Augsburg. . Es sind seine letzten Spiele als Manager des FC Augsburg. Den Rheinländer Andreas Rettig zieht es nach sechs Jahren zurück nach Köln. Dort wartet auf den 48-Jährigen zwar (noch) kein neuner Job, aber eine Familie.

Herr Rettig, den FC Augsburg verbindet man immer noch mit den Namen Helmut Haller. Ist lange her.

Rettig: Ich bin ja bekennender Traditionalist. Da stört mich das nicht. Ich sehe es sogar positiv. Ist doch besser, als wenn jemand die Nase rümpft, wenn er Augsburg hört. Wir haben im Sport, abgesehen von Bernd Schuster oder Kalle Riedle, nicht so viele Persönlichkeiten, die über die bayerisch-schwäbische Grenze hinaus bekannt sind.

Wofür steht der FCA heute?

Wir können Erfolg haben, ohne dass wir es vorher ankündigen. Wir wollen nicht vollmundig den Fußball erklären oder ständig erzählen, was für tolle Hechte wir sind. Wir haben eine gute wirtschaftliche Bilanz und konnten in den letzten Jahren etwas Tolles aufbauen. Daran hat unser Präsident Walther Seinsch großen Anteil. Ich hoffe, dass wir bescheiden, wirtschaftlich vernünftig und sympathisch wahrgenommen werden.

Wie positioniert sich ein Liga-Leichtgewicht wie Sie, 65 Kilometer vor der Haustür der übermächtigen Bayern?

Wir müssen das Beste aus unseren Möglichkeiten machen. Wir haben den kleinsten Etat der Liga. Auf unserer Geschäftsstelle gibt es elf hauptamtliche Kollegen. Die Stadt identifiziert sich mit dem Klub. Wir haben unsere Mitgliederzahl seit 2006 auf 10 000 verzehnfacht. Und die Umgebung hat eine beachtliche Wirtschaftskraft. Die Bayern tun uns nicht weh. Stuttgart ist weit weg.

Seit August 2011 steht Ihr Klub auf einem der letzten vier Tabellenplätze. Trotzdem kam nie Unruhe auf.

Wir sind unaufgeregt. Hier rollen keine Köpfe. Hier gibt es kein Tam-Tam. Wir wollen mit Arbeit überzeugen, nicht mit Populismus. Hier träumt keiner, hier spinnt keiner. Für uns ist es ein Privileg, zu den besten 18 deutschen Klubs zu gehören. Unmittelbar nach dem Adrenalinstoß des Aufstiegs haben wir gesagt, dass der Abstiegskampf begonnen hat. Das Schlimmste ist eine zu hohe Erwartungshaltung. Ich war vier Jahre beim 1. FC Köln. Da stürzt die Welt ein, wenn du zwei Mal verlierst.

Samstag kommt der Meister. Der BVB hat zuletzt acht Mal gewonnen. Ihre Augsburger haben fünf Heimspiele in Serie nicht verloren. Welche Serie reißt?

Da lehne ich mich jetzt richtig aus dem Fenster (lacht). Ich glaube nicht, dass wir am Samstag hoch gewinnen. Für die Verhältnisse der bayerischen Schwaben wird hier die Luft brennen. Die Augsburger sind ja nicht so die Stimmungskanonen. Das macht mir als Rheinländer manchmal Kummer. Was wir Rheinländer zu viel haben, haben die bayerischen Schwaben zu wenig. Aber Samstag geht die Post ab.