Berlin. Ex-BVB-Profi Neven Subotic trifft am Samstag mit Union Berlin auf seinen Herzensklub. In hatte Dortmund die erfolgreichste Zeit seiner Karriere.
Borussia Dortmund – für ihn ist es mehr als nur der Name eines Klubs in der Fußball-Bundesliga. Es ist die Charakterisierung eines Gefühls, das einen nicht mehr loslässt, das Gemeinschaft und Zusammenhalt symbolisiert. Oder das schlicht „unendlich ist“.
Sportler hat Subotic einst sein Herz an den BVB verloren
Als Neven Subotic seine Worte wählt, ist er in Gedanken verloren, als müsse er jene Erinnerungen die er mit Dortmund verbindet erst tief im Verborgenen suchen. Dabei sind sie immer noch so präsent, als hätte der 30-Jährige sie erst gestern erlebt.
Als Sportler hat Subotic einst sein Herz an den BVB verloren. Als Profi des 1. FC Union ist er am Samstag (18.30 Uhr, Alte Försterei) aufgefordert, seinem Herzensverein im Kampf um die Meisterschaft ein Bein zu stellen.
"Das verbindet auf ewig, das geht auch nicht weg“
Doch jene knapp zehn Jahre von 2008 bis 2018, vielleicht die besten seiner Karriere, sind eben nicht ganz so einfach auszublenden. Jedenfalls nicht im Vorfeld dieser Partie. „Ein Teil meines Seins ist der BVB“, sagt Subotic. Wieder der Blick ins Leere, als er erklärt: „Weil ich da Momente erlebt habe, die wirklich nur eine Handvoll von Fußballern vielleicht jemals in ihrer Karriere erleben. Und das verbindet auf ewig, das geht auch nicht weg.“
Die Dankbarkeit ist nicht zu überhören, Teil jener Mannschaft gewesen zu sein, die eine neue Epoche der Dortmunder mit zwei Meistertiteln und dem Double 2012 eingeläutet hat.
Subotic, der Fußball-Romantiker
„Ich bin dem Verein, allem, was man gemeinsam erlebt hat, mit 600.000 Menschen in der Stadt als Überraschungsmannschaft die Meisterschaft zu feiern, den Spielern, mit denen ich das erleben durfte, absolut verbunden“, sagt der Innenverteidiger. Egal, ob man sich auf dem Platz trifft oder im Alltag.
Subotic, der Fußball-Romantiker. Das wird spätestens in jenem Augenblick deutlich, als er vom „emotionalsten Moment in meiner Karriere“ erzählt. „Also…“ sagt Subotic, muss selbst ein-, zweimal tief Luft holen, um sich nicht völlig von der Erinnerung übermannen zu lassen. „Ich habe so etwas noch niemals gesehen bei irgendeinem anderen Fußballer.“
29. April 2017: Ganz allein stand der 1,93-Meter-Mann vor der Südtribüne des Dortmunder Stadions, jener Gelben Wand, die ihn frenetisch feierte. In respektvollem Abstand spendeten die BVB-Profis ebenfalls artig Beifall. Dass Subotic damals das Trikot des 1. FC Köln trug, der ihn aus Dortmund ausgeliehen hatte – egal.
Das seltene Glück eines Fußball-Profis
„Das ganze Stadion steht hinter einem, das Stadion des Gegners. Als hätte ich allein die Meisterschaft gewonnen oder wäre zehn Meter groß. Ich war tatsächlich sprachlos. Das sind die Momente im Leben, die dir den Atem rauben“, erzählt Subotic: „Man sieht einfach die Wertschätzung. Das ist einzigartig. Da weiß man auch, was man in den Jahren geleistet hat. So oft hat man als Fan, aber auch als Fußballer nicht das Glück, so einen Moment zu erleben.“ Nachvollziehbar, wenn Grenzen überwunden werden oder sogar völlig verschwinden.
Subotic kennt das seit frühester Kindheit an. 1988 in Banja Luka im damaligen Jugoslawien geboren, zog es seine Familie zwei Jahre später zunächst in die Nähe von Pforzheim und später in die USA, um der drohenden Abschiebung nach Bosnien-Herzegowina zu entgehen. Es war 1999, Jugoslawien war durch den Balkankrieg längst zersplittert.
Diese Zeit hat Subotic geprägt, ihm jene Erdung mitgegeben, für die er so gemocht wird. Von den Fans, wenn er nach Unions Bundesliga-Premiere gegen RB Leipzig (0:4) mit der S-Bahn nach Hause fährt. Von den Kindern, wenn er sich für den Dortmunder Verein „Kinderlachen“ und damit für kranke und arme Kinder engagiert. Und von den Menschen in Afrika, wenn er dort über seine eigene Stiftung Brunnenbauprojekte generiert – ohne dabei selbst im Fokus zu sein.
Alle werden auf Subotic schauen
Das ist am Samstag kaum möglich. Natürlich werden die Augen auf Unions spektakulärsten Transfer gerichtet sein. Subotic sieht sich in der Lage, dies ebenso völlig auszublenden wie die emotionale Wucht, die der Gegner mitbringt.
„Das ist einfach ein Fußballspiel. Wir werden Dortmund nichts schenken. Ich will das Spiel gewinnen“, sagt er. Vielleicht noch ein wenig mehr als seine Teamkollegen bei Union. Subotic, der Profi. „Ich bin aber kein brutaler Spieler, der gegen diesen Gegner voll draufhaut. Ich habe immer meine Linie, die ich voll durchziehe: harte, aber faire Zweikämpfe.“
"Für mich als Unioner gilt es, auf eine Überraschung hinzuarbeiten"
Die vor allem wohl defensive Aufgabe gegen den selbsternannten Meisterschaftsanwärter nennt er „ein Abenteuer für uns. Wenn Jaden Sancho da mit 200 km/h angerannt kommt, Marco Reus tief geht oder Paco Alcácer auch noch seine Lücke sucht, können wir uns Fehler wie in Augsburg nicht erlauben. Unsere Chance ist nicht besonders hoch, aber es gibt sie. Für mich als Unioner gilt es, auf eine Überraschung hinzuarbeiten.“
Er selbst wird alles dazu beitragen, sieht sich nach seiner Monate langen Pause wegen einer Knieverletzung wieder bei 100 Prozent. Den Härtetest Augsburg „habe ich ohne Probleme abgeschlossen“.
Und nach dem Spiel? Ist er bereit für die nächste Huldigung aus dem Dortmunder (Gäste-)Block? „Ich weiß nicht, was mich erwartet“, sagt Subotic, „aber die besten Dinge im Leben passieren total ungeplant.“ Das Gefühl hat ihn fest im Griff.