Dortmund. Die hohen Erwartungen in Dortmund können schnell zu Pfiffen führen. Geduld gibt es kaum für die Profis des BVB. Warum? Eine Analyse.

Fährt man nach Dortmund-Brackel, dorthin, wo der zweitwichtigste Fußballverein Deutschlands trainiert, dann nimmt man im Klub eine Verwunderung wahr. Darüber, warum gefühlt so viele dunkle Wolken über der Borussia hängen, obwohl das Jahr 2023 doch eigentlich bislang so bemerkenswert verlaufen sei.

BVB mit zwei schwachen Auftritten in der Bundesliga

40 Punkte hat sich der BVB in der Rückrunde erspielt, fast wäre der FC Bayern gestürzt worden. Nun stehen nach zwei Bundesliga-Spielen immerhin wieder vier Zähler auf der Dortmunder Seite, durch einen Sieg am Freitagabend (20.30 Uhr/DAZN) gegen den FC Heidenheim können sich die Schwarz-Gelben zumindest über Nacht an die Tabellenspitze katapultieren. Ein schwacher Saisonstart sehe ja wohl ganz anders aus, heißt es.

Beim Derby in Bochum (1:1) enttäuschte der BVB auf ganzer Linie.
Beim Derby in Bochum (1:1) enttäuschte der BVB auf ganzer Linie. © AFP

Nur gibt es da eben auch noch die Erwartungshaltung der Fans, die von einem so umsatzstarken Verein mehr erwarten als zwei dröge Auftritte gegen Köln (1:0) und Bochum (1:1). Im ersten Heimspiel konnte man Pfiffe vernehmen, als den Borussen nicht viel einfiel, um die Kölner vor Probleme zu stellen und dies nach dem Erlebnis am letzten Spieltag vergangenen Saison, als die Anhängerinnen und Anhänger und die Mannschaft nach der so knapp verpassten Meisterschaft noch enger zusammenzurücken zu schienen.

Auch auf Schalke wird es unruhig

Geduld ist eine Seltenheit in Klubs, die von ihren Emotionen leben. Gerade noch erscheint die Welt rosarot, eine Niederlage später wird alles hinterfragt. Das ist in Dortmund so, das ist auf Schalke so.

In Gelsenkirchen herrschte im Sommer eine Vorfreude auf die Zweitligasaison, dem Kader wurde der Aufstieg zugetraut. Nach drei Niederlagen aus den ersten vier Spielen nimmt die Kritik an Trainer Thomas Reis bereits zu; positive und negative Emotionen liegen oft so nah beieinander wie die Großstädte im Ruhrgebiet.

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„Ich hoffe, die Fans bringen ein bisschen Geduld mit“, hat Dortmunds Nationalspieler Julian Brandt trotzdem gesagt. Beim Vizemeister kommen mehrere Gründe zusammen, die zur angespannten Nervenlage führen. Da sind einmal die Transfers, die auf dem Papier logisch erscheinen, aber Spieler wie Ramy Bensebaini, Marcel Sabitzer und Felix Nmecha bekommen nicht sofort einen Platz im Herzen der Fans. Es wird viel mehr neidisch auf die Konkurrenten in Leverkusen und Leipzig geblickt, die gefühlt die mutigeren Wechsel zustande bekommen haben.

Und dann ist noch eine gewisse Sorge zu spüren, nämlich die, dass der aufgerüstete FC Bayern wieder richtig ins Rollen kommt, dass die Schwächephase in der vergangenen Spielzeit eine Ausnahme war und deswegen keine realistische Chance auf einen erneut mitreißenden Titelkampf besteht. Was bedeuten würde, dass die riesige Titelchance, die im Mai liegengelassen wurde, so schnell nicht wiederkommt.

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Man wolle sich davon nicht treiben lassen, heißt es beim BVB. Der Kader sei gut, die Entwicklung zeige in die richtige Richtung. Gerne wird auf die Zahlen verwiesen: 52 Tore hat die Mannschaft von Trainer Edin Terzic in der vergangenen Rückrunde erzielt. Dies gehe nur, wenn die Ausrichtung stimme. Dass noch einmal auf dem Transfermarkt zugeschlagen und Geld in die Hand genommen werde, sei kein Selbstläufer. Die Suche konzentriert sich mittlerweile aber auf einen Stürmer.

Einmal vorspulen auf den Freitagabend, dann werden wieder 80.000 Menschen ins Dortmunder Stadion wandern, die meisten in der Hoffnung, einen deutlichen Sieg über den Aufsteiger aus Heidenheim erleben zu dürfen. Das Flutlicht wird scheinen, es wird knistern, vielleicht wird nach dem Schlusspfiff die Tabellenführung gefeiert – oder aber die Unruhe nimmt zu. 90 Minuten können die Gemütslage einer ganzen Region bestimmen.

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