Köln. . Teamgeist, Transferpolitik, oder doch der Trainer? Deutsche Fußball-Experten nennen die unterschiedlichsten Gründe für den Höhenflug des BVB. Beeindruckt sind sie allerdings alle - sogar der Erzrivale.
Teamgeist, Transferpolitik, oder doch der Trainer? Deutsche Fußball-Experten nennen die unterschiedlichsten Gründe für den Höhenflug des BVB. Beeindruckt sind sie allerdings alle - sogar der Erzrivale.
Joachim Löw staunt über die „absolut imponierende Spielweise“, Ottmar Hitzfeld begeistert die „überragende Achse“, und Theo Zwanziger lobt den Lernprozess in der Chefetage. Das Phänomen Borussia Dortmund verblüfft und beeindruckt die Fachwelt. In einer Umfrage des Sport-Informations-Dienstes (SID) wird allerdings deutlich, dass sich die Experten auf der Suche nach dem herausragenden Grund für die sensationelle Entwicklung beim Bundesliga-Tabellenführer nicht unbedingt einig sind.
„Die eine Erfolgskomponente gibt es nicht, nirgendwo im Fußball. Es ist immer ein Zusammenspiel mehrerer Konstellationen. Und die werden in dieser Saison in Dortmund ideal kombiniert“, sagt Nationalmannschafts-Manager Oliver Bierhoff und verweist auf den „hohen Verdienst“ von Trainer Jürgen Klopp, Manager Michael Zorc und Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke, „die Qualitäten zu erkennen und effizient zusammenzuführen“.
Wie Bierhoff geht auch Günter Netzer (“akribische, gute Arbeit aller Beteiligten“) die Suche nach dem Erfolgsgeheimnis des BVB eher nüchtern und analytisch an - während andere ihr Herz sprechen lassen.
Lehren aus Beinahe-Pleite gezogen
„Man sieht mal wieder das Prinzip „Elf Freunde müsst ihr sein“ auf dem Platz, und das hat zu diesen Erfolgen geführt“, meint DFB-Präsident Theo Zwanziger. Aus der Beinahe-Pleite vor sechs Jahren, glaubt Zwanziger, hat der BVB zudem die bestmöglichen Lehren gezogen: „Ich sehe einen klasse Vorstand, Reinhard Rauball und Hans-Joachim Watzke, die aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt haben.“
Zwanziger steht mit der eher emotionalen Einschätzung der Lage nicht alleine da. „Die Mannschaft bildet einfach eine tolle Einheit, die mit Begeisterung und Leidenschaft Fußball spielt und einen Trainer hat, der alles unter Kontrolle behält. Deshalb wird der BVB auch deutscher Meister“, sagt DFB-Ehrenspielführer Uwe Seeler.
Auch Bundestrainer Löw glaubt nach dem 3:1-Sieg bei Bayer Leverkusen und angesichts des gewaltigen Vorsprungs auf die Konkurrenz, dass die Dortmunder „allerbeste Chancen“ auf die Meisterschaft haben: „Sie haben einfach eine junge, erfolgshungrige Mannschaft mit einem guten Teamgeist.“ Einer von Löws Vorgängern ist noch weitaus enthusiastischer. „Ich denke, es sind vor allem Begeisterung und Zusammenhalt, die Jürgen Klopp in dieser Mannschaft wachgerüttelt hat. Was diese jungen Kerle leisten, ist für mich eine Sensation“, meint Berti Vogts.
Branche soll sich ein Beispiel nehmen
Horst Hrubesch, erfolgreichster DFB-Nachwuchscoach der vergangenen Jahre, hofft, dass sich die komplette Branche ein Beispiel am BVB nimmt: „Elan und der Spaß sind entscheidend. Ich bin so froh, dass dieses Erfolgsrezept endlich mal wieder allen vor Augen geführt wird. Und natürlich bin ich froh, dass es durch eine so junge Mannschaft geschieht.“
Ottmar Hitzfeld, der als ehemaliger Meistercoach der Borussia den Klub aus dem Effeff kennt, legt sich auf einen Haupt-Erfolgsgrund fest. „Das Wichtigste ist die Zusammensetzung der Mannschaft, da passt ein Rädchen ins andere“, sagt der Schweizer Nationaltrainer: „Zorc, Watzke und Klopp sind beeindruckende Transfers gelungen. Weidenfeller, Subotic und Hummels, Kagawa und vorne Barrios bilden eine überragende Achse. Dazu kommt noch quasi der geschenkte Neuzugang Mario Götze aus der eigenen Jugend.“
Heldt: „Die Mischung macht es“
Die Einkaufspolitik der Schwarz-Gelben nötigt auch den Bundesliga-Konkurrenten höchsten Respekt ab. „Hummels, Subotic, Sahin, Großkreutz, Kagawa - das ist schon klug gemacht“, sagte Eintracht Frankfurts Vorstandsboss Heribert Bruchhagen.
Selbst Horst Heldt, Sportdirektor beim Erzrivalen Schalke 04, zieht den Hut. „Ich glaube, die Mischung macht es. Eine Mannschaft, die charakterlich zusammenpasst, die natürlich mit jedem Sieg verschworener wird, die sehr laufintensiv spielt“, sagt Held. Nicht ohne Neid blickt der Ex-Profi auf die pflegeleichten BVB-Jungstars, denen Allüren, wie sie zuletzt beispielsweise S04-Profi Jefferson Farfan gezeigt hat, fremd zu sein scheinen: „Keiner stellt große Ansprüche. Jeder ordnet sich unter, der Teamgedanke steht im Vordergrund.“ (sid)