Dortmund. Nach dem 1:5-Debakel gegen den VfB Stuttgart war der BVB-Trainer nicht mehr zu halten. Denn die Mannschaft kämpft nicht. Ein Kommentar.

Vor einigen Wochen erst durfte man annehmen, dass Borussia Dortmund auf einem guten Weg sei, auch der nie unumstrittene Trainer Lucien Favre schien die Mannschaft auf einen stabilen Kurs gebracht zu haben. Das Spiel in Augsburg, die unnötige 0:2-Niederlage, schien im September ein einmaliger Ausrutscher gewesen zu sein. Aber dann kamen die Heimniederlage gegen Köln und das Unentschieden in Frankfurt – deutliche Zeichen dafür, dass sich beim BVB eben doch nichts geändert hatte. Diese Mannschaft zeigt Schwächen, sobald Qualitäten gefragt sind, die über fußballerische Begabung hinausgehen. Kurz: Sie kämpft nicht.

Am Samstag ließ sie sich im eigenen Stadion von einem Aufsteiger auseinandernehmen. Dieses 1:5 gegen den VfB Stuttgart war dermaßen schockierend, dass es nicht ohne Folgen bleiben konnte. Die Trennung von Lucien Favre ist hart, weil sie trotz der Vorgeschichte plötzlich kam, aber sie war nicht zu vermeiden. Wenn sich die Spieler eines so ambitionierten Vereins wie Borussia Dortmund hilflos und wehrlos ergeben, dann muss die Klubführung einen Wechsel an der Schaltstation vornehmen. Dieser Trainer war nicht mehr zu halten.

Einfluss von Favre war beim BVB nicht mehr zu erkennen

Ganz sicher trägt Lucien Favre nicht die Alleinschuld. Es lässt sich ja nicht übersehen, dass zu vielen Spielern die korrekte Einstellung zu ihrem privilegierten Beruf fehlt. Aber: Der Trainer ist dafür da, ihnen Beine zu machen. Ein Einfluss von Favre aber war nicht mehr zu erkennen. Und wenn er beim Stand von 1:4 erst in der 86. Minute noch drei Wechsel vornimmt, kann er dafür nicht auch noch Verständnis erwarten.

Lucien Favre ist ein Top-Fachmann. Er ist ein Tüftler, der sich tief in seine Arbeit vergräbt. Aber im Ruhrgebiet, wo Ärmelhochkrempeln noch nie geschadet hat, erwarten Fans klare Ansagen vom Trainer. Und wer die nicht verstehen will, braucht vielleicht auch mal einen Tritt in den Allerwertesten. Favre aber gab den Spielern schon nach dem 1:1 in Frankfurt ein verheerendes Alibi, als er erklärte, ein Punkt sei „immer okay“.

Aussage von BVB-Kapitän Reus war ein Offenbarungseid

Und so konnte der VfB Stuttgart mit engagiertem, zielorientiertem Spiel über die Schwarz-Gelben hinwegrauschen. Dortmund verzettelte sich planlos: Ballverlustverein Borussia. „Wir sind keine Mannschaft, die gut verteidigen kann“, analysierte Marco Reus. Diese Aussage war ein Offenbarungseid. Der Kapitän hätte den Satz auch vor dem Komma beenden können. Und er darf sich als einer der Routiniers, die auf die vielen jungen Spieler positiv einwirken müssten, ruhig auch mal an die eigene Nase fassen.

Man kann nicht wissen, ob der BVB auch mit Erling Haaland so hoch gegen Stuttgart verloren hätte. Oder ob er überhaupt verloren hätte. Der Ausfall des Torjägers wiegt wirklich schwer. Mit ihm kann so ein Spiel von Anfang an ganz anders laufen. Weil er Biss zeigt, weil ihn die Gier aufs Gewinnen antreibt, weil er dafür jede Faser seines kompakten Körpers anspannt. Dass dieser 20-Jährige das Vorbild ist, dafür sollten sich andere BVB-Profis einfach nur schämen.

Favres Nachfolger Edin Terzic hat es nicht leicht. Denn er übernimmt das Problem.