Essen. Bundestrainer Hansi Flick und Rudi Völler haben BVB-Profi Niklas Süle öffentlich abgewatscht. Borussia Dortmund hält sich zurück. Ein Kommentar.
Eigentlich hätte es in diesen Tagen rund um die deutsche Nationalmannschaft viele Themen gegeben – nach langer Zeit auch mal wieder positive, die die angespannte sportliche Situation zumindest ein wenig verdrängt hätten.
BVB-Verteidiger Niklas Süle nicht für Nationalmannschaft nominiert
Der Deutsche Fußball-Bund erreicht an diesem Montag mit seinem 1000. Länderspiel eine historische Marke. Nur die Fußballverbände von England, Argentinien, Brasilien und Südkorea bewegten sich bislang in dieser Sphäre. Und dazu ist der Gegner ein besonderer: die Ukraine, das Land, das vor über einem Jahr von Russland überfallen worden war. Die Erlöse sollen aus der Partie gehen an die Menschen im vom Krieg erschütterten Land. Dazu hat die Nationalmannschaft mal wieder ein öffentliches Training abgehalten, um Fan-Nähe zu demonstrieren.
Seit Tagen aber fällt beim DFB-Team regelmäßig der Name eines Spielers, der gar nicht nominiert ist: Niklas Süle. Abwehrchef Antonio Rüdiger hat das Fehlen des Innenverteidigers von Borussia Dortmund „verwundert“ zur Kenntnis genommen, Süles BVB-Kollege Emre Can „dachte schon, dass er dabei ist“. Dafür hätte es ja auch valide Argumente gegeben: Der 27-Jährige spielte in Dortmund eine rundum solide Saison.
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Bundestrainer Hansi Flick aber hatte Süle vorzeitig in den Sommerurlaub geschickt. „Ich finde, er lässt noch einiges liegen“, begründete der 58-Jährige seine Entscheidung. „Ich will, dass er von seiner Einstellung, von seiner Mentalität einen Schritt nach vorne macht. Für mich könnte Niki einer der besten Innenverteidiger sein, die es gibt. Sein Potenzial ist riesig.“ Sportdirektor Rudi Völler schloss sich der Kritik an, die Flick am Sonntag noch einmal auf der Pressekonferenz untermauerte.
Auch Flick hat einen Punkt. Immer wieder war Süles Fitnesszustand in der Vergangenheit ein Thema. Es ist bekannt, dass der Verteidiger nicht unbedingt den asketischsten Lebensstil pflegt. Flick aber, und das muss man ihm als Führungskraft vorwerfen, verpasste Süle im Interview mit der Frankfurter Allgemeinen lieber öffentlich eine Watschn, statt eine neuerliche Debatte über die Professionalität des langjährigen Nationalspielers zu verhindern. So erweckt der Bundestrainer den Eindruck, dass er auf Kosten Süles ein Jahr vor der Europameisterschaft ein Exempel statuieren möchte. Das muss nicht sein. Flick sollte zudem andere Sorgen haben: Um den Titel mitzuspielen, scheint für die DFB-Elf ein Jahr vor dem Heim-Turnier unrealistisch.
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Was ebenso wie Süles Nichtnominierung verwundete: Dass sein Klub, der BVB, nicht zeitnah die entsprechenden Kanäle genutzt hat, seinen Verteidiger aus der Schusslinie zu nehmen, sich hinter den 27-Jährigen zu stellen. Schließlich soll Süle ja eines der prägenden Gesichter des in Dortmunds Zukunft sein - und nicht, wie derzeit, das Bauernopfer der Nationalmannschaft.