Bad Ragaz. 16 Jahre alt ist BVB-Talent Youssoufa Moukoko. Nun gibt er das erste Interview als Profi. Ein Gespräch über Ziele, Druck - und Helene Fischer.

Youssoufa Moukoko erscheint nach dem Mittagessen im Café des noblen Grand Resort in Bad Ragaz, hier bereitet sich Borussia Dortmund auf die Saison vor. 16 Jahre alt ist der Angreifer erst, sein Leben steckt trotzdem schon voller Erlebnisse. Aufgewachsen ist er in Kamerun, 2014 zog er zum Vater in Deutschland.

Erst präsentierte er beim FC St. Pauli sein Talent, 2016 wechselte Moukoko in die Jugendabteilung des BVB. Einen Tag nach seinem 16. Geburtstag debütierte er als bislang jüngster Fußballer in der Bundesliga, im Dezember 2020 gelang ihm gegen Union Berlin (1:2) sein erstes Tor. Lange schottete der Klub seinen Stürmer ab, nun gibt er sein erstes Interview als Profi.

Herr Moukoko, haben Sie schon nachgerechnet, ob Sie noch der Jüngste im Kader sind?

Youssoufa Moukoko: Ich weiß ehrlich gesagt nicht, wann Abdoulaye Kamara Geburtstag hat.

Er ist noch ein paar Tage älter als Sie. Sie bleiben der Jüngste. Aber hilft es, noch einen 16-Jährigen neben sich zu wissen?

Youssoufa Moukoko: Es hilft mir schon, dass da nun noch jemand ist. Wir reden viel, er spricht auch Französisch. Wir haben eine Menge Spaß.

BVB-Talent Youssoufa Moukoko: "Ich möchte mehr Spielminuten sammeln"

Was haben Sie sich nun vorgenommen für diese Spielzeit?

Youssoufa Moukoko: Ich möchte mehr Spielminuten sammeln als in meiner ersten Saison, mehr Tore schießen, mehr Vorlagen geben. Ich will immer da sein, wenn die Mannschaft mich braucht.

Das könnte bei der Konkurrenz in der Offensive kompliziert werden.

Youssoufa Moukoko: Natürlich wird es schwierig. Aber ich muss meinen Fähigkeiten vertrauen. Ich brauche Spielzeit. Und ich bin mir sicher, dass ich mehr Spielzeit bekommen werde.

Welche Erinnerungen kommen hoch, wenn Sie an Ihr erstes Profi-Training denken?

Youssoufa Moukoko: Das Training war unglaublich schnell. Der Unterschied zur Jugend ist riesig. Ich musste schnell lernen, wie meine Mitspieler ticken, welche Pässe sie spielen. Ich habe drei Tage gebraucht, aber dann habe ich gemerkt, dass ich mithalten kann.

Und wie war das Gefühl nach dem ersten Bundesliga-Tor?

Youssoufa Moukoko im BVB-Hotel in Bad Ragaz mit Reporter Marian Laske.
Youssoufa Moukoko im BVB-Hotel in Bad Ragaz mit Reporter Marian Laske. © Unbekannt | Unbekannt

Youssoufa Moukoko: Ich denke, jeder hat gesehen, wie glücklich ich war. Ich habe die Arme hochgerissen, ich bin aus mir rausgekommen. Ich habe bis fünf Uhr morgens nicht geschlafen, ich habe mir die Szene im Internet immer wieder angeschaut. Unglaublich viele Leute haben sich gemeldet. Das hat mein Selbstvertrauen enorm gesteigert, das hat mir zusätzlich Energie gegeben.

BVB-Talent Youssoufa Moukoko berichtet von der Kindheit in Kamerun

Aufgewachsen sind Sie in Kamerun. Wie war Ihre Kindheit?

Youssoufa Moukoko: Das Leben war schön. Jeder kannte sich in unserem Ort, der Zusammenhalt war riesig. Wir haben auf der Straße gezockt. Manchmal barfuß, nur mit Flaschen, weil kein Ball da war. Ich bin morgens weg von zu Hause, um Fußball zu spielen, und abends zurückgekommen.

Warum sind Sie nach Deutschland umgezogen?

Youssoufa Moukoko: Ich wollte ehrlicherweise zu Hause bei meiner Oma bleiben. Ich hatte dort Freunde, ich konnte die Sprache. Doch mein Vater hat mir gesagt, dass ich in Deutschland eine bessere Ausbildung erhalten könnte. Irgendwann habe ich mich durchgerungen. Als ich in Deutschland gelandet bin, hat mich die Kälte geschockt. Ich bin aus dem Flugzeug rausgekommen und wollte eigentlich direkt wieder rein (lacht).

Wie haben Sie sich eingelebt?

Youssoufa Moukoko: Die Sprache ist ein Schlüssel. Ich habe viel gelernt, in der Schule, zu Hause am Computer. Von meinen Freunden habe ich immer ein paar Worte behalten, so habe ich mich nach und nach gesteigert. Außerdem habe ich Helene Fischers Lieder gehört. „Atemlos“ etwa. Das macht es wirklich einfacher.

Sie haben sich beim FC St. Pauli angemeldet.

Youssoufa Moukoko: Ich hatte bei meinem ersten Training nur Nockenschuhe aus Afrika dabei. Der Klub hat mir Rasenschuhe besorgt, die durfte ich behalten, nachdem ich immer wiedergekommen bin. Die Trainer haben auf mich gesetzt, ich hatte auf dem Platz alle Freiheiten – und ich erzielte immer mehr Tore. Meine ersten Schuhe besitze ich heute noch als Andenken.

