Dortmund. Borussia Dortmunds Top-Talent Jadon Sancho steckt in einer Formkrise. Will er seinen Wechsel erzwingen? Dazu äußert sich Sportchef Michael Zorc.

Am Mittwoch kann Jadon Sancho beweisen, dass er dazugelernt hat. Dann nämlich, wenn der Engländer nach seiner Reise zur Nationalmannschaft pünktlich am Trainingsgelände von Borussia Dortmund erscheint. Wovon Sportdirektor Michael Zorc überzeugt ist, wie er im Gespräch mit dieser Redaktion klarstellt.

Im Oktober noch war Sancho mit einem Tag Verspätung aus Großbritannien zurückgekehrt. Als erzieherische Maßnahme suspendierte ihn Trainer Lucien Favre für eine Partie, Sancho musste zudem 100.000 Euro bezahlen. Die Probleme aber sind seitdem geblieben. Der 19-Jährige gibt weiter Rätsel auf.

Was vor allem damit zusammenhängt, dass das Besondere, das ihn in so vielen Partien ausgezeichnet hat, derzeit verlorengegangen zu sein scheint. Dribblings misslingen. Tricks scheitern. Pässe landen beim Gegner. Kann passieren, nur versucht Sancho trotzdem nicht, mit dem Einfachen erstmal Sicherheit zu gewinnen, sondern stürzt sich in noch aussichtslosere Duelle. Bei der 0:4-Niederlage in München wechselte ihn Favre deswegen schon vor dem Halbzeitpfiff aus. Sancho marschierte nach der Partie ohne eine Erklärung aus dem Stadion.

Sancho in Gedanken schon bei einem neuen Klub?

Nur: Wenn es keine Antworten gibt, fangen die Spekulationen an. Längst werden die Stimmen lauter, die vermuten, dass Sancho mit seinen Gedanken schon bei einem internationalen Topklub sei. Dass er durch sein Verhalten einen Wechsel provozieren wolle. Im schwarz-gelben Umfeld reagiert man nunmal empfindlich auf ein Fehlverhalten eines umworbenen Stars, seit Ousmane Dembélé und Pierre-Emerick Aubameyang ihre Wechsel erzwangen.

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Bei Sancho „gibt es dafür überhaupt keinen Hinweis“, meint Zorc. Man dürfe nicht vergessen, dass er noch ein ganz junger Spieler sei. „Er hat lange eine Konstanz gehabt, die eigentlich unnatürlich war für einen Spieler in seinem Alter. Natürlich hat er gerade nicht seine beste Phase, aber er wird da wieder rauskommen“, ergänzt der Sportdirektor.

So wie Zorc haben Klubverantwortliche grundsätzlich Übung darin, das Alter vorzuschieben, wenn es bei einem jungen Fußballer auf und abseits des Platzes rumpelt. Sanchos Unreife könnte aber tatsächlich eine Begründung für seine rätselhaften Probleme sein. Ihm fehle es an Orientierung, ist zu hören. Sein Vater, der sich zu Beginn mit ins Revier aufgemacht hatte und als Korrektiv fungierte, weilt derzeit jedenfalls nur noch selten in Dortmund. Sancho muss Erwartungen also viel häufiger alleine verarbeiten, er muss Versuchungen viel häufiger alleine widerstehen. Daran ist schon so manch anderes Talent gescheitert.

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BVB-Offensive ist von Jadon Sancho abhängig

Wobei von Scheitern eigentlich keine Rede sein kann. Sanchos Saison ist trotz seines Formtiefs nun wahrlich keine schlechte. Im Gegenteil. Der gebürtige Londoner war bislang in neun Bundesliga-Einsätzen an neun Treffern beteiligt. Er ist der beste Scorer des Revierklubs, wodurch vor allem offensichtlich wird, wie sehr die BVB-Offensive von dem jungen Künstler abhängt. Fehlt seine Brillanz, fehlt den Dortmundern das Außergewöhnliche. Letztlich existieren nur wenige Straßenfußballer wie er. Deswegen buhlen die internationalen Topklubs natürlich weiterhin um den jungen Engländer, der vielleicht schon im kommenden Sommer für einen dreistelligen Millionenbetrag wechseln könnte.

Davor aber soll Sancho dem BVB, wenn er denn pünktlich erscheint, in der Gegenwart helfen. Am Freitag (20.30 Uhr/Sky) kommt der SC Paderborn nach Dortmund. „Wir wollen eine Reaktion sehen und erwarten eine gute Leistung“, erklärt Zorc.

Gegen den Tabellenletzten soll sich die Borussia ein wenig mit den Fans versöhnen, die nach der desaströsen Leistung geschockt reagierten. Dann kann sogar die gesamte Mannschaft zeigen, dass sie dazugelernt hat.