Essen. Die Website “WahreTabelle.de“ korrigiert alle Schiedsrichter-Fehler nachträglich. Ohne Fehlpfiffe hätte Borussia Dortmund sechs Punkte mehr.
Nach acht Bundesliga-Spieltagen ohne Sieg musste Peter Bosz als Trainer bei Borussia Dortmund seinen Hut nehmen. Einige Gründe für den Absturz wurden in der Öffentlichkeit genannt. Das falsche Spielsystem. Die vielen verletzten Spieler. Individuelle Abwehrfehler. Mangelhafte Fitness. Oder einfach nur: Pech im Spiel.
Ein Grund wurde nie genannt: die Leistung der Schiedsrichter.
Nun überraschte das Internetportal „WahreTabelle.de“ mit eben dieser Erkenntnis: Ohne Schiedsrichter-Fehler stünde der BVB auf Tabellenplatz zwei bestens da.
Bereinigt man nämlich die offizielle Bundesliga-Tabelle um die schlimmsten Fehler der Unparteiischen, hätten die Schwarz-Gelben nach 15 Spieltagen 28 Punkte auf der Habenseite – sechs mehr als jetzt.
Der BVB wäre Zweiter statt Achter und damit als Bayern-Jäger Nummer eins voll im Soll. RB Leipzig, zurzeit Tabellenzweiter, wäre auf Rang sechs.
15 Experten bewerten alle Pfiffe
Die Erhebungen auf der Website „WahreTabelle.de“ ist keine Spinnerei. 9000 Fußballfans haben als Community-Mitglieder ein 15-köpfiges Kompetenzteam gewählt, das Spieltag für Spieltag die Schiedsrichter-Entscheidungen analysiert und die falschen Pfiffe aus dem Resultat herausrechnet. Aus dem Experten-Urteil ergibt sich eine neue bereinigte Tabelle, die sie als „Wahre Tabelle“ feiern und jede Woche im Internet veröffentlichen.
„Der BVB ist für uns der Hauptaspekt der Vorrunde“, sagt der Redakteur Carsten Germann und kann spontan auf zwei Benachteiligungen für Borussia Dortmund in der Hinrunde verweisen.
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Der eine Fehler unterlief Schiedsrichter Benjamin Cortus am 3. Spieltag beim 0:0 in Freiburg, als er in der letzten Spielminute keinen Strafstoß nach Pascal Stenzels Foul an Lukasz Piszczek pfiff.
Der andere Fehler passierte Schiedsrichter Robert Hartmann beim 1:1 am 14. Spieltag gegen Bayer Leverkusen. „Für uns hat Bayers Jonathan Tah in der Nachspielzeit André Schürrle elfmeterreif gefoult“, so Germann. „Wir haben die Partie 2:1 für Dortmund gewertet. Bei einer Quote von 80 Prozent verwandelter Strafstöße in der Liga halten wir es für legitim, Strafstöße als Tor zu werten.“
Dazu kamen Punktverluste beim 2:3 gegen RB Leipzig (falscher Elfmeterpfiff nach einem Sokratis-Zweikampf gegen Augustin) und beim 1:2 in Stuttgart (Yarmolenko-Tor fälschlicherweise aberkannt).
Nur Fakten zählen
„Man kann davon ausgehen, dass Peter Bosz wohl heute noch im Amt wäre“, meint Germann, der zwar selbst ein BVB-Fan ist, aber nur Fakten bewertet wissen will. So werden Ergebnisse nur nach folgenden gravierenden Fehlern verändert: Ein Tor wird aus einer Abseitsposition erzielt oder wegen einer falschen Abseitsentscheidung nicht gegeben, dem Treffer geht ein Foul voraus, oder ein ungerechtfertigter Straf- oder Freistoß führt zu einem Tor. „Die Einführung des Videobeweises hat nach unseren Erfahrungswerten nicht viel verändert. Das hatten wir anders erwartet“, zeigt sich Germann erstaunt. „Uns ist nicht langweilig, im Gegenteil: Der Videobeweis hat die Diskussionen noch befeuert, besonders wegen seiner chaotischen Anwendung.“
Szenen wie die beim nicht gegebenen Strafstoß für Mönchengladbach wegen Oscars Wendts Foulspiel am Schalker Daniel Caligiuri an der Außenlinie hätten für sein Kompetenz-Team „zur größten Gewichtungsänderung seit Jahren“ geführt. Nun müssten weitere Spielszenen in Betracht gezogen werden. Germann: „Auf so etwas haben wir früher nicht geachtet.“
So gerät die Tabelle nach den Korrekturen gehörig durcheinander. Der FC Augsburg zum Beispiel wäre als Vierter auf Kurs Champions League. Andersherum der VfB Stuttgart: Der Aufsteiger hätte vier Punkte weniger und stünde auf dem Abstiegsplatz 17.
Seit elf Jahren gibt es die Website „WahreTabelle.de“ inzwischen. Die Korrekturen führen immer wieder zu heftigen Diskussionen in der Fangemeinde. „In der Vorsaison wäre Schalke 04 als Tabellen-Fünfter in die Europa League eingezogen“, weiß Germann noch.
2009 ein anderer Meister
Einmal ergaben die Korrekturen sogar einen anderen Meister. „Wir sind ein würdiger Meister“, behauptete Marcel Schäfer beim VfL Wolfsburg 2009. Weit gefehlt: Laut „WahreTabelle.de“ hätte der Sensationsmeister nur Rang drei belegt – hinter dem VfB Stuttgart. Die Meisterschale wäre erneut zum FC Bayern gegangen.