BVB-Talent Youssoufa Moukoko: Am Anfang haben mich die Berichte sehr belastet

Weiter ging es beim BVB.

Youssoufa Moukoko: Ich hatte zahlreiche Angebote. Aber Dortmund hat mir eine Strategie aufgezeigt, wie ich den Weg von der U15 bis zu den Profis schaffe. Das hat mich überzeugt.

Mit jedem Tor stieg die Aufmerksamkeit. Wie war das?

Youssoufa Moukoko: Am Anfang haben mich die Berichte noch sehr belastet, vor allem, als über mein Alter diskutiert wurde. Ich wollte mir das nicht mehr antun. Ich wollte aufhören. Aber mein Trainer Sebastian Geppert hat mir extrem geholfen, er stand zu mir. irgendwann bin ich mit der Aufmerksamkeit klargekommen, auf dem Platz konnte ich alles vergessen.

Sie wurden auf Schalke in einem Spiel rassistisch beleidigt.

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Youssoufa Moukoko: Nicht nur da. Es gibt sehr viele Vorfälle. In den sozialen Medien schlägt mir viel Hass entgegen, aber ich kann das nicht verhindern. Ich blende das aus. Wir können uns nur immer wieder dagegenstellen.

Vermissen Sie manchmal das Leben eines normalen 16-Jährigen?

Youssoufa Moukoko: Ich bin jetzt nicht der Typ, der immer in einer Disco feiert. Aber ich vermisse es, rauszugehen und nicht erkannt zu werden, in Ruhe essen zu können. Mittlerweile werde ich fast überall nach einem Foto gefragt. Nicht falsch verstehen: Ich mache das gerne. Aber es gibt Momente, da will man seine Ruhe haben.

Ihre Verletzung am Ende der vergangenen Saison war der erste Rückschlag in Ihrer Karriere. Was haben Sie empfunden?

Youssoufa Moukoko: Die Diagnose war eine große Enttäuschung. Ich war sauer, habe mich geärgert, denn die Saison war damit für mich vorbei. Aber ich musste die Verletzung akzeptieren. Und in der Reha habe ich an der Seite von Marcel Schmelzer gearbeitet, der hat mich aufgebaut. Es ist wirklich überragend, wie er uns jungen Spielern hilft.

Was kann der BVB in dieser Saison erreichen?

Youssoufa Moukoko: Unser Kapitän Marco Reus hat ja schon gesagt, dass wir um den Titel mitspielen können. Deswegen ist es mein Wunsch, Deutscher Meister zu werden und den Pokal zu gewinnen. Und wenn wir an uns glauben, dann können wir auch in der Champions League viel erreichen. Warum auch nicht? Der BVB stand schon einmal im Finale.

Wie ist das Verhältnis zu den älteren Profis?

Youssoufa Moukoko: Am Anfang hat mir vor allem Lukasz Piszczek geholfen, der jetzt seine Karriere beendet hat. Marcel Schmelzer auch. Mats Hummels. Marco Reus. Sie motivieren mich. Sie geben mir Tipps, was ich auf dem Platz besser machen kann. Dadurch fühle ich mich gut aufgehoben.

BVB-Talent Youssoufa Moukoko schwärmt von Erling Haaland

Wo können Sie sich denn noch verbessern?

Youssoufa Moukoko: Auf jeden Fall bei Kopfbällen. Wir machen manchmal Sondereinheiten. Unser Co-Trainer Alexander Zickler war früher Stürmer. Er zeigt mir, wo ich hinlaufen muss. Ich bin schon etwas besser geworden.

Wie können Sie von Erling Haaland lernen?

Youssoufa Moukoko: Erling ist der Stürmer der Stürmer. Er schießt Tore, er kämpft, er rackert. Er will immer gewinnen, selbst im Training. Mit dieser Einstellung hilft er der Mannschaft.

Deutschland sucht derzeit Stürmer. Können Sie da helfen?

Youssoufa Moukoko: Ich möchte natürlich irgendwann in die A-Nationalmannschaft kommen. Allerdings finde ich die Diskussion über die fehlenden Stürmer etwas verfehlt. Deutschland sucht immer Mittelstürmer, die im Zentrum auf die Bälle warten. Aber mittlerweile gibt es in allen Ländern zahlreiche Angreifer, die sich fallen lassen, die dann in die freien Räume drängen. Anders geht es nicht mehr. Ich muss sehr flexibel sein, die Innenverteidiger fordern, in die Lücken stürmen.

Youssoufa Moukoko im BVB-Training in Bad Ragaz.
Youssoufa Moukoko im BVB-Training in Bad Ragaz. © Unbekannt | imago

Sie haben noch nicht in einem ausverkauften Stadion gespielt. Fehlen Ihnen die Fans?

Youssoufa Moukoko: Ich stand schon einmal auf der Südtribüne, direkt bei den Ultras, in der Mitte. Das war krass. Wenn die Fans tanzen, hat man das Gefühl, dass die Tribüne umkippt. Ich habe die Mannschaft angefeuert. Ich hoffe so sehr, dass das Stadion bald wieder voll ist.

Was machen Sie mit 18?

Youssoufa Moukoko: Ich freue mich erst mal darauf, 17 zu werden. Und dann freue ich mich, wenn ich meinen Führerschein machen kann. Freiheit zu haben und unabhängig zu sein, ist mir wichtig.