Dortmund. Vor einigen Jahren waren der BVB und Borussia Mönchengladbach fast auf Augenhöhe. Vor dem Duell am Samstag sind die Unterschiede aber gewaltig.

Als Max Eberl noch landauf, landab erzählte, was ihm Borussia Mönchengladbach bedeutet, strickte der 49-Jährige gerne schöne Geschichten über seinen Klub. Frei nach Asterix: „Wir sind ein gallisches Dorf in Bezug auf Vereine wie München, Dortmund, Leipzig und Leverkusen.“

Gladbach, der Traditionsklub. Regional verwurzelt. Bodenständig. Das Geld sprudelt woanders, aber am Niederrhein wird mit vergleichsweise geringen Mitteln eine Menge erreicht. Eberl, hier 14 Jahre als Sportdirektor tätig, bevor er mit viel Tohuwabohu zu RB Leipzig wechselte, führte den Verein ja von der Relegation in Duelle gegen Real Madrid und Inter Mailand. Zwischendurch war die Borussia sogar drauf und dran, sich in der Riege hinter dem FC Bayern und dem BVB zu etablieren – wenn die Münchener straucheln, wollte auch Gladbach mal da sein.

BVB-Gegner Borussia Mönchengladbach: Trister Alltag am Niederrhein

Drei Jahre sind die glanzvollen Europapokal-Abende her, und der Alltag ist ziemlich trist. In dieser Saison wackeln die Bayern. Dortmund ist da und kann Deutscher Meister werden, die Gladbacher sind allerdings vor dem Duell der Borussias am Samstagabend (18.30 Uhr/Sky) im Niemandsland der Fußball-Bundesliga versunken. Platz zehn, das heißt: zu gut für den Abstiegskampf, zu schlecht für internationale Abenteuer. „Es wird wohl einige Transferperioden dauern, bis wir wieder über andere Dinge wie Europa sprechen können und müssen“, meinte Trainer Daniel Farke jüngst zwischen Realismus und Resignation.

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An den Borussias lässt sich einer der Konstruktionsfehler des europäischen Fußballs studieren. Beide waren sich schon mal näher – und sind in den letzten Jahren auseinandergedriftet.

Die Saison 2011/2012 war für beide Klubs eine erfolgreiche. Der BVB stürmte zum Double. Lucien Favre verwandelte Gladbach von einem Beinahe-Absteiger in einen Europapokal-Teilnehmer, dem jedoch schnell das blühte, wogegen sich kein Emporkömmling wehren kann: Sein bester Spieler, Marco Reus, Deutschlands Fußballer des Jahres, wechselte nach Dortmund.

Auch der BVB schlug mehrfach bei Gladbach zu

Der Profifußball ist wie der Ozean: Große Fische verschlingen die kleinen. Abwehrchef Dante heuerte beim FC Bayern an, Jannik Vestergaard verteidigte in England, Marc-André ter Stegen steht nun beim FC Barcelona im Tor, Mittelfeldstratege Granit Xhaka wurde Kapitän des FC Arsenal, Denis Zakaria probierte es bei Juventus Turin – und immer wieder bediente sich auch der BVB bei der Konkurrenz. Mahmoud Dahoud, Thorgan Hazard und Trainer Marco Rose schlossen sich in den folgenden Jahren den Westfalen an. Im Sommer wird Linksverteidiger Ramy Bensebaini denselben Schritt machen. Die Perspektive, dauerhaft in der Champions League spielen zu können, und eine höhere Gage lockten. Diejenigen, die es beim BVB nicht packten, Jonas Hofmann, Matthias Ginter, später über Umwege auch Julian Weigl, wechselten wiederum an den Niederrhein.

Borussia Mönchengladbachs Ramy Bensebaini wird im Sommer zu Borussia Dortmund wechseln.
Borussia Mönchengladbachs Ramy Bensebaini wird im Sommer zu Borussia Dortmund wechseln. © firo

Gladbach schaffte es dennoch regelmäßig in die Europa League, dreimal sogar in die Champions League. Das ist beachtenswert, aber reicht nicht, um im Konzert der Großen und Reichen mitzuspielen. Diese Saison dürfte die sechste der letzten acht sein, in der die Fohlenelf den Einzug ins internationale Geschäft verpassen wird. Dortmund begann schon das vergangene Jahrzehnt mit einem finanziellen Vorsprung; und das Konto des Klubs wurde dank der permanenten Königsklassen-Teilnahmen immer voller. Gladbachs nicht. Das Geld aus den TV-Prämien der Uefa floss nicht mehr an den Niederrhein. Ist diese Quelle einmal versiegt, bleibt sie das in der Regel.

Investition in die Infrastruktur

Gladbach machte dennoch vieles richtig und investierte in Steine. Die Infrastruktur auf dem Vereinsgelände ist hochmodern, der Borussia-Park ist bis 2029 abbezahlt. Andererseits brachten das Theater um den Eberl-Abgang, den Rose-Wechsel zum BVB und das Missverständnis mit Adi Hütter eine Menge Unruhe in den Klub. Kleine Vereine wie der SC Freiburg und Union Berlin, die besonnen arbeiten, und Eintracht Frankfurt haben die Borussia überholt. An allen vier Klubs kaufte sich zudem RB Leipzig vorbei. Max Eberl ist heute, um bei der Comic-Vorlage zu bleiben, ein Römer.

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Vor seinem Abschied prognostizierte der Manager noch, dass man den finanziellen Vorsprung auf Dortmund und München „nie mehr aufholen“ könne. Derzeit sorgt man sich, dass nicht auch noch andere sportlich enteilen: Eberl-Nachfolger Roland Virkus muss einen Umbruch moderieren, etliche Verträge von Leistungsträgern laufen aus. Geld für neue Spieler fehlt.

Das gallische Dorf ist erst mal keines mehr.

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