Dortmund. Der BVB hat sich beim Aufsteiger Union Berlin blamiert. Erinnerungen an die Rückrunde der letzten Saison werden wach. Ein Kommentar.

Die Analyse von Julian Brandt kurz nach Spielschluss, nach dieser schwer fassbaren 1:3-Niederlage, war verräterisch. „Man hat heute gesehen, dass die Berliner den noch größeren Willen hatten“, sagte der Nationalspieler – einer der Neuen, mit denen Borussia Dortmund manches Problem aus der vergangenen Saison überwinden zu können geglaubt hatte.

Brandt sagte „noch“. Weil er das eigene Team nicht in die Pfanne hauen wollte. Dieses Wörtchen „noch“ sollte das gerade Erlebte relativieren. Doch da ließ sich nichts mehr kleinreden. Denn Brandt traf ja den Kern: Union Berlin, der Aufsteiger mit dem kleinen Etat, hatte Ehrgeiz, Leidenschaft, Herzblut. Der BVB hatte von all dem: nichts.

Es ist schon erstaunlich, wie viele Parallelen zur Rückrunde der Saison 2018/2019 zu erkennen waren. Als der Tabellenführer Dortmund zum Beispiel mit 1:2 beim FC Augsburg verlor, waren die Fehler die gleichen – und die Erkenntnisse auch: Ein hochmotivierter Gegner hatte den BVB unter Druck gesetzt, und das Ensemble der großen Namen ließ sich beeindrucken und ergab sich. Daraus saisonübergreifend nichts gelernt zu haben, das ist schon erschreckend.

Kapitän Marco Reus war immerhin so ehrlich zu sagen, dass die Spieler manchmal glauben, „dass man allein mit unserer Qualität solche Spiele gewinnen kann“. Profis sollten wissen: Mentalität schlägt Qualität, wenn sich Qualität mit Überheblichkeit vermischt.

Auch interessant

Borussia Dortmund hat sich für diese Saison vieles vorgenommen. Die Mannschaft wurde unter erheblichem finanziellen Aufwand bei erkennbar hoher fachlicher Kompetenz verstärkt. Wenn unerwünschte interne Mechanismen dann trotzdem wieder durchschlagen, liegt Grundsätzliches im Argen. Stimmt die Einstellung nicht, ist die Aufstellung zweitrangig. Es fällt ja auf, dass die Borussen in dieser Saison auch schon gegen Augsburg und in Köln in Rückstand geraten waren. Und dass sie gegen drei vermeintlich deutlich schwächere Teams nun schon fünf Tore kassierten.

Es könnte sich für den BVB noch als Glücksfall erweisen, dass ihm diese Peinlichkeit in Berlin so früh in der Saison passierte. Wenn die richtigen Schlüsse und Konsequenzen gezogen werden. Dies ist vornehmlich die Aufgabe des Trainers. Löst er sie nicht, wird auch über Lucien Favre zu reden sein.