Dortmund. . Der Abwehrspieler findet in Dortmund nach und nach wieder zu alter Stärke. Das hilft auf dem Platz – und im Vertragspoker mit seinem Nebenmann Sokratis.

Auch in einem globalisierten Geschäft wie dem Profifußball kann Nähe hilfreich sein: Als Peter Stöger noch Trainer des 1. FC Köln war, spielte praktisch vor seiner Haustür in Leverkusen der Verteidiger Ömer Toprak. Stöger sah ihn sehr oft spielen, er war beeindruckt – und wusste nur zu gut, dass er als Köln-Trainer einen Spieler dieser Qualität nie zu seinem Kader zählen würde. Doch die Wege im Fußball sind manchmal seltsam und so landete der Trainer Stöger im Dezember bei Borussia Dortmund, wo der Spieler Toprak schon war.

Freude in Leverkusen

Allerdings hatte der Dortmunder Toprak mit dem aus Leverkusen nicht allzu viel zu tun: Nervös und fahrig agierte der Innenverteidiger meist, immer wieder ließ er sich leicht ausspielen und hatte Probleme im Stellungsspiel. Ranghohe Funktionäre von Bayer Leverkusen betonten bei Treffen mit Journalisten hinter vorgehaltener Hand, welch gutes Geschäft sie doch gemacht hatten: Toprak für zwölf Millionen Euro zum BVB abzugeben und Sven Bender für 12,5 Millionen Euro zu bekommen. In Dortmund ließ man derweil immer wieder durchblicken, dass ja der zwischenzeitlich entlassene Thomas Tuchel die treibende Kraft hinter dem Transfer war.

Stöger aber erinnerte sich an jenen Toprak, den er vor seiner Haustür hatte spielen sehen. Genau das vermittelte er dem 28-Jährigen in mehreren Einzelgesprächen – und machte ihn zum Stammspieler. Seitdem läuft es bei Toprak. „Natürlich war das erste halbe Jahr nicht einfach für mich“, sagt der. „Aber ich habe wieder ein gutes Gefühl auf dem Platz, seit dem Trainerwechsel darf ich fast immer spielen. Für uns als Mannschaft geht es in die richtige Richtung und für mich auch.“

Solide im besten Sinne des Wortes

Toprak gewinnt nun verlässlich seine Zweikämpfe, er bremst gegnerische Angriffe und er macht so gut wie keine Fehler – er spielt solide im besten Sinne des Wortes. Beim 1:1 gegen RB Leipzig war er einer der Besten auf dem Platz. Und in der Kabine, so erzählen es die Mitspieler, begegnet ihnen ein Toprak, der mehr Spaß hat, mehr lacht und weniger den Kopf hängen lässt.

Ein Grund ist das System des neuen Trainers, der deutlich defensiver als sein Vorgänger Bosz agieren lässt – da sehen vor allem die Abwehrspieler besser aus. Ein weiterer ist der Zuspruch des Trainers. „Wir haben gesagt, wir schenken ihm Vertrauen, in der Hoffnung, dass er sein Potenzial abruft“, sagt Stöger und betrachtet das Unternehmen als gelungen. „Für mich ist das, was er jetzt spielt, der Level, den er hat“, meint der Trainer. „Das heißt, er hat keine Entwicklung genommen, sondern er spielt jetzt sein Potenzial aus.“

Das freut auch die Klubbosse. Toprak hat ihnen unverhofft ein deutlich stärkeres Blatt im Vertragspoker mit Innenverteidiger Sokratis verschafft. Dessen Vertrag läuft 2019 aus, und bis vor einigen Wochen stand Sportdirektor Michael Zorc in dieser Personalie durchaus unter Druck. Denn der Grieche galt, obwohl auch er eine Saison deutlich unter seinen Möglichkeiten spielte, bis Winter als unverzichtbarer, unantastbarer Abwehrchef. Als einer, mit dem man unbedingt und möglichst schnell verlängern muss – und der daher die Bedingungen diktieren kann.

Verlängern will der BVB noch immer, einen ersten Austausch zwischen den Beteiligten hat es auch schon gegeben. Doch die Rahmenbedingungen haben sich gewandelt. Weil in Manuel Akanji im Winter ein weiterer starker Abwehrspieler hinzukam. Und weil eben Toprak zu neuer alter Form gefunden hat. Auch im Europa-League-Spiel gegen den FC Salzburg am Donnerstag (19 Uhr/Sky) wird er in der Anfangsformation stehen – für ihn allerdings nur ein Zwischenschritt: „Ich hoffe, dass wir noch sehr viele Europapokalspiele haben und am Ende im Finale in Lyon stehen“, kündigt er an.
Selbstbewusstsein ist inzwischen genug vorhanden.