Berlin/Dortmund. Berlin gegen Dortmund ist auch das Duell zweier Schweizer Trainer. Lucien Favre und Urs Fischer sind grundverschieden – mit einigen Parallelen
Die deutsche Sprache hält schöne und weniger schöne Wörter bereit, und „Geschäftsbeziehung“ gehört zu den weniger schönen. Urs Fischer verwendet es, als er über Lucien Favre spricht. Die Wege der beiden haben sich in der Vergangenheit immer wieder gekreuzt, unter anderem beim FC Zürich. „Er war Trainer der ersten Mannschaft, ich von der U21“, sagt Fischer, der heute den FC Union Berlin trainiert. „Da hatten wir natürlich auch eine Geschäftsbeziehung, das ist ja ganz klar. Aber wir haben auch sehr eng zusammengearbeitet.“
Freunde waren sie nie
Und heute empfängt der Lehrling Fischer den Meister Favre. Den Mann, der immer den größeren Namen hatte, der auch den deutlich größeren Klub trainiert: Borussia Dortmund. Es sind Welten, die in Köpenick aufeinanderprallen (18.30 Uhr/Sky). Zwei grundverschiedene Klubs und zwei auf den ersten Blick grundverschiedene Trainer aus der Schweiz – die aber doch einiges gemeinsam haben.
„Ich habe gute Erinnerungen an ihn, klar“, sagt Favre. Man habe sich damals in Zürich oft gesehen, „und wir haben guten Kontakt“. Freunde allerdings waren sie nie und werden sie wohl auch nicht mehr werden. Als Favre Trainer in Zürich wurde, beendete Fischer gerade seine Karriere als Spieler – und bis heute halten sich die Gerüchte, dass das Favre ganz recht war und dass er vielleicht auch nicht ganz unschuldig daran war.
Legenden des FC Zürich
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Fußballerisch waren sie Gegenpole: Favre der elegante Spielmacher, der den Ball streichelte und das Spiel lenkte, Fischer der raubeinige Verteidiger, der vor allem fürs Zerstören zuständig war. Auf dem Platz standen sie sich einige Male gegenüber, meistens gewann Favre.
Legenden des FC Zürich wurden sie beide: Favre in vier Jahren als Trainer, in denen er einmal Pokalsieger und zweimal Meister wurde und in denen ihm viele schon die große Trainerkarriere vorhersagten. Noch heute schwärmen sie in Zürich von seinem Fußball.
Fischer war einer der großen Spieler des Klubs, machte 302 Spiele, war lange Jahre Kapitän. Als Trainer scheiterte er, nach knapp zwei Jahren wurde er entlassen. Eine große Karriere sagte ihm niemand vorher, als er ging.
Fast so viele Titel wie Favre
Der Erfolg kam später, beim FC Basel holte Fischer zwei Meisterschaften und den Pokal. An Titeln hat ihm Favre nur noch einen Pokalsieg mit Servette Genf voraus. Und auch den Sprung in die Bundesliga hat Fischer nun geschafft, nachdem er Union mit stoischer Ruhe zum Aufstieg und damit zum größten Erfolg der Vereinsgeschichte führte.
Dass ihm dies in der Relegation mit zwei Unentschieden gegen den VfB Stuttgart gelang, ist durchaus sinnbildlich: Der frühere Verteidiger Fischer hatte von der Sportlichen Leitung den Auftrag bekommen, die Defensive zu stabilisieren, und das setzte er auf vorbildliche Weise um: Nur 33 Tore kassierten die Köpenicker in der vergangenen Saison, deutlich weniger als alle Konkurrenten. „Seine Mannschaften sind immer sehr gut organisiert“, sagt Favre.
Stabilität statt Risiko
Er selbst dagegen gilt als Feingeist, als Freund des offensiven Fußballs. Dabei ist auch Favre vor allem ein Freund von Effizienz und Kontrolle, da ist er Fischer näher, als es scheint. Auch er setzt im Zweifel lieber auf Stabilität als auf Risiko.
Das scheut er auch abseits des Platzes: Markige Sprüche sind vom höflichen, zurückhaltenden 61-Jährigen nie zu hören, in der vergangenen Saison sträubte er sich lange dagegen, öffentlich von der Meisterschaft als Ziel zu sprechen. Auch das ist eine Parallele zum 53-jährigen Fischer. Der ist zwar zugänglicher, sucht dann und wann auch – wenngleich auf bemerkenswert charmante Art und Weise – das klare Wort. Das kommt an beim linksalternativen Klub aus dem Berliner Osten.
Ein Lautsprecher aber ist auch Fischer nicht: Das Wort Aufstieg nahm er in der vergangenen Saison erst dann in den Mund, als die Berliner ihn tatsächlich vollbracht hatten.