München/Wolfsburg. Am Dienstag empfängt der BVB den FC Bayern zum Topspiel. Es geht ums Prestige, um die Meisterschaft – und um die Spannung in der Geister-Liga.
Manuel Akanjis Blick richtete sich gleich nach vorne. Gerade hatte Borussia Dortmund im Auswärtsspiel beim durchaus unangenehmen VfL Wolfsburg einen alles in allem verdienten 2:0 (1:0)-Sieg eingefahren. „Ich hoffe, das klappt gegen Bayern dann auch“, sagte der Innenverteidiger.
Denn es ist gar nicht viel Zeit, den erfolgreichen Bundesliga-Neustart mit zwei Siegen und 6:0 Toren zu feiern, am Dienstag (18.30 Uhr/Sky) steht bereits das Topspiel gegen den FC Bayern München an. Es geht um viel, sehr viel: ums Prestige, um die Meisterschaft, und wie immer geht es auch darum, der Liga die Spannung zu erhalten – was besonders wichtig ist in diesen Zeiten, da viele mit gemischten Gefühlen auf den Geisterspielbetrieb blicken.
Zorc: „Wir sollten gewinnen“
Die BVB-Verantwortlichen allerdings mühen sich, die Bedeutung nicht ins Unermessliche steigen zu lassen: „Noch ist die Spannung da, und die wird auch bleiben, egal, was am Dienstag passiert“, sagt BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke dieser Redaktion. „Sollten die Bayern gewinnen, hätten sie natürlich einen großen Vorsprung. Aber es gibt in diesem Jahr fünf sehr starke Mannschaften in der Liga, die teils noch gegeneinander antreten. Bayern spielt noch gegen Gladbach und in Leverkusen. Wir müssen noch nach Leipzig.“
Auch Sportdirektor Michael Zorc warnt davor, nur auf die Bayern zu schauen. Aber er sagt auch: „Wir sind vier Punkte hinter Bayern. Wenn wir noch einmal ernsthaft in das Meisterschaftsrennen eingreifen wollen, sollten wir das Spiel gewinnen.“
Watzke erwartet ein offenes Spiel
Die Vorzeichen sind gut: „Ich erwarte ein offenes Spiel“, sagt Watzke. „Beide Mannschaften haben bislang eine überragende Rückrunde gespielt.“ Und beide sind erstaunlich gut aus der zehnwöchigen Corona-Pause gekommen. Der BVB trat in Wolfsburg zwar deutlich weniger spektakulär auf als gegen Schalke, dafür aber äußerst gut organisiert: Gegen gute Wolfsburger mit den Sturmkanten Daniel Ginczek und Wout Weghorst sei „etwas weniger Spektakel und mehr Solidität gefragt“ gewesen, erklärt Zorc, der insgesamt zufrieden war.
Nur die Viertelstunde nach der Halbzeitpause macht ihm Sorgen: Da musste Abwehrchef Mats Hummels verletzt das Feld räumen, und Wolfsburg hatte prompt eine, zwei ordentliche und eine überragende Chance zum Ausgleich, ließ aber alle ungenutzt. Und so kam zum Führungstor durch Raphael Guerreiro (32.) noch der entscheidende Treffer durch Achraf Hakimi (78.).
BVB bangt um Mats Hummels
Noch ist offen, ob Abwehrchef Hummels rechtzeitig zum Duell mit seinem ehemaligen Arbeitgeber wieder fit wird: „Mats hat Probleme an der Achillessehne, und wir hoffen, dass er Dienstag wieder spielen kann“, sagt Zorc. Bei Jadon Sancho ist unklar, ob die Kraft nach überwundenen Muskelproblemen schon für ein ganzes Spiel reicht.
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Besser wäre es, denn auch die Bayern sind in bestechender Form. Beim 5:2-Sieg gegen Eintracht Frankfurt erlaubten sie sich zwar eine kurze Phase der Nachlässigkeit, nach einer 3:0-Führung durch Leon Goretzka (17.), Thomas Müller (41.) und Robert Lewandowski (46.) ließen sie aus dem Nichts einen Doppelpack durch Martin Hinteregger (52./55.) zu. Doch mit einem kurzen Zwischensprint hielten sie den Gegner auf Distanz, Alphonso Davies (61.) und ein Eigentor Hintereggers (74.) sorgten für einen klaren Erfolg. „Das ist einfach die Klasse von Bayern München: Wenn sie wissen, jetzt müssen sie, dann schalten sie wieder einen Gang höher“, staunte Hinteregger.
Torrekord für die Bayern
Vor allem die Offensive imponiert. 80 Tore nach 27 Spieltagen gab es noch nie, nicht einmal in der Saison 1971/72, als der FC Bayern am Ende 101 Treffer vorweisen konnte. Entsprechend groß ist das Selbstbewusstsein. „Wir haben uns ganz klar vorgenommen, drei Siege in dieser Woche einzufahren und einen Riesenschritt nach vorne zu machen“, sagte Müller. Man wolle „die Meisterschaft nach München holen, da, wo sie hingehört“.
Es ist ein Spiel, auf das viele schauen – erst recht dieses Mal, da die Bundesliga als einzige große Liga schon wieder im Spielbetrieb ist. „Das ist ein Highlight, das international verfolgt wird“, sagt Watzke. „Wenn ich zum Beispiel sehe, was in England oder Spanien bezogen auf die Bundesliga los ist – so sehr im Fokus standen wir noch nie.“