Frankfurt. In Frankfurt verspielt der BVB den Sieg, und es ist falsch, wie Marco Reus Medienschelte zu betreiben. Die Ursachen liegen tiefer. Ein Kommentar.

Natürlich ist der Reflex ein bisschen billig: Jedes Mal, wenn Borussia Dortmund gegen einen vermeintlich kleineren Gegner Punkte liegen lässt, stellen wir Journalisten die Frage nach der Mentalität. Da kann man fast schon verstehen, dass Kapitän Marco Reus diese Frage nicht mehr hören kann und im Sky-Interview ordentlich zurückkeilt.

BVB enttäuschte gegen die kleinen bis mittelgroßen Teams

Aber: Auch Reus bleibt eine überzeugende Antwort schuldig auf die Frage, woran es dann liegt, dass der BVB auch in dieser Saison seine besten Leistungen bisher gegen die (eher) großen Mannschaften FC Barcelona und Bayer Leverkusen bot und gegen die kleinen bis mittelgroßen Teams enttäuschte: Beim 3:1 beim 1. FC Köln war man schlecht, aber immerhin erfolgreich. Beim 1:3 bei Union Berlin war man nur noch schlecht. Und beim 2:2 bei Eintracht Frankfurt schenkte man den Sieg leichtfertig her.

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Das Problem ist ja kein neues: In der vergangenen Saison holte der BVB gegen die fünf bestplatzierten Gegner in der Tabelle 27 von 30 möglichen Punkten. Gegen die letzten Fünf waren es nur 20 von 30. Die Verantwortlichen begründeten das explizit auch mit fehlender Mentalität und öffneten deswegen die Geldschatulle recht weit, um in Mats Hummels einen Führungsspieler zu holen. Und wenn man die Ausrutscher gegen kleine Mannschaften einmal selbst so begründet hat, darf man sich nicht wundern, wenn diese Begründung nun immer wieder hervorgeholt wird.

Medienschelte von BVB-Kapitän Reus ist grundfalsch

Ob man es nun Mentalität nennt, ob man es fehlende Haltung nennt, ob man es zögerliche Herangehensweise nennt: Gegen kleine Mannschaften lässt man ja keine Punkte liegen, weil man fußballerisch schlechter ist. Sondern weil es im Kopf nicht stimmt. Nach dem 2:2 von Frankfurt ist es also grundfalsch, wie Reus Medienschelte zu betreiben. Vielmehr sollte sich die Mannschaft fragen, warum sie nicht mehr Attacke wagt, warum sie die eigene spielerische Überlegenheit nicht nutzt, um auf die Entscheidung zu drängen und stattdessen auf Kontrolle, auf Verwaltung des Spiels setzt.

Als Eintracht Frankfurt immer mehr auf den Ausgleich drängte, öffneten sich Konterräume, durch die der Dortmunder Mannschaftsbus bequem hätte hindurch fahren können. Doch die Spieler suchten nicht das Risiko, nicht den schnellen Weg nach vorne, sondern konzentrierten sich darauf, den Ball in den eigenen Reihen zu halten.

Das lenkt den Blick auch auf Trainer Lucien Favre. Spielkontrolle ist für ihn das alles entscheidende Dogma, vor, während und nach jedem Spiel predigt er vor allem: Geduld. Die Frage muss erlaubt sein, ob er seine Mannschaft gegen spielerisch unterlegene Gegner damit nicht eher hemmt, als dass er ihr weiterhilft.