Dortmund. Der BVB verliert 0:4 gegen Hoffenheim und zeigt nicht zum ersten Mal überdeutlich, woran es im Vergleich zum Meister Bayern fehlt. Ein Kommentar.
Am Ende machte es diese Mannschaft ihren Kritikern allzu leicht: 0:4 unterlag Borussia Dortmund im letzten Spiel einer denkwürdigen Bundesligasaison der TSG Hoffenheim. Für den BVB ging es um nichts mehr, Platz zwei stand fest - und so fehlte die Spannung, das war klar zu sehen. Irgendwie menschlich, irgendwie nachvollziehbar. Kann passieren am Ende einer langen, anstrengenden Saisdon. Einerseits. Andererseits gewann zur gleichen Zeit der FC Bayern sein ebenso bedeutungsloses Abschlussspiel beim VfL Wolfsburg 4:0.
Dortmund verliert 0:4, Bayern gewinnt 4:0. Das hat einerseits direkte Auswirkungen auf die Tabelle: Hoffenheim zog an Wolfsburg vorbei auf Rang sechs, sicherte sich so die direkte Europa-League-Teilnahme - und Wolfsburg muss in der Qualifikationsrunde über die Dörfer tingeln. Nach dem 0:2 gegen Mainz im vorangegangenen Heimspiel muss sich der BVB zum zweiten Mal in kurzer Folge den Vorwurf der Wettbewerbsverzerrung gefallen lassen.
Wieder einmal fehlt es dem BVB an Spannung
Hinzu kommt wieder einmal die von den BVB-Profis so ungeliebte Debatte um das M-Wort: Wieder müssen sie sich die Mentalitätsfrage gefallen lassen - und das vollkommen zu Recht. Denn es ist ja nicht das erste Mal, dass es dem BVB in einem solchen Spiel bedenklich an Spannung fehlt, dass die richtige Haltung zu einer Partie fehlt. Mal, weil es um nichts mehr geht, mal, weil man Gegner wie den SC Paderborn auf die leichte Schulter nimmt. Und deswegen muss man sich auch nicht fragen, warum es am Ende 13 Punkte Rückstand auf die Bayern sind.
Klar, die 82 Zähler der Bayern zu erreichen ist schwer, sehr schwer. Aber der Abstand sollte deutlich geringer sein. Warum gelang das nicht?Weil die Bayern-Profis den Dortmundern entscheidendes voraus haben. Weil sie in jedes Spiel gehen mit dem Anspruch, es zu gewinnen - und meist auch die Selbstverständlichkeit ausstrahlen, dass es schon so kommen wird. Es ist eine Haltung, die jeder einzelne Profi der Münchener ausstrahlt.
Diskussion um Trainer Favre ist zu einfach
Und das ist der große Unterschied zum BVB: Dortmund hat zwar Spieler mit einer solchen Gewinnermentalität, etwa Emre Can, Erling Haaland und Mats Hummels. Aber es gibt dann eben auch zu viele Akteure, die einen fatalen Hang zu Leichtfertigkeit haben - oder zu schnell den Kopf sinken lassen, wenn es mal einen Rückschlag gibt. "Bayern hat diese absolute Winner-Mentalität", räumte BVB-Torhüter Roman Bürki ein. "Vielleicht haben wir manchmal die falsche Mentalität und die falsche Einstellung."
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Natürlich kochen im Umfeld prompt wieder Diskussionen um Trainer Lucien Favre hoch, der doch gerade erst eine Jobgarantie für die kommende Saison erhalten hat. Doch damit macht man es sich zu einfach. Natürlich, Favre ist nicht der große Motivator, seine Qualitäten liegen auf anderen Gebieten. Aber der BVB hat viele Spieler im Kader, die höchste Ansprüche haben, die für die größten Klubs der Welt spielen wollen. Dann muss man in der Lage sein, sich selbst zu motivieren, aus eigenem Antrieb alles dafür tun, an die Leistungsgrenze zu kommen - und nicht nur, weil ein Heißmacher an der Seitenlinie einen antreibt.
Auf die BVB-Verantwortlichen kommen daher unangenehme Fragen zu: Kann diese Mannschaft Mentalität lernen? Kann sie sich die nötige Gier aneignen, um Titel zu gewinnen? Oder ist Mentalität ein Talent, etwas Angeborenes, ähnlich wie Tempo und Ballbehandlung? Dann müsste schon bald der nächste Umbruch kommen, um eine titeltaugliche Mannschaft zu stellen.