Dortmund. Axel Witsel fällt beim BVB wegen schwerer Gesichtsverletzungen aus. In der Champions League gegen Slavia Prag muss Trainer Favre improvisieren.

BVB-Profi Julian Weigl geht voran: Der Mittelfeldspieler betritt als erstes den Trainingsplatz in Dortmund Brackel, wo Borussia Dortmund am Montagnachmittag die letzte Einheit vor dem Champions-League-Gruppenspiel gegen Slavia Prag am Dienstagabend (21 Uhr/DAZN) abhält. Auf Weigl könnte dabei eine besondere Rolle zukommen. Als Ersatz für jenen Mann, der wahlweise als Kopf, als Hirn oder als Motor des BVB-Spiels bezeichnet wird: Axel Witsel.

Denn seit Sonntagmorgen weiß Favre, dass passiert ist, was nicht passieren darf, dass nämlich Axel Witsel ausfällt – und zwar nicht nur für dieses eine Spiel, sondern bis Weihnachten. Und zwar wegen eines häuslichen Unfalls. Der belgische Nationalspieler stürzte am Samstagabend derart schwer, dass er sich nicht nur die Nase brach, sondern diverse Frakturen im Gesicht zuzog. Er musste in der Mund- und Gesichts-Chirurgie des Dortmunder Klinikzentrums Nord operiert werden und lag zwischenzeitlich auf der Intensivstation.

Sturz von Axel Witsel bringt Pläne des BVB durcheinander

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„Das Positive: Er ist schon zu Hause“, sagt Trainer Lucien Favre, der der Nachricht ansonsten naturgemäß nichts Erfreuliches abgewinnen kann. Aus Sorge um seinen Spieler. Und aus Sorge um seine Mannschaft, die doch in den vergangenen zwei Spielen endlich wieder in die Spur gekommen war.

Beim 2:1-Sieg bei Hertha BSC, mehr noch aber beim triumphalen 5:0 gegen Fortuna Düsseldorf am Samstag zeigte sich: Favre hat endlich eine Formation gefunden, um das große Potenzial seines Kaders zu heben: drei Innenverteidiger hinten, drei Angreifer vorne, dazwischen vier größtenteils nach vorne orientierte Mittelfeldspieler. Nach wochenlangem Zögern und gutem Zureden von vielen Seiten also entschied sich der Trainer für eine bemerkenswert offensive Variante.

Lucien Favres schwierige Suche

Die aber funktionierte auch deswegen so gut, weil die vielen Künstler abgesichert wurden von Witsel, der dank seiner Spielintelligenz die richtigen Räume absicherte und dank seiner Zweikampfstärke so manchen Ball zurückeroberte. „Er ist ein wichtiger Spieler für unsere Mannschaft“, seufzt Favre. „Aber wir können das jetzt nicht ändern.“ Stattdessen gilt es, Ersatz zu finden.

Aber wen?

Thomas Delaney, die defensivstärkste Alternative, fällt ja wegen mehrerer Bänderrisse im Sprunggelenk noch eine Weile aus. Bleibt Trainer Favre dennoch, auch ohne echte Defensivautorität, bei jenem offensiven Ansatz, der seinem vorsichtigen Naturell eher widerspricht? Oder stellt er um auf eine vorsichtigere Variante gegen einen Gegner, vor dem er durchaus Respekt hat? „Es ist möglich, dass wir ohne Axel weiter so spielen“, beteuert der Trainer, schiebt dann aber nach: „Wir können mehrere Systeme spielen.“

Weigl ist beim BVB der logische Kandidat

In allen aber muss ein Ersatzmann fürs Zentrum gefunden werden. Weigl ist der logischste Kandidat, nachdem er in der laufenden Saison häufig an Witsels Seite auflief. Er ist ähnlich ballsicher wieder Belgier, im Zweikampf aber deutlich schwächer – und damit nicht zwingend der Richtige gegen einen Gegner, der im Hinspiel unglaubliche 132 Kilometer lief, aggressiv presste und sich wuchtig in die Zweikämpfe warf.

Mehr Biss gegen Ball und Gegner bringt beim BVB Mahmoud Dahoud mit, der zudem schneller und trickreicher ist – aber auch immer für fatale Leichtsinnsfehler gut ist. „Sie werden sich schon etwas ausdenken“, erwartet Prags Trainer Jindrich Trpisovsky. Aber auch er weiß, dass sich Witsels Fehlen schwer kompensieren lässt.

Es geht um Millionen

Und das in einem Spiel, in dem es um Millionen geht: Im Achtelfinale winkt eine Antrittsprämie von 9,5 Millionen Euro. In der Zwischenrunde der Europa League, die der BVB schon sicher hat, sind es lediglich 500.000 Euro. Um im zweitklassigen Wettbewerb auf ähnlich erstklassige Erträge wie in der Königsklasse zu kommen, müsste der BVB schon ins Finale einziehen. Fürs Weiterkommen allerdings braucht der BVB einen Sieg gegen Slavia – und Schützenhilfe des FC Barcelona. Denn nur wenn Inter Mailand nicht gewinnt, kann Dortmund vorbeiziehen.

„Alles ist möglich“, sagt Favre. „Wir müssen alles geben, und nur auf unser Spiel konzentrieren – und fertig.“ Mit Axel Witsels Ausfall haben sie ja auch wieder genügend eigene Probleme zu lösen beim BVB.