Dortmund. Bei Dortmunds brisantem Wiedersehen mit dem neuen Leipzig-Trainer Marco Rose dürfte die BVB-Defensive mal wieder gefordert werden.
Es flogen viele Nettigkeiten hin und her vor dem Duell zwischen RB Leipzig und Borussia Dortmund am Samstag (15.30 Uhr/Sky) – und das hatte natürlich vor allem mit diesem plötzlichen Wiedersehen zu tun. Damit, dass Marco Rose, im Sommer noch in Dortmund geschasst, nun kurzfristig beim kommenden Gegner an der Seitenlinie auftaucht.
Und die meisten Nettigkeiten flogen von West nach Ost. „Ich freue mich darauf“, sagte BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke über die anstehende Begegnung mit dem Ex-Trainer. Rose sei ein „super Typ und hervorragender Trainer“, flötete Edin Terzic, dessen Vorgänger und auch Nachfolger.
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Aber natürlich war nicht immer alles so freundlich und harmonisch zwischen den Parteien, sonst wäre Rose heute ja nicht Ex-Trainer, sondern immer noch Trainer in Dortmund. Die Liaison war im Sommer nach gerade einmal einer Saison jäh zu Ende gegangen, geknirscht hatte es aber schon länger. Der Start war ja schon unglücklich, zumindest aus Roses Sicht: Er folgte auf den Interimstrainer Terzic, dem nicht nur die Herzen zuflogen, sondern der auch unverhofft großen Erfolg hatte, der den Klub noch in die Champions League führte und den DFB-Pokal holte. Und der musste nun ins zweite Glied zurücktreten, zugunsten eines eingekauften Trainers, der mit Gladbach eine ziemliche Abwärtsspirale erlebt hatte.
Rose war genervt vom ständigen Namen Terzic
Im Klub versuchte man die brisante Konstellation zumindest ein wenig zu entschärfen und ersann für Terzic den Posten des Technischen Direktors – so saß er nicht als Co-Trainer neben Rose auf der Bank. Es war allerdings eine Lösung, die eher nicht den Vorstellungen des Vollbluttrainers Terzic entsprach. Und es änderte nicht wirklich etwas daran, dass da ein Trainer auf der Warmhalteplatte saß. Und es nervte Rose durchaus, dass der Name Terzic nach Misserfolgen immer wieder ins Spiel gebracht wurde – und das nicht nur von den Medien, sondern auch im Klub. Der externe Berater Matthias Sammer etwa gilt als besonders großer Terzic-Freund – und soll nach Darstellung von Beteiligten auch besonders kritisch bei jener verhängnisvollen Saisonanalyse mit Rose gewesen sein, die zur Trennung führte.
Ein großes Fragezeichen der Verantwortlichen damals: Wie will der Trainer die wacklige Defensive stabilisieren und die hohe Zahl der Gegentore reduzieren? Rose war daran im ersten Jahr ebenso gescheitert wie all seine Vorgänger nach Jürgen Klopp.
Aktuell aber steht der BVB in dieser Hinsicht herausragend da, ist in den sieben Pflichtspielen der laufenden Saison fünfmal ohne Gegentor geblieben. Garanten sind unter anderem die Neuzugänge Nico Schlotterbeck, Salih Özcan und zuletzt auch wieder Niklas Süle – für die sich Rose intensiv ins Zeug gelegt und die er auch im direkten Gespräch energisch umworben hatte.
Aber Terzic hat es auch geschafft, eine neue Haltung zu etablieren. Eine gemeinsame Begeisterung für das Verteidigen des eigenen Tors. Selbst Feinfüße wie Julian Brandt ackern und rackern inzwischen und werfen sich mit Verve in die Zweikämpfe.
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Die Null muss stehen, knurrte einst der Schalker Defensivfanatiker Huub Stevens – und diese Haltung haben nun auch Offensivkünstler wie Marco Reus verinnerlicht. „Wenn du eine gute Defensive hast, dann weißt du, dass dir zwei Chancen reichen, von denen du eine nutzt“, sagt er. „Zuletzt haben wir das gut gemacht, mit allen Spielern versucht, das Tor zu verteidigen. Keiner war sich zu schade, zusätzliche Meter zu machen.“ Und so soll es auch gegen Leipzig aussehen. „Wir wollen beweisen, dass das eine Verhaltensweise und keine Ausnahme ist“, gibt Trainer Terzic vor. „Das ist die Art und Weise, wie wir Fußballspielen, als Mannschaft agieren und gewinnen wollen.“
Leipzig hat vorne viel Qualität
Gerade gegen Leipzig lässt sich dieser Beweis gut erbringen: Die Sachsen sind zwar schwach in die Saison gestartet, das Potenzial des Kaders aber ist groß – gerade in der Offensive. Im Sturm kann Rose aus Christopher Nkunku, Timo Werner und André Silva wählen (Yussuf Poulsen ist verletzt) und auch unmittelbar dahinter ist die Auswahl groß.
Die Dortmunder wissen, dass sie sich auf große Qualität einstellen müssen – viel mehr aber auch nicht. Terzic hat sich zwar wie immer intensiv vorbereitet auf die Eigenheiten des Leipziger Spiels, er kann seine Notizen aber größtenteils wegwerfen. „Die Videos habe ich geschaut, bevor Domenico Tedesco entlassen wurde“, sagt er. Andererseits: Was der neue Leipzig-Trainer für einen Fußball spielen lassen will, wissen er und die BVB-Profis ja auch ganz gut.