Dortmund. .

Das erstes Bundesliga-Wochenende des neuen Jahres liegt hinter uns. Es sollte der Beginn einer nie dagewesenen Aufholjagd auf den enteilten Spitzreiter aus Dortmund werden. Er wurde zum Fiasko für die Verfolger.

Die angekündigte Aufholjagd in der Rückrunde wurde ein Reinfall für die Mannschaften, die sich als „Jäger“ positionierten und zu einem Festakt einer Dortmunder Mannschaft, der die bundesweite Fußball-Welt spätestens seit Freitagnacht zu Füßen liegt.

Denn mit dem eindrucksvollen 3:1-Auswärtserfolg bei Bayer Leverkusen hat der BVB nicht nur seinen ärgsten Verfolger, sondern auch die gesamte deutsche Eliteklasse deklassiert. Möchte man in das Horn der Begeisterung blasen, man könnte fast den Eindruck vermitteln, 17 Bundesligisten seien von einer besseren A-Jugend-Truppe aus dem Ruhrpott zu applaudierenden Statisten am Straßenrand degradiert worden, während das Team von Jürgen Klopp in atemberaubender Geschwindigkeit gen Titel voranschreitet.

Bewunderung ergoss sich über Watzke

Als Hans-Joachim Watzke am Samstagabend im „Aktuellen Sportstudio“ saß, ergoss sich die Bewunderung der Bundesliga mit einem Schlag über den BVB-Geschäftsführer, der ob dieses Applauses sichtlich beeindruckt schien. Man schaue „mit großer Bewunderung nach Dortmund“, so Bremen-Boss Klaus Allofs. „Eindrucksvoll“ und „phantastisch“ empfanden es Klopps Trainerkollegen Holger Stanislawski (FC St. Pauli) und Michael Frontzeck (Borussia Mönchengladbach), um nur mal einige zu zitieren.

Dass sich lediglich der Süden dieser Republik, genauer gesagt eine Stadt, die da an der Isar liegt, das Recht herausnimmt mit den Gratulationen abzuwarten und auch nach einem 1:1 beim VfL Wolfsburg vehement den Eindruck vermittelt, man habe den Titel noch nicht abgeschrieben, liegt sicherlich in der Natur eines Vereins, dessen „psychologische Kriegsführung“ so manch einen Titel auf dem Briefbogen errungen hat.

Die Annahme, dass es in diesem Jahr dazu nicht reichen wird, liegt für mich persönlich in keinem einzigen der 16 Punkte Vorsprung, die Borussia Dortmund auf den Rekordmeister hat, begründet und auch nicht durch den eindrucksvollen Stil der schwarzgelben Überflieger. Einem Stil, der mit der Gewalt einer Abrissbirne, aber mit den Sympathiewerten eines Rudels kleiner Hundewelpen daherkommt. Diese Annahme liegt einem Verein zu Grunde, der sich gute sechs Jahre nach dem Beinahe-Kollaps wieder selbst entdeckt hat und einen Trainer in erster Reihe sein eigen nennt, der sich – Zitat: „Das Recht herausnimmt, unser eigenes Ding durchzuziehen“.

Das nächste Spiel

Mit einem hohen Maß an Vehemenz und Anstrengung hat es Borussia geschafft nicht nur der Öffentlichkeit und seinen Fans, sondern auch sich selbst einzureden, dass das nächste Spiel, immer das Wichtigste sei. Dass 16 Punkte Vorsprung keine Erklärung dafür sind, auf dem Platz den Sprint nach hinten zu verweigern oder im Angriff mal eben nicht so genau zu zielen. Unwahrscheinlich, dass es Jürgen Klopp war, der diese simple Vorgabe erfunden hat, aber wahrscheinlich, dass er es mit rhetorischer Perfektion und glaubhafter Zielstrebigkeit geschafft hat seiner Mannschaft das höchste Maß an Konzentration, Disziplin und mannschaftlicher Geschlossenheit einzuhauchen. Diese drei Grundprinzipien des „progressiven“ Erfolgs haben den BVB mit sagenhaften 48 erreichten Punkten tabellarisch enteilen lassen.

Was aber viel wichtiger ist: Sie schenken der jungen Dortmunder Mannschaft die beeindruckende Sicherheit sowohl den eigenen Erfolg und nicht zuletzt die aufkommende Bewunderung richtig einordnen zu können. Mit 46 Punkten ist eben noch niemand Deutscher Meister geworden, aber das applaudierende Spalier aus 16 verbliebenden Mannschaften, die uns auf dem Weg zur siebten Meisterfeier auf dem Dortmunder Friedensplatz begleiten werden, ist ja auch noch lang.

(16.01.11 – Christoff Strukamp – die-kirsche.com)