Dortmund. Nach dem 4:2 gegen Gladbach freut sich BVB-Kapitän Emre Can auf „die geilen Spiele“. Jetzt warten die AC Mailand und Bayer Leverkusen.
Christoph Kramer räumte ein, dass er in dieser einen Szene der Nachspielzeit eines spektakulären Borussen-Duells zu optimistisch war. Nach seinem wuchtigen Schuss aus zwölf Metern habe er sich gedacht: „Dann renne ich gleich mal Richtung Kurve“, sagte der Gladbacher Mittelfeldspieler am Samstagabend, als er vor dem Mannschaftsbus der Fohlen über das Spiel sprach. Der Ball war allerdings ganz knapp am Dortmunder Tor vorbeigeflogen, „maximal einen Zentimeter“, wie der Weltmeister von 2014 noch anmerkte. Statt des möglichen Ausgleichs fiel auf der Gegenseite dann die Entscheidung. Der Treffer von Joker Donyell Malen vor der Südtribüne (90.+7) ins verwaiste Tor glich einer Erlösung für den BVB an einem turbulenten Fußball-Nachmittag in Dortmund.
Mit 0:2 hatte der BVB nach einem desaströsen Auftritt in der ersten halben Stunde schon zurückgelegen, ehe Marcel Sabitzer (30.), Nationalspieler Niclas Füllkrug (32.) und Jamie Bynoe-Gittens (45.) mit ihren Toren die Partie noch vor der Pause zu Gunsten der Schwarz-Gelben drehten. Den Dortmundern gelang mit dem 4:2 (3:2) der elfte Pflichtspiel-Heimsieg gegen Gladbach und ein erfolgreicher Start in die Wochen der Wahrheit. Am Dienstag (21 Uhr) steht das Champions-League-Spiel bei der AC Mailand an, am Sonntag (17.30 Uhr) wartet Spitzenreiter Bayer Leverkusen.
„Das ist ein super Schritt gewesen“, sagte BVB-Torhüter Gregor Kobel nach dem Abpfiff, „das tut gut und gibt Selbstvertrauen, wenn man sich so zurückkämpfen kann. Diesen Schwung müssen wir mitnehmen.“ Kapitän Emre Can betonte: „Man freut sich immer auf die geilen Spiele. Wir spielen gegen gute Mannschaften, müssen Gas geben, ackern und versuchen zu gewinnen.“ Der mit Meisterambitionen in die Saison gestartete BVB liegt als Tabellenvierter bereits zehn Punkte hinter Leverkusen.
BVB-Mitgliederversammlung am Sonntag
Der große Rückstand zur Tabellenspitze war durch die Niederlagen gegen Bayern München (0:4) und beim VfB Stuttgart entstanden. Der BVB stand gegen Gladbach unter Druck, zumal an diesem Sonntag die Mitgliederversammlung (11 Uhr) ansteht, bei der nach einem weiteren Rückschlag womöglich Krisenstimmung geherrscht hätte. Und zunächst sah es ja auch danach aus, als könnte die Dortmunder Heimserie in den Borussen-Duellen reißen. Die Mannschaft von Trainer Edin Terzic, in der Sebastien Haller und Karim Adeyemi am Samstag erkrankt fehlten, wirkte zu Beginn schwer verunsichert. Die Dortmunder agierten fehlerhaft, boten den Gästen immer viele Räume.
Rocco Reitz, Gladbachs Shootingstar, der zwei Wochen zuvor beim 4:0 gegen Wolfsburg und dann doppelt bei seinem U21-Debüt gegen Estland (4:1) getroffen hatte, rückte nun auch in Dortmund in den Fokus. Nach einem Steilpass von Alassane Pléa durch die aufgerückte Dortmunder Abwehrkette erzielte der Mittelfeldspieler sein zweites Bundesliga-Tor mit einem Schuss aus zwölf Metern keine Chance (13.). Das 2:0 markierte Manu Koné (28.), nachdem er drei Dortmunder an der Strafraumgrenze hatte stehen lassen. Die BVB-Fans reagierten mit einem lauten Pfeifkonzert. Das war für die Mannschaft offenbar ein Weckruf. Jetzt startete Dortmund vor 81.365 Zuschauerinnen und Zuschauern die Aufholjagd.
Nach einer Balleroberung von Marco Reus setzte sich Julian Brandt auf dem rechten Flügel durch. Der Nationalspieler flankte gefühlvoll auf die andere Seite, wo Sabitzer lauerte. Der Österreicher traf mit einer Direktabnahme zum 1:2, sein Schuss wurde von Joe Scally noch abgefälscht (30.). Und der BVB legte nach: Bynoe-Gittens spielte einen Pass in den Lauf von Füllkrug, der ausglich (32.). Damit nicht genug vor der Pause: Bynoe-Gittens markiert nach Vorlage von Füllkrug noch das 3:2 (45.). Reus hatte noch die Großchance zum 4:2, konnte mit seine Lupfer aber Torwart Moritz Nicolas nicht überwinden.
BVB-Sportdirektor Kehl: „Comeback-Qualitäten gezeigt“
Mit der Führung im Rücken dominierte der BVB zunächst auch die zweite Halbzeit. Beim Freistoß von Reus an die Latte wäre Nicolas chancenlos gewesen (55.). Mit der Umstellung auf eine Viererkette stabilisierte sich Gladbach nach gut einer Stunde. Bis kurz vor Schluss blieb es angesichts der knappen Führung spannen, nach Malens Schlusspunkt gegen die nun komplett aufgerückte Fohlenelf jubelte aber Dortmund. „Der Sieg war wichtig, um Ruhe hereinzubekommen. Es waren keine einfachen Tage“, sagte BVB-Sportdirektor Sebastian Kehl. „Wir haben erneut Comeback-Qualitäten gezeigt. Das muss nicht immer so sein, das brauchen wir nicht jedes Mal. Es ist in dieser Saison ein Merkmal der Mannschaft.“
Terzic sprach seiner Mannschaft „für die Moral, die Energie und den Glauben ein großes Kompliment“ aus. „Mit uns wird es definitiv nicht langweilig in dieser Saison. Der Trainer wertete den Auftritt als Mutmacher für die nächsten schwierigen Aufgaben: „Es war extrem wichtig, dass wir mit einem Sieg in den nächsten Block starten.“