Dortmund. Mino Raiola gilt als einer der mächtigsten Spielerberater. Bei Verhandlungen setzt er sich meist durch – wie auch ein Streit mit dem BVB zeigt.
Mino Raiola kann am Telefon bemerkenswert unwirsch sein. „I don‘t talk about my players“, ich spreche nicht über meine Spieler, raunzt er in italienischem Akzent ins Telefon. Gelegentlich aber sagt er doch etwas. Mal sehr kryptisch, hin und wieder aber auch bemerkenswert deutlich – wenn es ihm nützt, weil er einem Klub die Pistole auf die Brust setzen kann.
Diese Erfahrung haben sie auch schon bei Borussia Dortmund gemacht. Im Dezember sprachen sie recht oft mit dem 52-Jährigen, weil er zum Beraterkreis des begehrten Stürmers Erling Haaland gehört, den der BVB jüngst für eine festgeschriebene Ablösesumme von 20 Millionen Euro verpflichtete.
Raiola zieht auch beim BVB alle Register
Zwischen Klub und Berater aber hat es auch schon ordentlich gekracht: Im Sommer 2016 hatte Henrikh Mkhitaryan schon mündlich zugesagt, seinen ein Jahr später auslaufenden Vertrag zu verlängern. Wenig später wollte er dann doch unbedingt weg und zu Manchester United wechseln. Auch Raiola wollte, er hatte ein Paket geschnürt, dass Zlatan Ibrahimovic, Paul Pogba und eben Mkhitaryan umfasste. Und deswegen musste der nun weg aus Dortmund, trotz Zusage und trotz laufenden Vertrags.
Der Berater zog alle Register, er polterte, er fluchte – und er beschimpfte die BVB-Bosse öffentlich: „Micki hat seit Monaten das Versprechen der BVB-Verantwortlichen, dass er den Verein in diesem Sommer verlassen darf“, sagte er der Bild-Zeitung. „Aber jetzt haben die BVB-Bosse Angst vor den eigenen Fans. Plötzlich sagen sie zu Micki, dass er nächste Saison ablösefrei gehen soll. Das ist ganz schlechtes Management.“
Dank Pogba 49 Millionen Euro Verdienst
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Am Ende bekam Raiola seinen Willen, Mkhitaryan wechselte für 43 Millionen Euro nach Manchester. Und sein Berater soll allein 49 Millionen Euro verdient haben, weil er Pogba zum englischen Rekordmeister lotste.
So ist das: Wenn sich der 52-Jährige etwas in den Kopf setzt, setzt er es meist auch durch. „Ich handle nicht auf dem Markt, ich bin der Markt“, hat er mal gesagt und das in einem seiner seltenen Interviews mit dem Magazin 11Freunde erläutert: „Wenn ich einen großen Spieler bewege, dann bewegt sich der Markt mit“, sagte er da. „Ich kreiere den Markt, weil ich die Fähigkeit dazu habe.“ Das lohnt sich auch für ihn persönlich: 2018 soll er laut „Forbes Magazine“ 63 Millionen Euro an Kommissionen verdient haben.
Spieler vertrauen dem Berater
Nicht schlecht für einen Mann aus der Kleinstadt Nocera im Süden Italiens. Mit dem Fußball ging es aber erst im niederländischen Haarlem los, wo Raiola in der elterlichen Pizzeria mitarbeitete. Er begann, dem damaligen Präsidenten des HFC Haarlem Tipps zu geben, er verschaffte dem italienischen Klub SSC Neapel Zugang zum niederländischen Markt. Internationale Bekanntheit erlangte er, als er den jungen Tschechen Pavel Nedved von Sparta Prag zu Lazio Rom lotste. Sieben Sprachen soll er passabel bis sehr gut sprechen und außerdem ein äußerst gewiefter Verhandler sein.
Die Klubbosse fürchten ihn, Manchesters Ex-Trainer Alex Ferguson beschimpfte ihn einst harsch. Seine Spieler aber vertrauen dem Italiener, noch keiner hat sich öffentlich über ihn beschwert. „Zwischen mir und meinen Spielern herrscht absolutes Vertrauen, deswegen mache ich auch nie einen Vertrag, alles läuft mündlich“, sagt Raiola. „Nicht ich finde die Spieler, sondern die Spieler finden mich“, erzählt er zudem. „Ich habe noch nie einen Spieler gefragt, ob er mit mir zusammenarbeiten will, und würde es auch nie tun. Es ist der Spieler, der mich fragen muss, ob ich sein Agent sein will.“ Das kann stimmen, muss aber nicht: In der Branche erzählt man, dass Raiola einst der Mutter des damals noch sehr jungen Pogba eine Million Euro in bar auf den Küchentisch legte. Das Ziel: Sie sollte ihren Sohn überzeugen, sich künftig vom Italiener vertreten zu lassen.
Auch Jugendspieler des BVB als Klienten
Das klappte. Raiola bekommt eben meistens, was er will. Der Haaland-Transfer zeigte: Dass es in der Vergangenheit mal krachte, ist definitiv kein Hindernis. Seit 2017 spielt der Niederländer Immanuel Pherai in der BVB-Jugend. Beraten wird er von: Mino Raiola.