Dortmund. Gegen das mittelmäßige Piräus praktizierte Borussia Dortmund über 70 Minuten Ergebnisfußball. Es sei für den BVB einzig darum gegangen, drei Punkte zu erwirtschaften, alles andere sei „wurscht“ gewesen, erklärte BVB-Trainer Jürgen Klopp nach dem 1:0-Sieg in der Champions League.
Am Hofe der Königsklasse ist der burschikose Jürgen Klopp wieder in einem grauen Anzug erschienen, in einem Anzug, wie geschneidert für ein kühles Geschäft. Und diesmal, beim vierten Auftritt von Borussia Dortmund auf dem internationalen Parkett, schien der ungewohnte Look erstmals passend. Der Trainer betonte nach dem 1:0-Sieg gegen Olympiakos Piräus nämlich das Geschäftsmäßige. Es sei für den BVB einzig darum gegangen, drei Punkte zu erwirtschaften, alles andere sei „wurscht“ gewesen. Sense. Begründung: „Hätten wir verloren oder remis gespielt, hätten wir gar keine Ausgangssituation mehr gehabt. Dann hätten wir in London alle shoppen gehen können.“
Letzteres hätte Europas Fußball-Union unter keinen Umständen gern gesehen. Für die Borussen ist es aber natürlich angenehmer, bei der fünften Partie am 23. November bei Arsenal in die Arbeitskleidung zu schlüpfen, wenn die Ausgangssituation den Empfang einer Lohntüte nicht ausschließt. „Ich bin sehr zufrieden“, wiederholte Klopp deshalb das, was er schon am vergangenen Samstag gesagt hatte, an diesem Bundesliga-Samstag, an dem der Meister beim VfB Stuttgart nur ein Remis, ein 1:1 eingefahren hatte: „Ich bin sehr zufrieden.“
Im Schwabenland wollte sich an dieser Trainerzufriedenheit niemand reiben, weil Dortmund gemeinsam mit einem starken Gegner ein rasantes Fußballspiel inszeniert hatte. Der Erfolg gegen die Griechen, mit dem der Optionsschein gelöst wurde, mit Siegen in London und gegen Marseille in der Champions League überwintern zu können, konnte dagegen als einer der tüchtigen Verteidigung interpretiert werden. Der Trainer des BVB hat das getan. Nach der Negativserie, nach drei Spielen und nur einem Punkt habe man vor zwei Alternativen gestanden, erklärte Klopp. Erstens: weitermachen wie bisher. Zweitens: ändern. Entschieden habe man sich für den Eingriff, für mehr Defensive in Kombination mit einer Systemumstellung.
Klopp ordnete „Ergebnisfußball“ an
Man muss schwer gelitten haben in Dortmund, unter dem Applaus, der nach Niederlagen (am schlimmsten nach dem 0:3 in Marseille) gespendet wurde. Man muss so sehr gelitten haben, dass Zweifel an der eigenen Philosophie aufflackerten. Können wir tatsächlich mit unserem Fußball, mit Attackenfußball in der Offensive und Problemlösungsfußball in der Defensive, unter den ganz Großen überleben? Und die Antwort des Trainers muss gewesen sein: nein. Ansonsten hätte er gegen das angestrengt mittelmäßige Piräus nicht „Ergebnisfußball“ angeordnet, wie er rund 70 Minuten lang von seiner Mannschaft auch praktiziert wurde.
In den Minuten zuvor, in den Minuten, in denen nicht nur „brutal hart gearbeitet wurde“ (Klopp), müssen die Borussen unter einer kollektiven Bewusstseinsstörung gelitten haben. Sie trumpften auf, als hätte der Chef ihnen befohlen, die Bastion des Kontrahenten im Sturmlauf zu erobern. Das vorgegebene System (Klopp: statt des etablierten 4-2-3-1 ein 4-3-3 in der Vorwärtsbewegung, ein 4-5-1 in der Rückwärtsbewegung) wurde ignoriert. Vor allem Moritz Leitner, der 18-Jährige, der als Vertreter des verletzten Sven Bender an der Seite von Kapitän Sebastian Kehl vor der defensiven Zentrale Ordnung herstellen sollte, stürmte und drängte nach vorn. Mitten hinein in die Offensivreihe mit Kevin Großkreutz, Mario Götze, Ivan Perisic. Für die Statistik ergab sich in dieser Phase des Dortmunder Spiels, wie man das Dortmunder Spiel kennt: der einzige Treffer. Das 1:0 durch Distanzschuss von Großkreutz in Minute sieben.
Der Torschütze sagte später: „Wir haben gezeigt, dass wir in der Champions League mithalten können.“ Und das war mit Einschränkungen richtig. Gegen Arsenal (1:1) und Marseille konnte man spielerisch mehr als mithalten. Diesmal stimmte jedoch das Ergebnis. Kann sein, dass das auch wichtig ist, weil zum Beispiel Götze der Sport-Bild angedeutet hat, dass er „dauerhaft Champions League spielen“ wolle und lediglich aktuell das Gefühl habe, sich „nirgends so entwickeln zu können wie beim BVB“. Der Titel „bester Entwicklungsklub“ ist aber nicht das Ziel der Borussia.