Düsseldorf. Kevin Großkreutz trifft mit dem KFC Uerdingen auf seinen Herzensverein Borussia Dortmund. Für das Pokalspiel füllt er einen eigenen Fan-Block.
Kevin Großkreutz katapultiert sich gerne zurück an jenen Samstagabend im Juni, an dem es in seinem Wohnzimmer äußerst turbulent zuging. „Wir sind alle durchgedreht“, erklärt er. „Ich habe innerhalb von zwei Minuten 200 Whats-App-Nachrichten bekommen. Es hat sich ganz Dortmund gefreut.“
Nun ja. Ob wirklich ganz Dortmund Glücksgefühle entwickelt hat, sei dahingestellt. Zumindest werden aber selbst die härtesten Rationalisten diesem Samstagabend nicht die Fußball-Romantik absprechen können, als im Hause Großkreutz die Auslosung der ersten Runde des DFB-Pokals auf dem Fernsehbildschirm flimmerte und Großkreutz aktuellem Verein, dem Drittligisten KFC Uerdingen, in der ersten Runde des DFB-Pokals tatsächlich Borussia Dortmund zugelost wurde. Dadurch darf der 31-Jährige nach vielen Irrungen und Wirrungen in seiner Karriere am Freitag (20.30 Uhr/Sport 1 und Sky) noch einmal gegen seine große Vereinsliebe antreten. Eine beinahe schon kitschige Geschichte.
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Deswegen sitzt Großkreutz am Mittwoch in Düsseldorf extra gemeinsam mit Trainer Heiko Vogel auf der Pressekonferenz vor dem Spiel. Zahlreiche Medienvertreter wollen mit dem gebürtigen Dortmunder über diese besondere Begegnung sprechen, die Großkreutz dann auch mit gefühlsschweren Worten untermalt. „Ich bin seit meiner Kindheit BVB-Fan“, sagt er. „Ich möchte den Klub ein bisschen ärgern, aber danach werde ich weiter Fan sein.“ Und: „Es sind nach Dortmund sehr viele Karten gegangen. Ich habe 200 organisiert. Eigentlich habe ich einen eigenen Block.“
Dieser Großkreutz‘sche Familienblock muss am Freitag ins Stadion von Fortuna Düsseldorf pilgern. Dorthin weicht der Drittligist aus Krefeld seit dieser Spielzeit aus, da die eigene Spielstätte den Anforderungen nicht genügt. Dafür wurden schon jetzt mehr als 30.000 Karten verkauft. Für den Klub, der vom umstrittenen Präsidenten Mikhail Ponomarev regiert wird, ist die Partie der Höhepunkt der jüngsten Vereinsgeschichte. Der BVB wiederum kann sich gegen den Außenseiter nur blamieren.
Aber: „Als ich das Los Uerdingen gesehen habe, habe ich natürlich gleich an Kevin gedacht“, erklärt Sebastian Kehl, Leiter der BVB-Lizenzspielerabteilung, der mit Großkreutz noch gemeinsam auf dem Rasen stand. „Wir haben hin und her geschrieben“, sagt Kehl, „er will das Spiel sicherlich nehmen, um sich noch mal zu zeigen. Im Nachgang wird er dann bei uns in der Kabine sein.“
Unter Tuchel war Kevin Großkreutz unzufrieden
Dabei gehört bei all der Verbundenheit zur Wahrheit, dass Kevin Großkreutz den BVB 2015 nicht ohne Wirbel verlassen hatte. Die Verantwortlichen störten sich damals daran, dass sich der Weltmeister von 2014 öffentlich über seine Situation unter dem damaligen Trainer Thomas Tuchel beklagt hatte. Großkreutz war gekränkt, wechselte in die Türkei zu Galatasaray Istanbul – und stolperte von da an durch seine Karriere.
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In Istanbul blieb er nur ein halbes Jahr. Beim VfB Stuttgart flog er 2017 raus, nachdem er nach einer Partynacht mit Jugendspielern am nächsten Tag im Krankenhaus aufwachte. Das Jahr beim Zweitligisten SV Darmstadt verlief durchwachsen. Seit dem Sommer 2018 ackert Großkreutz nun nur noch als Rechtsverteidiger in der Dritten Liga, während auf seiner Schulter immer noch seine gewonnenen Trophäen (Meisterschale, DFB-Pokal, WM-Pokal) als Tattoos prangen.
Wer will, kann seinen Karriereverlauf als Abstiegsgeschichte erzählen, in der sein problematisches Verhalten auf und neben dem Platz zu Schwierigkeiten führte. Selbst das Pokalspiel gegen den BVB drohte er zu verpassen, weil der DFB gegen ihn wegen einer Tätlichkeit am vergangenen Spieltag ermittelte, am Ende jedoch nur eine Sperre für die Dritte Liga (vier Partien) aussprach.
Das Maximale herausgepresst
Vielleicht hat Großkreutz aber bislang auch einfach das Maximale aus seiner Laufbahn herausgepresst. Er selbst klammert sich jedenfalls lieber an das Erreichte. Katapultiert sich zurück in die Zeit, als er im Trikot seines Herzensvereins die Deutsche Meisterschaft (2011) und das Double (2012) feierte. „Größer geht es nicht“, sagt er und ergänzt: „Das nimmt mir keiner mehr.“