Stuttgart. In Stuttgart verursacht BVB-Torhüter Gregor Kobel zwei Elfmeter - am 1:2 aber trägt er am wenigsten Schuld. Dortmund verliert den Anschluss.

Gregor Kobel wirkte einigermaßen gefasst, als er am frühen Abend im Bauch der Stuttgarter Arena vor die Journalisten trat. „Wie geht‘s?“, fragte der Torhüter von Borussia Dortmund. „Wahrscheinlich besser als euch“, gab einer der Reporter zurück. „Stimmt wohl“, antwortete Kobel. Wie sollte es dem Schweizer auch besonders gut gehen, Kobel hatte mit dem BVB gerade 1:2 beim VfB Stuttgart verloren. Das klang nach einer knappen Niederlage, zumal der entscheidende Treffer erst in der 83. Minute gefallen war. In Wahrheit hatten Kobel und Co. die wohl verdienteste 1:2-Niederlage in der Geschichte der Bundesliga eingefahren.

„Stuttgart war die bessere Mannschaft, von Anfang bis Ende“, meinte der Torhüter. Die Schwaben waren schneller im Kopf wie in den Beinen, sie waren kämpferisch besser, sie waren spielerisch überlegen und sie hatten den besseren Ansatz für diese Partie gefunden. Über die vollen 90 Minuten bekam Dortmund nie Zugriff auf Spiel und Gegner. Kobel selbst hatte dabei einen ambivalenten Eindruck hinterlassen: Einerseits hielt er seine Mannschaft mit starken Paraden lange im Spiel, sodass diese beinahe einen über die Maßen unverdienten Punkt aus Stuttgart entführt hätte.

BVB-Torwart Gregor Kobel verursacht zwei Elfmeter

Andererseits verursachte er gleich zwei Elfmeter, weil beim Herauslaufen das Timing fehlte. Kobel wollte da zwar ein zu hartes Urteil erkannt haben, warf den Stürmern vor, den Kontakt gesucht zu haben – diese Ansicht aber hatte er exklusiv, beide Strafstöße waren berechtigt. Den einen des Ex-Dortmunders Chris Führich hielt Kobel zwar, den anderen aber nutze Serhou Guirassy zum 2:1-Siegtreffer (83.).

Enttäuscht: BVB-Verteidiger Niklas Süle.
Enttäuscht: BVB-Verteidiger Niklas Süle. © AFP | Thomas Kienzle

Mit seinem Licht-und-Schatten-Auftritt aber hob sich Kobel noch immer deutlich ab von den Mannschaftskollegen. Niemand sonst aus der Startformation erreichte das Niveau, dass es gebraucht hätte, um einen gut aufgelegten VfB zu schlagen, und auch die Einwechselspieler konnten nichts mehr ändern. Julian Brandt machte sein schlechtestes Spiel seit sehr, sehr langer Zeit, Karim Adeyemi fiel nur durch Ballverluste und Meckern beim Schiedfsrichter auf, die Innenverteidiger Mats Hummels – musste früh wegen Rückenproblemen ausgewechselt werden –, Nico Schlotterbeck und später Niklas Süle agierten konfus, das Mittelfeldzentrum war von Salih Özcan, Marcel Sabitzer und Felix Nmecha nie kontrolliert und vorne hing Mittelstürmer Niclas Füllkrug komplett in der Luft.

Und doch hatte Füllkrug die Führung erzielt, was in diesem Moment selbst den Dortmundern reichlich aberwitzig vorkam. Die Stuttgarter hatten einen Elfmeter verschossen, hatten weitere hundert- bis hundertfünfzigprozentige Torchancen vergeben, hatten die Partie komplett kontrolliert, da kamen die Dortmunder einmal über die Mittellinie, einmal an den Strafraum, da gab Julian Ryerson scharf hinein, zwei VfB-Abwehrspieler traten über den Ball und Füllkrug schob am langen Pfosten ein (36.).

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Ein Tor, das die Partie aber nicht kippen ließ, weil Stuttgart weiter forsch nach vorne spielte und der BVB weiter orientierungslos wirkte: Der eingewechselte Rami Bensebaini ließ Jamie Leweling laufen, der steckte durch auf Deniz Undav, der schob sicher zum 1:1 ein (42.). Unentschieden zur Halbzeit, das war aus BVB-Sicht noch das beste an diesem Spiel – und das hatte vielleicht auch damit zu tun, dass Guirassy nach seiner Verletzungspause zunächst auf der Bank saß.

BVB-Trainer Edin Terzic versuchte vieles zur Halbzeit, er wies auf Fehler hin, gab taktische Anweisungen, brachte Marco Reus und Donyell Malen für Brandt und Adeyemi. Den größeren Einfluss aber hatte eine Entscheidung seines Stuttgarter Kollegen Sebastian Hoeneß: Nach einer guten Stunde, als die Stuttgarter müde zu werden schienen, als das Spiel möglicherweise in Richtung des BVB hätte kippen können, brachte er Guirassy. Da wurde es laut im Stadion, da fassten auch die Mannschaftskollegen noch einmal neuen Mut.

BVB-Rückstand wird immer größer

Und dann kam diese enstcheidende 83. Minute: Enzo Millot spielte steil, Silas entwischte Süle und wurde durch Kobel zu Fall gebracht - Elfmeter. Und natürlich schnappte sich der Top-Torjäger Guirassy den Ball, natürlich traf er sicher, natürlich entschied er dieses Spiel – und hinterließ einen enttäuschten Kobel, den auch der Blick auf die Tabelle schmerzte: Acht Punkte Rückstand sind es nun auf den FC Bayern, am Sonntag könnten es zehn Zähler Abstand zu Bayer Leverkusen werden. „Das ist ein Brett, das ist klar“, meinte Kobel. „Die Anderen punkten auch wahnsinnig. Aber wir haben jetzt zwei Spiele nacheinander verloren, damit bringst du dich in eine brutal schwierige Situation.“