverpflichtung aus der Tasche: Nuri Sahin, zuletzt von Real Madrid an den FC Liverpool ausgeliehen, kehrt zurück ans eine frühere Wirkungsstätte - zunächst auf Leihbasis.

Als der Kopf zur Tür hindurchlugt, geht der Blick zur Uhr. Es ist der Reflex, der immer greift, wenn der Mensch glaubt, Zeuge von etwas Besonderem zu sein. Es ist 18 Uhr und acht Minuten an diesem 11. Januar 2013. Und der Kopf gehört zu Nuri Sahin. Der verlorene Sohn ist zurück in Dortmund.

Den kurzen Weg von der Tür hin zum Podium schreitet Sahin nicht ab, er lächelt ihn ab. Vor ihm gehen Hans-Joachim Watzke, der Geschäftsführer des BVB, und Michael Zorc, der Sportdirektor. Jetzt streicht seine Zunge kurz über die Lippen, Sahin zupft an seinem Hemdkragen. Im nächsten Moment blickt er in ein Dutzend Fernsehkameras und ebenso viele Fotoapparate. Blitzlichtgewitter. Dann spricht Watzke. Er sagt: „Nuri is back. Und das ist auch gut so. Wir freuen uns natürlich sehr darüber.“

Noch am Mittwoch hatte derselbe Watzke im Trainingslager der Borussen im spanischen La Manga Verhandlungen mit seinem ehemaligen Spieler dementiert („Das kann ich nicht bestätigen. Das belustigt mich“). Und auch Zorc hatte mächtig gemauert („Ich möchte nicht jedes Gerücht kommentieren, das wird mir einfach zu viel“). Zu diesem Zeitpunkt will Watzke aber auch noch keine „Rauchzeichen“ aus Madrid empfangen haben. Die seien auch, so behauptet er Freitagabend, noch nicht einmal vor 48 Stunden erstmals überhaupt sichtbar geworden.

Sahin, dessen Kontakt zum BVB und insbesondere zu Trainer Jürgen Klopp nie abgerissen ist, beschäftigt sich hingegen schon seit einer Woche wieder intensiv mit seiner Rückkehr zum Doublesieger. Möglich geworden ist die auch, weil er im Vergleich zu seinen Arbeitspapieren in Madrid und Liverpool „auf signifikant viel Geld“ (Watzke) verzichtet hat. Der BVB hat Sahin zunächst für sechs plus zwölf Monate ausgeliehen. Nach Informationen dieser Zeitung beinhaltet der Deal aber eine Kaufoption. Michael Zorc sagt zumindest: „Gehen Sie davon aus, dass wir das Lenkrad in der Hand halten.“

Spielberechtigt für die Champions League

Sahin wird beim BVB nun die Nummer 18 tragen und kann für die Champions League nachgemeldet werden. Er sagt: „Ich stehe ab sofort zur Verfügung.“ Die Rückkehr des mitunter genialen Strategen eröffnet Trainer Jürgen Klopp für die Rückrunde noch mehr Möglichkeiten. Mindestens die, fortan auch in 4-3-3-Anordnung spielen zu können, mit einem zentral-defensiven „Sechser“ (Sebastian Kehl oder Sven Bender) und zwei spielstarken Akteuren auf den Halbpositionen (Ilkay Gündogan und eben Sahin) – womöglich sogar unter Verzicht auf eine echte Spitze. Klopp ist auf jeden Fall zufrieden, wie am Abend aus La Manga verlautete: „Nuri ist ein absoluter Qualitätsspieler. Er gibt mir im Mittelfeld, wo wir zuletzt Verletzungsprobleme hatten, mehr Optionen.“

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Obwohl Sahin in den vergangenen eineinhalb Jahren weder bei Real Madrid noch beim FC Liverpool, an den er zuletzt ausgeliehen war, sonderlich viele Spielanteile hatte, will er als Fußballer und als Mensch weiter gereift sein. „Ich habe zwar nicht viel gespielt, aber mit den besten Spielern auf meiner Position, Xabi Alonso und Steven Gerrard, zusammen gearbeitet. Zudem bin ich in der Zwischenzeit Vater geworden.“ Vor allem aber sei er nun überglücklich, „wieder zu Hause zu sein“.

Nebensache Schmelzer

Michael Zorc bat vorsichtshalber trotzdem darum, die Erwartungshaltung nun nicht ins Unermessliche hoch zu schrauben. Nach 18 Minuten lächelte Nuri Sahin den kurzen Weg vom Podium zurück zur Tür ab. Seinen Kopf nahm er selbstverständlich mit. Es war eben ein besonderer Abend in Dortmund, ein in doppelter Hinsicht sogar besonderer Abend. Marcel Schmelzer, der Linksverteidiger mit Nationalmannschafts-Meriten, hat einer Verlängerung seiner Vertragslaufzeit um drei Jahre bis ins Jahr 2017 zugestimmt.

Ein bemerkenswerter Schritt dahin, den Dortmunder Spielerstamm zusammenzuhalten und gemeinsam große Aufgaben anzugehen. Doch dass Michael Zorc Vollzug in der Personalfrage Marcel Schmelzer vermeldete, es geriet irgendwie zur Nebensache am Abend der Festlichkeiten für den Heimkehrer, der in der Fremde so richtig nie glücklich war.