Dortmund.
BVB-Innenverteidiger Mats Hummels spricht im Interview über einen besonderen Moment in der Hinrunde, die Perspektiven der Mannschaft und das Geheimnis des Dortmunder Erfolges.
Im heimatlichen München wird Mats Hummels, Innenverteidiger von Borussia Dortmund, Weihnachten im Familienkreis feiern. Anschließend steht für den 22-Jährigen ein angenehmer Arbeitseinsatz an: Werbeaufnahmen für einen Schoko-Brotaufstrich führen ihn nach Südafrika. Vorher hat er sich noch Zeit genommen, um im Interview mit Thorsten Schabelon das Geheimnis des BVB-Erfolges zu erklären.
Herr Hummels, Sie sind ein pflichtbewusster Fußballprofi, der so gut wie nie Alkohol trinkt. Gönnen Sie sich auf die Hinrunde des BVB mal ein Glas Sekt?
Mats Hummels: Silvester nicht, wir haben ja am 3. Januar Trainingsauftakt. Aber in dieser Woche trinke ich mal ein Gläschen.
Ihrem BVB sind in der Liga bislang die meisten Siege und Tore gelungen, das Team hat zudem die wenigsten Niederlagen und Gegentore kassiert. Sind Sie auf etwas besonders stolz oder auf die Summe des Erreichten?
Hummels: Auf die Summe und auf die Art und Weise, wie gut wir gespielt und uns belohnt haben. Bei uns war nicht jeder Schuss ein Treffer und wir hatten auch nicht nur Glück. Wir waren in fast jedem Spiel einfach besser als der Gegner.
Haben Sie denn einen besonderen Moment aus der Hinrunde in Erinnerung?
Hummels: Der Derbysieg gegen Schalke. Mein erster. Ein Erlebnis. Ein unfassbar geiles Gefühl. Was wir da an Emotionen rauslassen konnten...
Was ist das Geheimnis des Dortmunder Erfolges?
Hummels: Geheimnis klingt nach geheimen taktischen Mitteln. Das ist nicht der Fall. Die Spieler unseres Teams haben eine gute Qualität. Das ist die Grundvoraussetzung. Dann haben wir ein System, eine Idee, einen Plan, den die ganze Mannschaft verfolgt. Auf diese Struktur im Spiel können wir uns verlassen. Wir wissen, dass die taktische Disziplin und der Wille zu verteidigen immer vorhanden sind – auch wenn es fußballerisch mal nicht so läuft.
Diese Spielidee hat Jürgen Klopp mit seinem Trainerteam entwickelt. Welchen Anteil hat er am Erfolg?
Hummels: Einen Großen. Als Nachfolger von Thomas Doll hat er neues Leben in die Mannschaft, den Verein und das Umfeld gebracht. Er hat Begeisterung bei allen entfacht – ein Grundstein für den erfolgreichen Weg, den wir weitergehen wollen.
In Ihrer Mannschaft spielen viele der modernen Jungprofis, die, wie Sie, als verantwortungsbewusst, leidenschaftlich und lernwillig gelten. Ein fruchtbarer Boden für die Lehren des Klopp.
Hummels: Unsere Lernwilligkeit ist ein wichtiger Aspekt für den Erfolg. Die Mannschaft ist ständig bereit, an der taktischen Disziplin zu arbeiten, sich zu verbessern. Das trägt jeder von uns in sich und strahlt es aus. Zudem kann sich jeder auf den anderen verlassen. Wenn es du einen Ball verlierst, springt ein Mitspieler ein. Der meckert nicht, sondern holt den Ball zurück.
Sind die Zeiten der Ich-AG-Profis vorbei? Sie unternehmen auch abseits des Platzes viel miteinander.
Hummels: Wir fördern durchaus bewusst die Kameradschaft und machen viel zusammen. Das kann auf dem Platz einen Vorteil bringen. Besser als die berühmt-berüchtigten elf Freunde auf den Rasen marschieren als in vier Cliquen.
Erfolgsdellen gab es auch beim BVB: Die Pleite im DFB-Pokal und das knappe Aus in der Europa League.
Hummels: Das ist Fußball, auch der FC Barcelona gewinnt nicht jedes Spiel. In Sevilla sind wir zu hektisch geworden. Daraus haben wir gelernt, dass wir künftig bis zum Ende fokussiert bleiben…
... also dann auch bis Ende der Bundesliga-Rückrunde. Ist es möglich, eine Saison lang starken wie erfolgreichen Fußball zu spielen?
Hummels: Ja. Man darf aber nie glauben, dass gute Spiele von alleine kommen und man mit 50 Prozent einen Gegner zerlegt. Daran sind viele Teams gescheitert. Der wichtigste Baustein ist, hart zu arbeiten und zu wissen, dass die letzten Erfolge nur gekommen sind, weil man alles dafür getan hat.
Ihre Gegner werden sich, wie schon zuletzt, besser auf den BVB einstellen.
Hummels: Das kommt mit den Erfolgen. Für uns ist es reizvoll zu lernen, tief stehende Gegner auseinander zu picken und Schwachstellen zu finden. Ein weiterer Schritt in unserer Entwicklung.
Sie sehen den BVB also längst nicht am Limit?
Hummels: Wir können uns noch steigern, obwohl wir nach Punkten fast eine optimale Hinrunde gespielt haben. Es gibt aber Bereiche, wie die Geduld, in denen wir besser werden können. Wir lernen in jedem Spiel.
Kann Borussia Dortmund dieses Team aus jungen wie hochbegabten Profis auch dann langfristig zusammenhalten, wenn andere Klubs mit Geldbündeln wedeln?
Hummels: Möglich ist es. Wir wissen alle, dass der BVB ein außergewöhnlicher Verein ist, dem wir gerade mit einer besonderen Mannschaft viele Freude machen. Ich glaube auch, hier will keiner so schnell weg. Wir haben Spaß und fühlen uns wohl, weil das Gesamtpaket stimmt. Und wenn man sich bei einem Verein wohlfühlt, ist das Gehalt nicht das Allerwichtigste. Außerdem: Wir werden gut bezahlt. Hier nagt doch keiner am Hungertuch.