Mainz/Dortmund. Mal Ekstase, mal Enttäuschung, nie ruhig. Die Art der BVB-Pleite in Mainz löst neue Diskussionen und neuen Ärger aus. Dies muss sich ändern.

Sie alle hatten vor ein paar Tagen noch einen schwarz-gelben Glücksrausch erlebt. Nun aber verließ Julian Brandt kopfschüttelnd die BVB-Kabine, Salih Özcan sprach von einer „Scheißleistung“ und Edin Terzic erzählte, dass er versuche, „wenn die Kamera auf mich gerichtet ist, ein bisschen netter auszusehen, als so wie ich mich fühle“.

BVB zwischen Ekstase und Enttäuschung

Es bleibt dabei, dass Ekstase und Enttäuschung bei Borussia Dortmund in dieser Saison so eng beieinanderliegen wie die Großstädte im Ruhrgebiet. Diesmal mussten sich die Borussen nur vier Tage nach dem märchenhaften Paris-Abend über eine 0:3-Niederlage beim Abstiegskandidaten FSV Mainz 05 ärgern. Der BVB zerbröselte in der ersten Halbzeit, erlebte, wie Leandro Barreiro (12.) und Jae-sung Lee (19., 23.) innerhalb von knapp zehn Minuten die Partie entschieden.

BVB-Linksverteidiger Mateu Morey schaut nicht hin, wie sich die Mainzer freuen.
BVB-Linksverteidiger Mateu Morey schaut nicht hin, wie sich die Mainzer freuen. © dpa | Uwe Anspach

Der Samstag habe erneut bestätigt, dass seine Mannschaft in der Lage sei, Spiele zu gewinnen, aber nicht jedes Spiel, meinte Terzic. „Das macht mich so sauer.“ Nämlich „dass wir uns wieder diese blöden Fragen stellen lassen müssen. Das ist der Grund, warum wir auf Platz fünf stehen. Es steckt so viel in uns, und wir schaffen es leider nicht, das immer auf den Platz zu bekommen.“

Und normalerweise würde eine Saison, die auf Rang fünf endet, den Klub mit den hohen Ansprüchen in einen negativen Strudel ziehen. In diesem Jahr aber genügt dieser Platz für die Champions-League-Qualifikation, und da Terzic seine Elf sensationell ins Königsklassen-Endspiel geführt hat, wird die Kritik abgedämpft. Der Dortmunder Balanceakt besteht jetzt darin, die Laune bis zum Finale in drei Wochen gegen Real Madrid oben zu halten und gleichzeitig nicht die Augen vor den eigenen Schwachstellen zu verschließen.

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Denn die Art des Rückschlags am Rhein lieferte neuen Stoff für Diskussionen. Einmal mussten sich die Beteiligten mit dem Ärger der Mainzer Abstiegskonkurrenten auseinandersetzen, die enttäuscht sein mussten von der lustlosen Vorstellung. Allen voran der 1. FC Köln. Reviernachbar VfL Bochum, dem Dortmund zum Klassenerhalt auf der Couch verhelfen hätte können, stichelte bei X: „Positiv bleiben: Mussten heute immerhin kein ‚Danke‘ irgendwohin schicken.“

Jamie Bynoe-Gittens schaut auf den Ball, besondere BVB-Momente konnte er in Mainz nicht schaffen.
Jamie Bynoe-Gittens schaut auf den Ball, besondere BVB-Momente konnte er in Mainz nicht schaffen. © AFP | KIRILL KUDRYAVTSEV

BVB - es fehlt an einem fein austarierten Positionsspiel

Zudem offenbarte sich die fehlende Breite im Kader des Champions-League-Finalisten, auf zehn Positionen hatte Terzic seine Startelf verändert; Fußballer wie Felix Nmecha, Youssoufa Moukoko und Jamie Bynoe-Gittens befinden sich derzeit nicht in der Verfassung, um die Stammkräfte überzeugend zu vertreten. Marius Wolf und Mateu Morey, bei beiden endet der Vertrag, werden den Klub ohnehin verlassen. Niemand habe an diesem Tag seine Chance genutzt, meinte Özcan.

„Wir haben zu viele Fehler gemacht“, beklagte Edin Terzic. „Es war heute einfach nicht gut. Das ist schade“, bemängelte Marco Reus. Beim ersten Gegentor erschreckte Morey erst durch einen Fehlpass, verlor dann Gegenspieler Silvan Widmer aus den Augen. Dieser legte zurück auf Barreiro. Beim zweiten Gegentor spielte der eigentliche Ersatztorhüter Alexander Meyer den Ball in die Füße von Lee. Beim dritten Gegentor schien sich kein Dortmunder für den Vorlagengeber Barreiro und den Doppeltorschützen Lee verantwortlich zu fühlen. „Ihre Stürmer konnten immer in Ruhe den Ball annehmen. Unsere nicht“, sagte Terzic. „Egal, wie sauer irgendjemand anderes ist, niemand kann so sauer sein wie ich.“

Genauso zeigte die Dortmunder Pleite, dass es der Mannschaft an klaren Abläufen und einem fein austarierten Positionsspiel fehlt – im Gegenteil etwa zu Meister Bayer Leverkusen. Dadurch fällt es schwerer ins Gewicht, wenn Leistungsträger eine Pause erhalten. Die Reingeworfenen können nicht mitschwimmen in einer funktionierenden Systematik, sie gehen unter.

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BVB - viele Aufgabe warten im Sommer

Die Aufgaben für den Sommer sind dadurch klar umrissen. Trainer Terzic muss das Ballbesitzspiel erheblich verbessern, den Spielaufbau variabler gestalten. Der neue Sportgeschäftsführer Lars Ricken muss den Kader optimieren. Ein Sechser wird gesucht. Ein Stürmer. Die Leihspieler Ian Maatsen und Jadon Sancho sollen bleiben.

Davor aber möchten sich die Dortmunder in der letzten Bundesligabegegnung gegen den SV Darmstadt überzeugend von den eigenen Fans verabschieden. Es wird das letzte Heimspiel von Marco Reus. Zwei Wochen später wird dann das Champions-League-Finale alle Schwarz-Gelben in seinen Bann ziehen. Das, so die Hoffnung, einen BVB-Zustand auslösen soll: Ekstase.

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