Berlin. Dortmund erlebt in Berlin einen skurrilen Nachmittag. Der BVB trifft trotz zahlreicher Chancen nur einmal - und zwar durch Anthony Modeste.
Das Berliner Olympiastadion erinnert im Innern an einen Irrgarten. Mehrere Türen muss man öffnen, Abbiegungen nehmen, um zum Medienraum zu gelangen, indem sich am Samstagabend die Luft staute. Edin Terzic ließ sich daher zunächst ein Wasser reichen, bevor er versuchte, diesen Dortmunder 1:0 (1:0)-Sieg bei Hertha BSC einzuordnen. Ein Spiel, das phasenweise wie eine Pokalschlacht anmutete, ohne Struktur, mit vielen Zweikämpfen. Das der BVB aber verdient für sich entscheiden konnte. In den ersten vier Bundesligaspielen hat sich der Vizemeister nun neun Punkte erspielt, das beruhigt – trotzdem muss sich noch einiges verbessern.
Denn die Borussia vertändelte vor allem in der zweiten Halbzeit zahlreiche Chancen. Dortmund hätte diese Partie schon wesentlich früher entscheiden müssen. So blieb es am Ende bei dem einen Tor von Anthony Modeste in der 32. Minute. Der Stürmer, kurzfristig gekommen, um den an Hodenkrebs erkrankten Sebastien Haller zu ersetzen, erlebte seinen ersten Treffer für den neuen Klub. Wie immer formte er, nachdem sein Kopfball in der linken Ecke gelandet war, seine Hände zu einer Brille und hielt sie sich vor die Augen. Dann raste der 34-Jährige auf Trainer Terzic zu und sprang ihm in die Arme.
BVB-Trainer Edin Terzic lobt Anthony Modeste
„Ich habe da so eine Szene im Kopf, da fängt er an zu tanzen, das hat er diesmal zum Glück bleiben lassen“, sagte Terzic jetzt also in dem stickigen Medienraum. Die angesprochene Szene hatte sich in der vergangenen Spielzeit in Köln ereignet, als Modeste nach einem seiner Tore auf seinen damaligen Trainer Steffen Baumgart zu gerannt war und diesem sogar die Mütze stibitzt hatte. Diesmal beließ es der Angreifer bei einer Umarmung (Terzic trägt ja auch keine Mütze). „Es wird das erste von vielen Toren von Tony gewesen sein“, erklärte der Trainer.
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Der Sieg seiner Mannschaft sei verdient, so Terzic. „Allerdings hätte man heute, selbst wenn wir drei Tore geschossen hätten, nicht von einer guten Chancenverwertung gesprochen.“ Die zweite Halbzeit sei viel zu wild gewesen. „Wir haben Hertha am Leben gehalten. Das müssen wir deutlich besser machen.“
Salih Öczan beeindruckt beim BVB-Debüt
Es lassen sich verschiedene Lehren aus den 90 Minuten ziehen. Einmal stand Salih Özcan, wie Modeste aus Köln gekommen, zum ersten Mal in einem Dortmunder Pflichtspiel auf dem Rasen und benötigte keinerlei Eingewöhnungszeit. „Wir haben sehr viel Kreativität, Salih sind andere Dinge wichtig. Ihm ist nicht wichtig, dass der Fußball sexy aussieht. Er ist für die anderen da, so können andere glänzen“, meinte Edin Terzic. „Er war der Schlüssel im Zentrum.“
Özcan bereite auch das Kopfballtor von Modeste vor. Gemeinsam mit Marius Wolf schlängelte er sich über die rechte Seite, streichelte eine Flanke auf den Kopf des Angreifers. Überhaupt: Flanken. Immer wieder versuchten es die Dortmunder mit hohen Bällen im gegnerischen Sechzehnmeterraum. „Das war bewusst. Wir wollten Tony mehr in Szene setzen, da hat er seine Qualitäten. Das Tor macht er überragend“, sagte Salih Özcan. „Wir hatten deutlich mehr Flanken als zuletzt“, erklärte Edin Terzic.
BVB lässt in Berlin viele, viele Chancen aus
Doch die gefährlichen Situationen, die dadurch entstanden, führten nur zu einem Tor. Fast jeder Dortmunder hätte an diesem Samstag treffen können, beziehungsweise müssen. Marco Reus, Karim Adeyemi, Jude Bellingham und Julian Brandt ließen aussichtsreichste Gelegenheiten aus. Dadurch blieb der Pulsschlag bis zum Abpfiff erhöht, dreimal musste BVB-Torhüter Gregor Kobel einen Fernschuss der Berliner entschärfen. „Wir müssen früher unsere Tore machen, damit wir mehr Ruhe haben, damit wir auch mal durchschnaufen können“, sagte dieser. Aber: „Die Mentalität war gut, man muss die ganze Mannschaft loben.“
Nach der 2:3-Niederlage gegen Werder Bremen hätten seine Spieler die richtige Reaktion gezeigt, bemerkte Terzic. „Wir haben sie vorher daran erinnert, wie schlecht sich das in der vergangenen Woche angefühlt hat. Das war heute besser.“
Weiter geht es für den BVB schon am kommenden Freitag mit einem Heimspiel gegen die TSG Hoffenheim (20.30 Uhr/DAZN).
Und was sagte Anthony Modeste? Zur Pressekonferenz verirrte sich der Stürmer nicht, dafür erklärte er schon nach dem Schlusspfiff am Sky-Mikrofon, warum er nach seinem Treffer auf Edin Terzic zugestürmt sei. „Der Trainer hat gemerkt, dass ich die letzte Zeit so viel auf den Deckel bekommen habe, und der Trainer war immer hinter mir und hat mich immer unterstützt“, erklärte Modeste. „Ich wollte mich einfach bedanken.“