Dortmund. . Der BVB überzeugt gegen die Augsburger in der Offensive. Zweimal holt das Team von Trainer Lucien Favre einen Rückstand auf

Seite an Seite mit seinem Bruder Felix stieg Mario Götze die Treppen herauf vom Rasen des Dortmunder Stadions dorthin, wo die Mannschaftskabinen sind. Mario, der sechs Jahre ältere, hatte das Trikot seines Bruders übergezogen, und während er nun an den Journalisten vorbei lief, zeigte er grinsend auf die Rückennummer und flachste: „Das ist der wahre Götze.“

Ein kleiner Seitenhieb, hatte der 26-Jährige doch vor dem Spiel von Borussia Dortmund gegen den FC Augsburg immer wieder lesen müssen, dass ein Bruder bislang mehr Bundesligaminuten und mehr Tore auf dem Konto habe – kein Wunder, bei Mario Götze hatte bis Samstagnachmittag bei beiden Werten eine Null gestanden. Weil sich beides gegen Augsburg änderte, war die blendende Laune Götzes gut zu erklären: In der 77. Minute hatte ihn Trainer Lucien Favre eingewechselt. Und sieben Minuten später bediente ihn Achraf Hakimi rechts im Strafraum. Ballannahme mit links, Schuss mit rechts – und dann kochten die Emotionen über: Denn Götze, der so lange außen vor gewesen war, der zuletzt nicht einmal zum Kader gehörte, hatte das Tor zum 3:2 erzielt, den vermeintlichen Siegtreffer in der 84. Minute. Daraus wurde nicht, weil sowohl Augsburg als auch Dortmund noch einmal trafen und es am Ende 4:3 (0:1) hieß. An Götzes guter Laune änderte das natürlich nichts.

Beste Stimmung bei Borussia Dortmund

Auch die übrigen Dortmunder waren bester Stimmung, wenngleich nicht alle fassen konnten, was sie in den gut 96 Minuten auf dem Platz zuvor erlebt hatten. „Durchgeschwitzt, Gänsehaut, zwischendurch geärgert -- es war alles dabei heute“, rekapitulierte Sebastian Kehl, der Leiter der Lizenzspieler-Abteilung.

Rückstand, Ausgleich, erneuter Rückstand, Führung, Ausgleich – schon bis in die Nachspielzeit hatte die Partie fast alles geboten, was den Pulsschlag nach oben treibt. Aber den Höhepunkt hatte sie sich bis ganz zuletzt aufgehoben: Die reguläre Spielzeit war längst abgelaufen, da pfiff Schiedsrichter Markus Schmidt noch einmal Freistoß. Raphael Guerreiro schnappte sich den Ball, aber Paco Alcácer, der vom FC Barcelona gekommene Stürmer schickte ihn weg, lief an – und schoss den Ball aus 25 Metern direkt neben den Pfosten ins Tor. Das 4:3 in der 96. Minute, das endgültig alle Dämme im Stadion brechen ließ. „Viel mehr geht nicht an Emotionen, ich habe das Stadion selten so kochen sehen“, schwärmte Sportdirektor Michael Zorc.

Augsburg bereitet Dortmund massive Probleme

Im Taumel des späten Siegtreffers konnte durchaus in Vergessenheit geraten, dass die Dortmunder mit diesen Augsburgern massive Probleme hatten und dass das Spiel eigentlich keinen Sieger verdient hatte. Der BVB kontrollierte das Spiel zwar zunächst, gewann mehr Zweikämpfe, hatte mehr Ballbesitz – und ging doch mit einem 0:1-Rückstand in die Pause: Der frühere Schalker Jugendspieler Philipp Max schlug einen Freistoß in den Strafraum, im Getümmel prallte der Ball von Dan-Axel Zagadous Oberschenkel zu Alfred Finnbogason, der Roman Bürki tunnelte und zur Führung traf (22.). Die Dortmunder monierten, dass dem ein Foul an Reus vorangegangen war, doch der Schiedsrichter war anderer Ansicht.

Es dauerte, bis den Dortmundern gegen die aggressiven, dabei aber durchaus spielstarken Augsburger eine passende Antwort einfiel, und wieder einmal kam diese von der Bank: Nach 57 Minuten kam Alcácer für den schwachen Maximilian Philipp, nach 62 Minuten schon traf er nach feiner Vorarbeit von Axel Witsel und Jadon Sancho zum 1:1. Zwar ging Augsburg umgehend wieder in Führung, weil Max eine lange Dortmunder Fehlerkette bestrafte (71.). Doch erneut hatte Alcácer die passende Antwort: Einen Freistoß des ebenfalls eingewechselten Raphael Guerreiro drosch er ins Tor (80.).

Mario Götze: Einwechslung und Tor

Es folgte Götzes Treffer, der der emotionale Höhepunkt dieses packenden Spiels hätte sein können, doch Michael Gregoritsch glich per Kopf zum 3:3 aus (87.).

Und so war Alcácer die irre Schlusspointe vorbehalten, der seine Treffer Nummer vier, fünf und sechs in nur drei Bundesligaspielen und gerade einmal 81 Spielminuten erzielte. „Paco ist ein einmaliger Spieler“, staunte Torhüter Bürki. „Der kommt nicht umsonst vom FC Barcelona, das hat er auch heute wieder gezeigt.“

Nicht zuletzt deswegen gehen die Dortmunder als Tabellenführer in die Länderspielpause.