Essen. Beim 3:2 gegen Sevilla zeigt der BVB eines seiner stärksten Spiele. Dennoch ist es zu früh, von einer Trendwende zu sprechen. Ein Kommentar.

Die Frage war erwartbar, sie kommt ja meist, wenn Borussia Dortmund einen überzeugenden Auftritt hinlegt: Warum nicht immer so? Warum tritt die Mannschaft nicht immer so konzentriert, so motiviert, so bissig auf wie beim 3:2 (3:1)-Sieg im Achtelfinal-Hinspiel der Champions League beim FC Sevilla? Denn die Bilanz im Alltag war ja zuletzt deutlich trister, weil in sechs Bundesligaspielen ganze fünf Punkte gelangen – viel zu wenig für eine Mannschaft mit den Ansprüchen des BVB.

Ein Sieg gegen einen zählbar starken Gegner

Was diese Mannschaft zu leisten imstande ist, das zeigt sie immer mal wieder in Spielen wie gegen Sevilla. Es war eine der besten Partien der laufenden Saison – was sich auch in den Statistiken des Gegners zeigt. Der hatte zuletzt neun Spiele in Serie gewonnen, hatte in den sieben zurückliegenden Partien nicht ein Gegentor kassiert – und der BVB schenkte ihm gleich drei ein.

Keine Antwort auf die unerklärlichen Leistungsschwankungen

Auf die Frage nach dem Warum, nach den unerklärlichen Leistungsschwankungen aber finden die Dortmunder Verantwortlichen seit Monaten keine überzeugende Antwort. Natürlich, nur wenige Mannschaften in der Bundesliga tun dem BVB den Gefallen, derart offensiv mitzuspielen und so Raum für die konterstarken Tempofußballer um Erling Haaland zu lassen. Außerdem wählte Trainer Edin Terzic den richtigen Ansatz, verdichtete das Zentrum und beorderte Haaland in die richtigen Räume für seine Umschalt-Aktionen. Zusammen mit seinem souveränen Umgang mit der Nachricht, dass Marco Rose ihn im Sommer ablöst und er wieder ins zweite Glied tritt, machte dies den 38-Jährigen zu einem Gewinner des Abends.

Der BVB und die Mühen der Tiefebene

Doch der rein analytische, nur am Fußball orientierte Ansatz greift wieder einmal zu kurz. Haaland sprach in Sevilla auch von Motivation und Leidenschaft, die deutlich besser gewesen sei als zuletzt. Es ist das altbekannte Dortmunder Problem: Wenn die Champions-League-Hymne ertönt oder wenn in der Bundesliga die großen Gegner kommen, ist die Herangehensweise oft deutlich besser, als wenn es gilt, gegen Mainz und Augsburg die Mühen der Tiefebene seriös zu bewältigen.

Deswegen ist es auch zu früh, von einer Wende zu sprechen, diese Hoffnungen hat die Mannschaft in der laufenden Saison schon zu oft enttäuscht. Erst wenn im Derby auf Schalke ein ähnlich engagierter, konzentrierter und erfolgreicher Auftritt gelingt, darf man an die Trendwende glauben. Erst nach einem Derbysieg dürfte man in Dortmund wirklich von einem Ende der Krise sprechen.