Manchester. . Borussia Dortmund hat durch das hochklassige 1:1 beim englischen Meister Manchester City seine Visitenkarte in der Beletage des europäischen Fußballs hinterlegt. BVB-Coach Jürgen Klopp sei „tendenziell sogar stolz“ nach einer Partie, in der beide Torhüter eine herausragende Leistung ablieferten.
Marco Reus sagt gerade einen bedeutsamen Satz, als Joe Hart aus dem Aufzug steigt, besser: schwebt. Drüber steht nicht etwa „VIP-Lift“, drüber steht „VVIP-Lift“; es muss sich also um den Lift für die wirklich wichtigen Menschen handeln. Joe Hart war an diesem famosen Abend Manchesters wichtigster Mann. Am Morgen danach titelt der Independent: „Hart keeps City alive!“ Hart hielt City am Leben. 17 Glanzparaden hatte etwa Mats Hummels ausgemacht; und das war nur der gefühlte Wert. Was unweigerlich zur Frage führt, ob dieser englische Torwart nicht vielleicht doch deutsche Vorfahren hat. Roberto Mancini jedenfalls, Harts Trainer, konnte sich an keine derartige Leistung eines englischen Torwarts erinnern.
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Man muss in der Tat weit zurück gehen, um Vergleichbares zu finden. Über David Seaman hinweg. Und auch über Peter Shilton. Es ist wohl erst Gordon Banks Jahrhundertparade gegen den Kopfball von Pelé, die mit Harts Leistung gegen Borussia Dortmund zu vergleichen ist. Wenn auch sonst nichts im Torwartspiel dieser beiden zu vergleichen ist.
Mut bewiesen
Hart, im legeren Polo-Shirt und in netter Begleitung, entschwindet in die Nacht. Dann spricht Marco Reus, der ihn beim 1:1 des BVB gegen Manchester City als einziger hatte überwinden können: „Das Wichtigste war“, sagt Reus, „das wir Mut bewiesen haben. Ich glaube, City hat uns nicht so erwartet. Vor allem auch taktisch haben wir das sehr gut gemacht.“
Die erste mutige Entscheidung hatte Trainer Jürgen Klopp schon vor dem Spiel getroffen. Er stellte Sven Bender auf, nicht Sebastian Kehl, den Kapitän. Das war die große, die für alle sichtbare Veränderung. Dass zusätzlich nicht etwa Mario Götze in der Mitte der offensiven Dreierreihe spielte und auch nicht Marco Reus, sondern der zähe, unnachgiebige Jakub Blaszczykowski, gehörte zu den fiesen Feinheiten, die sich die Dortmunder hatten einfallen lassen. Klopp hatte schon am Vorabend frohlockt, dass er eine Menge über ManCity wisse, und wenig darüber sagen werde. Nur eine Auswirkung dieser Neuordnung im Mittelfeld: Die gewöhnlich brachiale Wucht von Yaya Toure war eingedämmt, und ebenso seine Genialität.
Der BVB hatte in Manchester erstens einen Plan. Und er hat diesen zweitens konsequent befolgt.
Tendenziell sogar stolz
„Es war ein fantastisches Fußballspiel. Ich bin sehr zufrieden, tendenziell sogar stolz“, sagte deshalb auch Jürgen Klopp. Er habe gesehen, dass der BVB im zweiten Jahr der Königsklassen-Zugehörigkeit auf hohem Niveau mithalten könne. Das war ihm wichtig. Denn „wir wollten den BVB diesmal anders darstellen als im letzten Jahr – und das ist uns gelungen“.
Borussia Dortmund hat nun seine Visitenkarte in der Beletage des europäischen Fußballs hinterlegt. Die Großkopferten haben das zur Kenntnis genommen.
Lange habe keine Mannschaft ManCity mehr derart unter Druck gesetzt, wie es den Dortmundern in der zweiten Hälfte gelungen ist. Erzählten die Spieler des englischen Meisters Neven Subotic, dem Unglücksraben, dem der Ball ganz am Ende an die Hand gesprungen war.
Der Spielfilm liefert die Bestätigung: Nach 21 Minuten erheben sich die englischen Fans erstmals, setzen den lautstarken Dortmundern etwas entgegen; sie merken, im Vorbeigehen wird dieser BVB nicht zu besiegen sein. Nach 28 Minuten schickt Mancini Mario Balotelli zum Warmmachen. In Minute 42 versucht Yaya Toure einen Freistoß aus der eigenen Hälfte heraus auszuführen; er scheitert beinahe, weil er bei der Suche nach einer Anspielstation nicht fündig wird. In der 57. Minute bringt Mancini den defensiven Kolarov für Nasri; und nicht etwa Stürmer Tevez oder Stürmer Balotelli.
Dass der dann doch noch ins Spiel kommt und wiederum als einziger den im Vergleich zu Joe Hart nicht minder famosen Roman Weidenfeller überwindet, ist schade. Ist bitter. Ist aber auch zu akzeptieren. So wie anzuerkennen ist, dass der überragende Dortmunder Torwart und seine Mannschaft schlicht das Pech hatten, dass der womöglich beste englische Torwart aller Zeiten an diesem Abend auch da war.