Dortmund. .

Mit jugendlichem Elan ist Borussia Dortmund so gut in die Saison gestartet wie noch nie. Mittelfeld-Dirigent Nuri Sahin verkörpert den neuen BVB wie kein Zweiter - und versucht den Erfolg zu erklären.

Am Ende eines weiteren Tages der Arbeit war sogar die kleine Ur-Dortmunder Journalistengemeinde so richtig rundum zufrieden mit dem Nuri. Der Jung’ aus dem vereinseigenen Hort hatte auf dem Rasen wieder einmal mit seinen Präzisionswerkzeugen die Abwehrketten des Gegners in den richtigen Momenten fein säuberlich zersägt. Und danach präsentierte sich der 22-Jährige auch noch wie ein Profi, wie ein schon in alle Wässerchen getauchter Profi. Respekt, Herr Sahin.

Zuletzt hatte Borussia Dortmund ja eine Erfolgskurzgeschichte nach der anderen niedergeschrieben. Dem Sieg in der Bundesliga gegen die bestens alimentierten Wolfsburger folgte der Triumph in der „Turnhalle“ (westfälischer Jargon) des FC Schalke 04. Zwischenzeitlich wurde in der Europa League noch Karpaty Lviv niedergerungen. Und nach einer solchen die Körper auslaugenden und die Euphorie anfachenden Serie ist es eigentlich so, dass eine junge Mannschaft sich einen Durchhänger leistet. Der 1. FC Kaiserslautern wurde jedoch mit dem Dampfdruckstrahler aus der eigenen Arena befördert. 5:0. Das macht Staunen. Das macht besorgt. Kann es so weiter gehen, Nuri? Und wenn, wie bewerkstelligt man das?

Sahin will sich auch für die Türkei beweisen

Sahin hat zu diesem Thema ein paar Sätze gesagt, die vertraut klangen. Die Kernbotschaft lautete: Wir müssen weiter arbeiten. Seinen Trainer wird das gefreut haben, weil der überragende Akteur, der Mann an den Schalthebeln, ihm offensichtlich genau zugehört hatte. Weiter arbeiten. Von Spiel zu Spiel. Das ist das, was Jürgen Klopp dem in Fußballerkreisen traditionell mit Misstrauen begegneten Hochgefühl im Umfeld entgegen zu setzen versucht.

Die Journalisten dagegen waren vor allem beeindruckt, weil Sahin auch die Fragen nach seiner Bedeutung für die türkische Nationalelf so geschickt behandelte wie sein Lieblingsspielgerät. Kürzlich hatte ihn Trainer Guus Hiddink auf der Tribüne platziert. Könnte der Niederländer das nach einer solchen Performance noch einmal wagen? Könnte er auf die Dienste des Strategen auch bei der EM-Qualifikationspartie gegen die Auswahl der Deutschen am 8. Oktober in Berlin verzichten? „Ich war nicht beleidigt, aber es war schon ein harter Schlag für mich“, erklärte Sahin. Vergangenheit unaufgeregt bewältigt. „Natürlich will ich auch für die Nationalmannschaft spielen“, sagte er. Anspruch sanft angemeldet. Respekt.

Klopp ist von Reife seiner Truppe überzeugt

Dass auch Klopp von der frühen Reife seiner Spielgruppe überzeugt ist, lässt sich nur über Umwege aus dem heraus fräsen, was er nach Erfolgen an Aussageblöcken zurück lässt. Von BVB-Seite, so der Trainer, sei man durchaus bereit, Hiddink eine DVD zukommen zu lassen. Zur Erleichterung der Detailauswertung der „mehr als ordentlichen“ Leistung Sahins. Unter anderem würde der Trainer, sollte er den Bildträger anfordern, drei Torvorbereitungen des Dortmunders beobachten können. Das 1:0 durch Lucas Barrios durch einen verblüffend geradlinig genialen Pass. Das 2:0 durch einen überraschend zum Schützen Kevin Großkreutz bugsierten, das 3:0 durch einen perfekt auf den Kopf von Mats Hummels beförderten Ball. Den Rest erledigten Robert Lewandowski per Heber und Barrios mit seinem Ligatreffer drei.

Weil auch bei den Fußballinterpreten immer weiter und weiter gearbeitet wird, könnte die neue Platzierung in der Tabelle (Rang zwei!) in Kombination mit der Jungenhaftigkeit der BVB-Mannschaft zu weiterer absolut unerwünschter Hochjubelei führen. Es ist allerdings auch mit Augenbinde schwer zu übersehen, was bei der Borussia gewachsen ist. Sahin. Das Schnäppchen Shinji Kagawa. Großkreutz, Hummels, Marcel Schmelzer, die nah an der deutschen Nationalelf sein sollten. Man könnte die Taler aufeinander legen, die ausgegeben wurden, und einen Höhenvergleich mit den Talern vornehmen, die gerade über den Daumen für all diese unter 22-Jährigen eingenommen werden könnten. Dann wäre längerfristig der Stand der Dortmunder Dinge bestimmt. Kurzfristig muss am Samstag bei St. Pauli schlicht weiter gearbeitet werden.