Dortmund. Nach der 1:2-Niederlage gegen Salzburg fand BVB-Kapitän Marcel Schmelzer deutliche Worte – und kritisierte vor allem die Einstellung der Spieler.
Nach der blamablen 1:2-Niederlage gegen den FC Salzburg hat Kapitän Marcel Schmelzer ausführlich über die Situation bei Borussia Dortmund gesprochen.
Marcel Schmelzer, vor dem Spiel waren bei Borussia Dortmund Engagement, Leidenschaft und Kampfkraft die großen Themen. War davon bei diesem 1:2 gegen den FC Salzburg zu wenig zu sehen?
Marcel Schmelzer: Zu wenig ist noch positiv ausgedrückt. Das war fast nichts. Und das macht es so schade. Wir hätten es uns einfacher machen können, wenn wir einfach nur die Hälfte der Leidenschaft oder der Energie gebracht hätten, die wir in Leipzig gezeigt haben. Jetzt haben wir es umso schwerer im Rückspiel, das haben wir uns selbst eingebrockt.
Vor der Halbzeitpause hat Salzburg einige gute Chancen gehabt, Sie hätten gewarnt sein müssen. Statt mit neuer Aggressivität kamen Sie aber eher noch schwächer aus der Kabine.
Schmelzer: Das Problem war, dass wir es zugelassen haben, dass der Gegner mutiger geworden ist. Hätten wir so weitergemacht wie in den ersten 15 Minuten und uns eventuell auch mal eine Chance herausgearbeitet, wäre es einfacher geworden. Aber wir haben auch zu viele Gelegenheiten liegen gelassen, die eine Chance hätten werden können, wenn wir sie zu Ende gespielt hätten. Da fehlt uns momentan sehr viel Präzision, gerade im letzten Pass, um auch mal in den Sechzehner und gefährlich vors gegnerische Tor zu kommen.
Es war ja nicht das erste schwächere Spiel in letzter Zeit, wir alle suchen nach Erklärungen. Sind Sie der Lösung schon näher?
Schmelzer: Wir tun uns momentan sehr schwer, schönen Fußball zu spielen, das stimmt. Bislang haben wenigstens die Ergebnisse gestimmt, weshalb man vielleicht nicht ganz so kritisch sein musste. Aber wir haben trotzdem darüber gesprochen, dass wir viel bessere Lösungsansätze haben wollen und viel besser spielen wollen. Aber heute hat es erst einmal an den Eigenschaften gelegen, die am Anfang genannt wurden: Engagement, Leidenschaft, Kampfkraft. Die haben uns beim 1:1 in Leipzig so gut aussehen lassen. Und wenn du das in der Europa League nicht zeigst, siehst du so doof aus, wie wir heute ausgesehen haben. Wir müssen das jetzt selbst wieder auslöffeln. Das wird ganz schwer auswärts, aber das ist unsere eigene Schuld.
Wie sehen Sie die Chancen für das Rückspiel?
Schmelzer: Das wird sehr, sehr schwierig. Vor allem, wenn wir so auftreten, wie wir es heute getan haben. Es wird jetzt am Wochenende schon ein ganz schwieriges Spiel werden gegen Eintracht Frankfurt, die eine sehr robuste Mannschaft sind und vor Selbstvertrauen strotzen. Vielleicht kommen die sogar zur richtigen Zeit, aber wir müssen hellwach sein, sonst wird es ein ähnliches Spiel wie heute. Und das müssen wir auf jeden Fall verhindern.
Hier und da wurde schon vom Finale gesprochen. Stört das vielleicht in so einem Spiel?
Schmelzer: Ich habe ja nicht vom Finale gesprochen.
Andere schon.
Schmelzer: Auch aus der Mannschaft? Dann war das heute für die ein ganz gutes Lehrbeispiel, dass man nicht so viel darüber sprechen sollte, sondern erst einmal in den einzelnen Runden sehr viel dafür geben muss. Ich war schon sehr oft im Europapokal dabei und stand erst einmal in einem Endspiel. Das war ein sehr hartes Jahr und trotzdem haben wir es dahin geschafft. Jede Runde, jedes Spiel ist schwierig, gerade international. Deswegen sollte man den Fokus erstmal darauf legen, anstatt vom Finale zu sprechen.
Der BVB war in den vergangenen Jahren vor allem im eigenen Stadion stark. Inzwischen fehlt diese Heimstärke. Warum?
Schmelzer: Das ist wirklich schade, dass wir gerade bei Heimspielen momentan wirken, als fehlte uns das Selbstvertrauen, das uns eigentlich ausgemacht hat, gerade hier zu Hause. Es ist eine schwierige Situation. Wir spielen keinen guten Fußball, dann sind die Zuschauer auch unzufrieden. Uns hat früher ausgemacht, dass wir aus solchen Situationen gemeinsam rausgekommen sind, dass die Zuschauer uns unterstützt haben während des Spiels. Nach dem Spiel kann man Unverständnis immer verstehen oder Unzufriedenheit. Dahin müssen wir wieder kommen, dass wir da gemeinsam rauskommen. Wir müssen den Leuten wieder zeigen, dass wir gewillt sind, das ist unsere Aufgabe. Und dann hoffe ich, dass wir da gemeinsam rauskommen.
Salzburg hatte heute eine klare spielerische Identität. Sie hatten in diesem Jahr zwei Trainerwechsel. Macht es das schwieriger, so einen klaren Plan einzustudieren und umzusetzen?
Schmelzer: Natürlich ist es schwierig, wenn in so kurzer Zeit drei Trainer aufeinander folgen, die Philosophie sofort anzunehmen. Aber ich möchte keine Ausreden suchen für das heutige Spiel, in Leipzig haben wir ja auch gezeigt, dass es geht. Wir Spieler müssen halt mal anfangen, wir standen heute auf dem Platz. Und es hat an den Dingen gelegen, die am Anfang aufgezählt wurden, Engagement und Leidenschaft. Danach kann man immer noch davon sprechen, dass wir besser und schöner spielen wollen. Aber die Ergebnisse sind erst einmal das Wichtige und das hat heute auch nicht geklappt.
Nach dem 0:2 haben Sie sich vehement beim Schiedsrichter beschwert. Wurden Sie gefoult?
Schmelzer: Das war ein ganz klares Foul. Der Vierte Offizielle hat das dem Schiedsrichter auch so gesagt. Aber der hat es anscheinend besser gesehen aus der Ferne.
aufgezeichnet in der Mixed Zone von Sebastian Weßling