Berlin/Dortmund. Mit zehn Spielern gewinnt Borussia Dortmund bei Hertha BSC mit 2:1 und erfreut sich am eigenen Kampf. Die Lage von Lucien Favre entspannt sich.
Etwas hatte sich verändert, das konnte Lucien Favre feststellen, als er am Sonntagmorgen den Trainingsplatz von Borussia Dortmund im Stadtteil Brackel betrat. Nur eine Handvoll Journalisten war gekommen, um den Reservisten beim Auslaufen zuzusehen nach dem 2:1 (2:1)-Sieg bei Hertha BSC.
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Eine Woche zuvor waren es noch deutlich mehr gewesen, da hatten auch die Nachrichten-Agenturen und TV-Sender ihre Reporter geschickt. Nach dem peinlichen 3:3 gegen den SC Paderborn wollten sie sehen, ob sich der massiv in der Kritik stehende Favre als Trainer würde halten können. Dass nun kaum jemand gekommen war, war ein sichtbares Zeichen dafür, dass sich Favres Lage etwas entspannt hat.
Der 2:1-Sieg von Berlin hatte die Laune der Dortmunder merklich aufgehellt. Im Training am Sonntag wurde viel gelacht, schon am Samstag nach Abpfiff war die Stimmung gelöst gewesen im schwarz-gelben Lager. Trainer Favre wirkte auf der Pressekonferenz entspannt wie lange nicht, die meisten Spieler liefen mit breitem Grinsen durch die Katakomben, und Sportdirektor Michael Zorc war zu Scherzen aufgelegt. Wie es denn nun mit Favre weitergehen werde, fragte ein Journalist. „Der ist jetzt weg“, sagte Zorc, lachte dröhnend und verschwand.
BVB-Trainer Favre schwärmt von der Offensive
Die gute Laune war verständlich nach all den Rückschlägen zuletzt: das 3:3 des BVB gegen Paderborn, das nicht minder schmachvolle 0:4 beim FC Bayern – all dies hatte massiv auf die Stimmung gedrückt. Und nun durften die Verantwortlichen endlich wieder einmal Dinge sehen, die ihnen gut gefielen. „Wir haben sehr gut angefangen, nach vorne gespielt und Traumkombinationen gezeigt“, schwärmte Favre. Den beiden Treffern von Jadon Sancho (15.) und Thorgan Hazard (17.) gingen tatsächlich blitzsaubere Spielzüge voraus. Nur 104 Sekunden lagen zwischen den beiden Treffern, noch nie in der Ära Favre hatte der BVB so früh mit zwei Toren in Führung gelegen.
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Doch der aktuelle BVB kann einfach keine Spiele in Ruhe über die Zeit bringen. Auch nicht gegen einen derart limitierten Gegner, wie es die Hertha in Spiel eins unter Interimstrainer Jürgen Klinsmann war. Dodi Lukebakio zog einfach mal ab, Vladimir Darida fälschte ab – nur noch 1:2 aus Sicht der Hertha (34.). Und als Abwehrchef Mats Hummels kurz vor der Halbzeitpause nach zweitem verwarnungswürdigen Foul an Davie Selke vom Platz flog, schien alles auf den nächsten Rückschlag für den BVB hinauszulaufen.
BVB-Sportdirektor Zorc schöpft neue Hoffnung
Und den hätte es wohl auch gegeben, wenn Selkes Ausgleichstreffer (48.) nicht wegen Abseits zurückgenommen worden wäre. Danach verteidigten die Dortmunder die Führung mit viel Engagement und taktischem Geschick – zur Freude des Sportdirektors. „Für mich war die wichtigste Erkenntnis, wie sehr sich die Mannschaft wirklich als Mannschaft präsentiert hat“, sagte Michael Zorc. „So habe ich sie seit Wochen nicht gesehen. Das gibt Hoffnung.“
Hoffnung, dass es doch eine Zukunft mit Favre gibt. Schon im Laufe der Woche hatte sich angedeutet, dass die Partie in Berlin nicht das vermutete Endspiel für den Trainer werden würde. Nach wie vor hoffen die Verantwortlichen, allen Zweifeln zum Trotz, mit dem Schweizer die Wende zu schaffen – weil sie Trainerwechsel während der Saison scheuen und weil ihnen nach wie vor überzeugende Alternativen fehlen.
Auch deswegen waren die Bosse erleichtert über das Ergebnis, das ihnen nun etwas Ruhe verschafft. Sportdirektor Zorc erklärte die Debatten um den Trainer flugs zum reinen Medienthema und meinte: „Das sagen wir die ganze Zeit, dass die Arbeit zwischen Trainer und Mannschaft sehr gut ist.“ Er sei „überzeugt, dass wir die Trendwende schaffen, und heute war es der wichtige Schritt in die richtige Richtung.“
Mehr als ein Schritt aber war es nicht, dafür war die Hertha als Gegner zu schwach. Und nach wie vor war den Dortmundern die Verunsicherung in vielen Szenen anzumerken. Kapitän Marco Reus brachte es auf den Punkt: „Wir haben einen guten Schritt in die richtige Richtung gemacht. Wir wissen aber, dass jetzt nicht wieder alles gut ist.“