Dortmund. . Der BVB-Verteidiger Mats Hummels kritisiert die Spielweise gegen den FC Sevilla. Der 33-Jährige fühlt sich alleingelassen. Wie geht es weiter?

Die meisten Fans hatten das Stadion bereits verlassen, aus den Boxen dröhnte aber noch „Borussia“, und das Flutlicht leuchtete weiter gegen die Dunkelheit an, als sich Mats Hummels vor dem Stehtisch des Rechteinhabers Amazon Prime positionierte. Eine graue Trainingsjacke wärmte den Dortmunder Verteidiger, die rechte Hand umklammerte das TV-Mikrofon, in das er nun Worte sprechen sollte, die auch Tage danach noch beim BVB nachhallen.

„Es muss aus manchen Köpfen raus, dass Fußball sexy sein muss. Erfolgreicher Fußball ist nicht Hacke, Spitze, eins, zwei, drei auf fünf Metern“, sagte Hummels. Und weiter: „Fußball ist eigentlich ein simples Spiel, aber wir machen es immer selber kompliziert.“

Rumms.

BVB gegen Sevilla: viele Ballverlust, wenig Überraschendes

In einer in Sportart, in der in Interviews nach dem Schlusspfiff gerne Worthülsen herausposaunt werden, schimpfte der BVB-Verteidiger offen über die Spielweise seiner Mannschaft, beklagte „fehlende Spielintelligenz“ bei den Kollegen. Dies zweifelsohne nach einem trüben Spiel gegen den FC Sevilla, das aber nach dem Rückstand durch den früheren Bayern-München-Spieler Tanguy Nianzou (18.) und dem Ausgleich durch Jude Bellingham (35.) immerhin 1:1 (1:1) geendet war. Die Dortmunder haben den vorzeitigen Einzug ins Champions-League-Achtelfinale verpasst, besitzen jedoch weiterhin einen komfortablen Fünf-Punkte-Vorsprung vor Sevilla und Kopenhagen.

Mats Hummels schien es um Generelles zu gehen, schon nach der Niederlage in Manchester (1:2) hatte er bemängelt, dass nicht jeder bis zum Schluss an die Schmerzgrenze gegangen sei. Nun ärgerte er sich über die vielen Ballverluste, „wir wurden passiv, haben sie einfach spielen lassen“, klagte der 33-Jährige. „Das versuche ich zu kommunizieren, aber es ist natürlich schwierig, wenn man das Gefühl hat, dass da nicht genügend Leute sonst noch sind, die in der Lage sind, immer wieder anzuschieben.“

Der Führungsspieler fühlte sich alleingelassen.

BVB fehlen Tempo und Ideen

Offensichtlich war, dass der Borussia am Dienstag Tempo und Ideen fehlten. Nur selten ließen Strafraumszenen das Herz schneller schlagen. Bislang gehört die Offensive zu den Schwachstellen. In der Bundesliga haben die Schwarz-Gelben die wenigsten Treffer, nämlich 13, in der Spitzengruppe erzielt, der FC Bayern hat stattdessen schon 25 Mal gejubelt. Trainer Edin Terzic hat nach der turbulenten vergangenen Saison zunächst vor allem versucht, die Defensive zu festigen. Vorne fehlt es aber an Spektakel.

Jude Bellingham ärgerte sich mehrfach über das Verhalten seiner Mitspieler, BVB-Mitspieler Mats Hummels nimmt ihn in Schutz.
Jude Bellingham ärgerte sich mehrfach über das Verhalten seiner Mitspieler, BVB-Mitspieler Mats Hummels nimmt ihn in Schutz. © firo

Wichtig sei ihm, „dass das Wort wir dabei war“, sagte Terzic zur Kritik von Mats Hummels. „Das sind Worte, die auch schon mal meinen Mund verlassen haben. Wir müssen einfach viel präziser und effektiver Fußball spielen“, ergänzte der Trainer. Es sei bedeutend, wieder mehr Chancen entstehen zu lassen, meinte Julian Brandt: „Wir müssen die Chance erhöhen, Tore zu erzielen.“

BVB-Profi Jude Bellingham: „Ich bin erschöpft“

Zudem schienen einigen Borussen die Kräfte auszugehen. Der Spielplan ist in diesem Oktober so vollgequetscht wie selten. „Ich bin sehr erschöpft“, räumte Jude Bellingham ein, der immer auf dem Rasen steht und gegen Sevilla sein bereits viertes Königsklassen-Tor erzielte. Vielleicht führte dies dazu, dass es Bellingham war, der beim erneuten Standard-Gegentor schläfrig reagierte, dass der 19-Jährige sich mehrmals für alle ersichtlich über das Verhalten seiner Mitspieler ärgerte. Hummels: „Jude will immer gewinnen. Wenn einer jede Minute versucht zu gewinnen, darf er dabei auch mal meckern. Ich habe lieber ihn als jemanden, der 90 Minuten schweigt und weniger Gas gibt.“

Garantiert nicht sexy: BVB spielt am Sonntag bei Union Berlin

Und die Standard-Gegentore? Dies müsse angesprochen werden, erklärte Nationalspieler Niklas Süle: „Das ist ein Problem. Da müssen wir uns mal zusammensetzen, weil es viel mit Einstellung zu tun hat.“ Eigentlich sei es das simpelste, dies zu verteidigen. Allerdings, betonte Süle: „Ich finde nicht, dass wir generell eine schlechte Einstellung haben.“

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Ausgerechnet jetzt reisen die Dortmunder jedenfalls zu einem Gegner, dem niemand vorwerfen würde, „zu sexy“ aufzutreten. Der es perfektioniert hat, mit einfachen Mitteln Erfolge entstehen zu lassen: Union Berlin. Beim Bundesliga-Tabellenführer kann der BVB am Sonntag (17.30 Uhr/DAZN) den Abstand zur Spitze verringern. Die Laune von Mats Hummels sollte sich bis dahin gebessert haben. „Das ist morgen wieder weg“, sagte er. „Oder übermorgen.“