Dortmund. Der Vorstandsvorsitzende von Borussia Dortmund wendet sich an die Mitarbeiter im Verein und stellt „nullneun“ Thesen für einen neuen BVB auf.

Hinter Borussia Dortmund liegen turbulente Monate. Im vergangenen Sommer trennte sich der Fußball-Bundesligist von seinem erfolgreichen, aber unbequemen Trainer Thomas Tuchel. Der Nachfolger Peter Bosz durfte wegen Erfolgslosigkeit auch nicht allzu lange wirken, mit Peter Stöger erreichte die Mannschaft zwar am Ende der vergangenen Saison die Champions League, die Spielweise war aber nicht den Fans zu vermitteln. Dazu gab es noch die beiden geräuschvollen Abgänge von Ousmane Dembélé zum FC Barcelona und von Pierre-Emerick Aubameyang zum FC Arsenal.

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Genug Tohuwabohu, das der Vorstandsvorsitzende Hans-Joachim Watzke zum Anlass nahm, den Mitarbeitern des BVB einen Brief zu schreiben. In dem mit neun Punkten klar umrissen wird, wie alle Angestellte im Verein wieder enger zusammenrücken und den häufig enttäuschten Fans neuen Spaß an Schwarz-Gelb vermitteln können. Was offenbar auch gut ankam.

Die Sport-Bild hat dieses vierseitige Schreiben nun veröffentlicht. Watzkes Botschaft in den einleitenden Worten: Wir haben Schlüsse gezogen und Veränderungen vorgenommen. Unser gemeinsames Ziel ist, dass der BVB 2018/19 auf und neben dem Platz wieder ein anderes Gesicht zeigt. Das wahre BVB-Gesicht.“ Mit „nullneun“ Ansätzen will Watzke dieses Ansinnen erreichen.

Erstens: Wir wissen, woher wir kommen und wohin wir wollen!

Angesprochen ist damit die Kontinuität im Verein, die Watzke und Sportdirektor Michael Zorc seit vielen Jahren in ihren jeweiligen Positionen darstellen. Watzke schreibt, man habe den Reset-Knopf gedrückt, ohne jetzt einen kompletten Neustart hinlegen zu müssen: „Wir fangen nicht – wie im Frühjahr 2005 – bei null an, sondern nehmen die Neujustierung auf einem stabilen Fundament vor.“

Zweitens: Unsere Strahlkraft ist ungebrochen. Deshalb sind wir selbstbewusst. Nicht selbstgefällig!

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Watzke ist der Meinung, dass der BVB für entwicklungsfähige Talente noch immer eine der ersten Adressen im europäischen Fußball ist. Als Beispiele führt er unter anderem Manuel Akanji, Jadon Sancho, Neuzugang Abdou Diallo und Sergio Gomez an. „Wir haben allen Grund, selbstbewusst zu sein. Keinen Grund gibt es hingegen, selbstgefällig zu werden. Vielmehr sollen und werden wir künftig jederzeit selbstkritisch hinterfragen, ob wir richtige Entscheidungen getroffen, die richtigen Maßnahmen eingeleitet haben.“

Drittens: Wir haben ein klares und realistisches Erwartungsmanagement

Der BVB-Boss erinnert nur zu gerne an die Meisterschaften, DFB-Pokalsiege und die Finalteilnahme in der Champions League 2013. Dadurch seien Erwartungen extern und intern gewachsen, aber: „Lasst uns realistisch bleiben“, schreibt Watzke. „Die kontinuierliche Teilnahme an der Champions League ist unser wichtigstes Ziel.“

Viertens: Erfolg ist nicht kopierbar, sondern das Ergebnis harter Arbeit

Es ist der Versuch, mit der Vergangenheit abzuschließen. Mit dem Ballbesitzfußball unter Thomas Tuchel, dem hohen Pressing unter Peter Bosz, der defensiven Ausrichtung unter Peter Stöger. Watzkes Worte gelten wohl vor allem dem neuen Trainer Lucien Favre: „Wir möchten beim BVB perspektivisch eine eigene Spielphilosophie, eine klare Identität, einen unverkennbaren Spielstil umsetzen.“

Fünftens: Wir haben uns strukturell und personell neu aufgestellt!

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Neue Impulse benötigt nicht nur das kickende Personal, sondern auch die Führungsetage. Die sollen von Matthias Sammer als externem Berater, von Sebastian Kehl als neuem Leiter der Lizenzspielerabteilung und von Carsten Cramer als zum Geschäftsführer beförderten Marketing-Strategen kommen. Watzke schließt für die Zukunft Reibungsverluste aus und kündigt an: „Der Fußball als tägliche Arbeit muss wieder in den Mittelpunkt rücken.“

Sechstens: Wir wollen einen neuen Spirit kreieren!

Im Kern meint Watzke damit, dass wieder eine Mannschaft und nicht eine Ansammlung von elf Individualisten auf dem Platz stehen müsse, um das Vertrauen der Fans auf den Tribünen zu gewinnen. Bei den Neuzugängen Abdou Diallo, Thomas Delaney und Marius Wolf habe man daher neben den spielerischen Fähigkeiten auch besonderen Wert auf die Charakterzüge gelegt. Watzke: „Wir wünschen uns wieder mehr Typen, die ein Team zusammenhalten und führen.“ Und: „Die Interessen der Mannschaft stehen über Einzelinteressen.“

Siebtens: Wir gehen ein Stück zurück zu unseren Wurzeln!

Auch wenn die Erfolge der Vergangenheit nicht reproduzierbar seien, geben die letzten Jahre doch auch genügend Anlass, sich darauf zu besinnen. Watzke: Wir gehen ein Stück zurück zu unseren Wurzeln, um sportlich wieder ein Stück nach vorne zu kommen. Unsere Grundwerte wie Leidenschaft, Loyalität, Identifikation, Ehrlichkeit, harte Arbeit, Bodenständigkeit, Teamfähigkeit und Solidarität sollten künftig wieder unser Handeln leiten.“

Achtens: Wir brauchen ein wenig Geduld, um wieder viel Spaß zu haben!

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    Zu voreilig dürfe man nicht großen Erwartungen sein, erklärt Watzke: „Der erste Schritt ist: wieder Ruhe in den Verein zu bringen. Schritt zwei: Wir müssen ein wenig Geduld aufbringen, um dann – Schritt drei – hoffentlich wieder umso mehr Spaß miteinander und an unserem Team zu haben.“ Der BVB müsse wieder Schlagzeilen auf dem Platz produzieren, mit Nebenschauplätzen „hören wir unverzüglich auf“.

    Nullneuntens: Wir werden die emotionale Klammer wieder fest zusammendrücken.

    Watzkes Abschlussversprechen an die Fans: „Der BVB steht für Emotion und Leidenschaft, für ehrliche Leistung und Echte Liebe, In der vergangenen Saison haben wir es zu selten geschafft, den Fußball zu spielen, den unsere Anhänger mit Recht von uns erwarten. Fußball, der nach Schweiß riecht. Wir als Verantwortliche sind absolut sicher, dass der Funke in der neuen Saison wieder überspringt und die neu formierte Mannschaft neue Begeisterung auslöst.“ (ab)