Dortmund..

Christians Wörns feierte 2002 mit Borussia Dortmund die Meisterschaft. Er war neun Jahre für den BVB am Ball. Im Interview spricht er über die Jugend des Tabellenführers.

Sein nächster Weg führt ihn in die Apotheke. Er benötigt ein Medikament, das seine Erkältung lindert. Dringend. Am Freitag, wenn Borussia Dortmund zu Bayer Leverkusen reist, muss er schließlich fit sein. Fit, weil er zum Zeitpunkt der Spitzenpartie als Trainer der C-Jugend des Hombrucher SV im Einsatz sein will. Im Kaffeehaus in Dortmunds Innenstadt spricht Christian Wörns, der sieben Jahre für Bayer und neun Jahre für den BVB am Ball war, auch über Jugend. Die Jugend des Tabellenführers. Und über das „Upps“, nach dem eine junge Mannschaft einbrechen kann.


Herr Wörns, Sie waren 17 Jahre, drei Monate und 30 Tage alt, als Sie 1989 Ihr Bundesligadebüt für Waldhof Mannheim gegeben haben und…


Christian Wörns: Ja, damals war ich der jüngste Spieler, der je sein Debüt in der Liga hatte…


…heute sind Sie noch der viertjüngste Spieler in der Debüt-Geschichte der Liga.


Wörns: Ja, ja. Die Spieler werden immer jünger.


Was hat denn den jungen Wörns vom älteren Wörns unterschieden?


Wörns: Man reift halt mit den Jahren. Als junger Spieler macht man nur irgendwie sein Ding.


Um Borussia Dortmund herum gibt es derzeit nur ein großes Thema, die Altersfrage, die in diesem Fall lautet: Kann der Tabellenführer noch einbrechen, weil seine Mannschaft so jung ist?


In der Hinrunde war die Gedankenlosigkeit positiv?


Wörns: Ich glaube, das war die Stärke des BVB. Aber in der Winterpause war man nicht in diesem Trott, in dieser Mühle drin, da konnte man sich Gedanken machen, da konnte man überlegen, was passiert ist. Das könnte vielleicht ein Nachteil sein. Muss aber nicht. Es kommt wirklich auf die ersten Ergebnisse an.


Dass die Partie in Leverkusen als richtungweisend eingeschätzt wird, ist richtig?


Wörns: Es geht um die nächsten drei, vier Spiele. Man steht mit zehn Punkten vorne. Aber wenn es die ersten drei Spiele nicht so weitergeht, denkt man schnell: Upps, wir haben ja doch etwas zu verlieren.


Braucht man nach dem Upps den älteren Spieler?


Wörns: Vielleicht. Aber Dortmund hat auch den Roman Weidenfeller mit seiner Erfahrung, den Sebastian Kehl.


Um Leverkusen herum ist das große Thema auch eine Altersfrage, die lautet: Stört der 34-jährige Michael Ballack nicht nur noch?


Wörns: Ich glaube, dass Michael Ballack mit seiner Klasse auf jeden Fall der Mannschaft helfen kann. Es gibt nur im Moment diesen Jugendwahn.


Jugendwahn klingt verärgert.


Wörns: Nein, der Jugendwahn ärgert mich nicht. Aber es gibt Spieler, die in höherem Alter einfach noch gute Leistungen bringen. Und Michael ist 34 und nicht 38 oder 39. Man tut ja im Fußball immer so, als würde ab dem Alter mit der Drei davor, die Welt untergehen. Das ist aber nicht der Fall.


Was bringen die Spieler mit der Drei davor?


Wörns: Es sind alle gefragt in einer Mannschaft. Aber manchmal müssen Spieler auch vorausgehen. Und wenn man viel Erfahrung hat, wie Michael Ballack, dann kann das von Vorteil sein.


Was bedeutet: vorausgehen?


Wörns: Sich nicht verstecken. Den Ball fordern. Den eigenen Stiefel runterspielen. Nicht nach links oder rechts schauen. Das ist wichtig, wenn andere Spieler zusammenfallen.


Mit der Borussia sind sie 2002 Meister geworden. Mit Leverkusen waren Sie 1997 nur Vizemeister. Ist Bayer gar kein Titelkonkurrent für den BVB, weil es ein Vize-Gen gibt?


Wörns: Nein. Mit dem Image muss der Klub nur leben. Der Titel-Favorit ist immer der FC Bayern. Und wenn man den zweiten oder dritten Platz holt, ist das schon phantastisch.


Diesmal liegen die Bayern aber schon 14 Punkte zurück. Können die denn trotzdem noch Meister werden, und wenn, warum?


Wörns: Eigentlich können sie den Titel nicht mehr gewinnen. 14 Punkte, das sind Welten. Die Borussia müsste erstmal fünfmal verlieren und Bayern fünfmal gewinnen…


Jetzt sollen Störfeuer eine Rolle spielen bei der Titel-Entscheidung. Zum Beispiel Störfeuer aus dem tiefen deutschen Süden.

Christian Wörns mit Roman Weidenfeller nach dem 2:0 gegen Schalke am 12. Mai 2007.
Christian Wörns mit Roman Weidenfeller nach dem 2:0 gegen Schalke am 12. Mai 2007. © REUTERS | REUTERS






Wörns:
Ja, das habe ich oft gelesen in den letzten Wochen.


Hat das eine Bedeutung?


Wörns: Man darf sich nicht beeinflussen lassen. Manchmal verheddert man sich ja in Diskussionen in einer Mannschaft. Dann geht es hin und her und her und hin. Ich glaube, wer Routine hat, wer fokussiert ist, der konzentriert sich von Spiel zu Spiel.


Wird das, was als Störfeuer bezeichnet wird, eigentlich nur von Medien so identifiziert oder sind das tatsächlich Vereinsinszenierungen?


Wörns: Doch, da wird von den Vereinen schon ein bisschen angepiekst. Das kommt aber meist aus den oberen Etagen, nicht von den Spielern. Die werden dann nur gefragt: Was sagen Sie dazu, was sagen Sie dazu? Und dann wird auch schon mal mit einem falschen Satz geantwortet. Und dann wird die nächste Frage gestellt…


Das könnte gerade junge Spieler wie die des BVB überfordern…


Wörns: Ich glaube aber, dass Trainer Jürgen Klopp und der Dortmunder Vorstand so clever sind, den Jungs einzubläuen, dass sie sich nicht locken lassen dürfen.


Wäre der 38-jährige Wörns, dem der BVB 2008 keinen Vertrag mehr gegeben und der dann abrupt seine Karriere beendet hat, denn vielleicht gerne noch dabei?


Wörns: Jaaa. Es gibt Schlimmeres, als im Moment für Borussia Dortmund zu spielen.

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