Jubel, Double, Heiterkeit - Dortmund feiert die Pokal-Helden
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Dortmund. Stundenlang feierte eine halbe Million BVB-Fans den Meister und Pokalsieger in Dortmund. Um neun Minuten vor sechs rollte der Mannschaftswagen los statt um 18.09 Uhr. Hauptsache 09. Die Spieler trugen Sonnenbrillen - und in diesem Jahr lag das wohl tatsächlich an der Sonne.
Ist ja nicht so, dass Dortmunds Fans weniger drauf hätten als seine Fußballer. Die haben ja auch spontane Meisterfeier, offizielle Schalenübergabe, Pokalfinale in den Beinen, im Herzen und auf der Leber. Und jetzt diese Fete. Die kommen aus dem Feiern nicht raus! Chips und Currywurst nachgeordert, Bier – und Bürger: Denn reichlich fünf Stadtteile reisten nach Berlin, ins Revier rückten nach: Münsteraner, Niederrheiner, Wuppertaler. Und diesmal ist da ein Brausen in der Stadt, und nichts von der Stille in den Straßen, die die Spiele zuletzt leergefegt hatten.
Bis tief in die Samstagnacht fahren sie Korso auf dem Wall, schallen ihre Lieder bis an den Stadtrand, dass man sich am Sonntagmittag fragen muss: Sind die alle immer noch da oder schon wieder? Da rollt der nächste Korso schon: auf der A 2 von Berlin zurück in die wahre Fußballhauptstadt. Und der dritte kommt bestimmt. Zwei Stunden schon vor dem Start stehen die Massen am Straßenrand und singen sich warm. Nur, was sollen sie singen? Es fehlen ihnen die Worte für das doppelte Glück; sie haben Lieder über „echte Liebe“, und dann diesen alten Hit: „Wir holen den DFB-Pokal, und wir werden Deutscher Meister.“ Schon passiert!
BVB-Fans müssen zum Doppel erst was dichten
Also versuchen sie es so: „Bambule und Trubel, Dortmund hat das Double!“ Sie müssen zum Doppel erst was dichten. „Jubel, Double, Heiterkeit!“ Später wird Norbert Dickel, Held einer anderen Berliner Zeit, die Menge dirigieren: „Borussia hol uns die Schale im Mai und den Pokal noch obendrein.“ Nur ist auch dieser Wunsch schon erfüllt, bevor jemand außer Dickel den Text kann. Wie gut, dass die alten Lieder immer gehen. „Wir sind alle Dortmunder Jungs.“ Und „100.000 Freunde, ein Verein“. 100.000? 250.000 waren erwartet worden, aber wer ist bloß auf die Idee gekommen, es würden halb so viele Menschen zur Party erscheinen als im Vorjahr, als es „nur“ halb so viel zu feiern gab?
Aus dem Brunnen auf dem Alten Markt sprudelt es schon wieder gelb, aber diesmal ist es kein Bier, sondern gelbe Farbe. Nur die Polizei in ihrer neuen Kluft passt nicht ins Bild: blau-weiß, weiß-blau, wie man es auch wendet. Apropos, auch dieser Fangesang geht gut an diesem Feiertag: „Zieht den Bayern die Lederhosen aus!“ Wobei das Gerücht geht, dass die die Hose schon nicht mehr anhaben oder wenigstens das Herz darin.
So singend, besetzen die Schwarz-Gelben das Riesenrad auf der Meister-Kirmes, alles Riesen heute! Von hier oben kann man wohl am besten sehen, wie sich die Stadt füllt, wie das Schwarz-Gelb durch die Straßen fließt. Die Spieler stoßen zunächst ganz in Schwarz dazu, es wird ein wenig dauern, bis man ihnen Taschen durchreicht mit Schals, die sie wie Fans aussehen lassen von sich selbst. Um neun Minuten vor sechs rollt der Mannschaftswagen los statt um 18.09 Uhr, Hauptsache 09. „Olé, hier kommt der BVB!“ Und einer der ersten Gratulanten am Wegesrand ist ein Schalker in Königsblau – mit schwarz-gelbem Glückwunsch-Plakat in der Hand. Strahlt, der Mann, als habe er den Pokal persönlich vorbei gebracht (schon vergessen, wo der Pott eben noch war?).
BVB-Spieler tragen 20 Stunden nach dem Sieg Sonnenbrillen
Schwarze Sonnenbrillen tragen die Borussen 20 Stunden nach ihrem Sieg, aber in diesem Jahr mag das tatsächlich an der Sonne liegen. Und am Glanz der Trophäen. Rechts eine und links eine, 2012 muss sich keiner entscheiden, welcher Straßenseite er das ganze Glück präsentiert. Gold gen Norden, Silber gen Süden, Becherchen und Tellerchen, und am unermüdlichsten stemmt auf dem Lkw der, dem das am meisten weh tun müsste: Torwart Roman Weidenfeller. Trainer Jürgen Klopp, schon im Vorjahr Vorturner hoch auf dem schwarz-gelben Wagen, strahlt, singt und klatscht mit einer Wucht ab, dass den Fans zu seinen Füßen heute noch brennende Handflächen haben müssten.
Vorn auf dem Cockpit, die Beine baumelnd im Gedränge, winkt mit zarten Gesten Shinji Kagawa, hüpft Mats Hummels, dass der Wagen wackelt. Torjäger Robert Lewandowski schaukelt die Schale im Arm wie ein Baby und irgendwer hat da den Pott auf dem Kopp. Gegenüber hängen sie in Bäumen und Fenstern, stehen auf Buden und Bushaltestellen. Dortmund steht für „Double“.
Transparent am Borsigplatz: „Hier werden Meister geboren“
So fahren sie ein in den Borsigplatz. „Hier werden Meister geboren“, steht auf einem Transparent. Das ist nun lange her, aber immerhin kommen die Meister immer noch hierher zurück. Und feiern wie kleine (Dortmunder) Jungs. Zum Beispiel so: Weidenfeller beugt sich tief und stößt mit einem schwarz-rot-goldenen Becher an. Das ist zwar eine andere Veranstaltung. Aber bei der EM werden die Dortmunder auch wieder feiern. Und sogar die Bayern gut finden. Jedenfalls ein paar.
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