Dortmund. Nicht nur die Verspätungen waren schuld, dass Borussia Dortmund den Torjäger suspendiert hat. Auslöser war ein Videodreh im Trainingszentrum.

  • Pierre-Emerick Aubameyang ist beim BVB nicht nur wegen Verspätungen beim Training suspendiert worden
  • Am Tag vor dem Abschlusstraining drehte Aubameyang Videos mit einem Red Bull-Star am Trainingszentrum
  • Borussia Dortmund will den Vorfall in der derzeitigen heiklen Situation nicht weiter kommentieren

Kein Fußballtrainer dieser Welt, der einigermaßen bei Verstand ist, würde seinen besten Torjäger grundlos und mitten in einer Krise suspendieren. Borussia Dortmund hat das getan - aus gutem Grund.

Man darf also davon ausgehen, dass Pierre-Emerick Aubameyang etwas ausgefressen haben muss, das seinen Trainer auf die Palme treibt.

Gehen wir mal logisch vor. Verspätungen beim Training können nicht alleine der Grund gewesen sein. Erstens: Aubameyang ist selten pünktlich; beim BVB kennt man ihn seit 2013 nicht anders. Zweitens: Würde Peter Bosz auf eine solche Verspätung überreagieren, wäre er selbst entblößt. Eine Suspendierung allein wegen Zuspätkommens würde nämlich in aller Öffentlichkeit dokumentieren, wie nervös und angespannt der Trainer wäre. Bosz versucht, genau das Gegenteil zu demonstrieren: Alles beim BVB wird irgendwie gut, wenn man nur ruhig und sachlich bleibt.

Da passt Aubameyangs Freistellung nicht ins Bild. Sicherlich nervt es Trainerstab und Mitspieler, wenn der Mann aus Gabun Sonderrechte für sich reklamiert und seine Verspätung bei jedem zweiten Training mit fadenscheinigen Gründen entschuldigt. Aber deswegen eine Suspendierung?

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Bleiben wir in der Logik des Trainers. Er weiß um die Gefühlslage der Mannschaft, die verbissen einen Weg aus ihrem Leistungstief sucht. Seine besten Spieler kehren von ihren Länderspielen zurück und möchten jetzt die Serie von vier sieglosen Spielen mit 7:12 Toren beenden.

Und dann ist da einer aus den eigenen Reihen, der rumspinnt. Der so laut lacht, dass man ihm jede Fokussierung auf die BVB-Lage absprechen muss. Der auf Instagram ein Leben zelebriert, das alles Mögliche im Mittelpunkt zu haben scheint — nur nicht Leistungssport.

Dann sitzen diese Mitspieler in der Umkleidekabine und schauen ihren Trainer an: Wie lange will er sich das gefallen lassen, dass da einer nicht mitzieht? So denken Fußballspieler nicht nur in der Bundesliga. Da unterscheiden sich Profis nicht von Spielern in der Bezirks- oder Regionalliga.

Videodreh am Tag vor dem Abschlusstraining

Die Vorwürfe an Aubameyang werden nicht grundsätzlich schwerwiegend gewesen sein. Sonst wäre er nicht nur für ein Spiel rausgeworfen worden. Aber doch so gravierend, dass Bosz nicht anders handeln konnte. Er musste den Spielern ein Zeichen setzen, wo seine Grenze liegt.

Zuletzt umgab Aubameyang ein auffallendes Klientel. Er posierte auf Instagram mit Sean Garnier, einem Athleten von der Getränkefirma „Red Bull“. Selfies am Spielfeldrand: Das ist nichts Schlimmes. Zur Eskalation kam es am Tag vor dem Abschlusstraining.

Immer wieder wurde die Stimmung dadurch aufgeheizt, dass Aubameyang zu spät beim Training erschienen war und sich aus der Verantwortung winden wollte. Dann tauchte ein Bulli mit einem Videoteam auf. Ein halbes Dutzend Leute sprang heraus und drang ins Allerheiligste des Trainingszentrums in Dortmund-Brackel ein.

Die Fremden hatten nur eines im Sinn: Mit Aubameyang ein Video zu drehen. Offensichtlich für den Red-Bull-Star, wie Instagram-Postings nahelegen. Der Zeitpunkt jedenfalls: maximal schlecht. Die Kulisse: maximal provozierend. Das Mannschaftsquartier ist bei jedem Bundesliga-Klub heilig.

Man muss sich das so vorstellen: Alle bei Borussia Dortmund denken an das wegweisende Auswärtsspiel am Freitag beim VfB Stuttgart — und Aubameyang dreht lustige Videos. Nicht irgendwo — sondern dort, wo nur der innerste Zirkel hindarf.

Aubameyang ignorierte alle Bedenken. „We shared a funny moment today“, hatte er bei Instagram geschrieben. „Wir hatten einen lustigen Tag miteinander.“ Er war offenbar so begeistert vom Dreh mit Red Bull, dass er diese Glücksgefühle drei Stunden lang haben wollte. Im Trainingszentrum.

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Sean Garnier feierte sich auf Instagram dafür, dass er „das Privileg hatte, mit Aubameyang im Trainingszentrum zu filmen“. Er hätte „niemals vermutet, dass sich ein Fußballspieler so viel Zeit nehmen würde“. Seine Ankündigung: Das Video wird zeitnah veröffentlicht.

Garnier ist Fußball-Freestyler

Weltmeister Lukas Podolski war einer der ersten, die den Instagram-Post mit einem Like versahen. Garnier ist kein Unbekannter: Der Franzose nennt sich einen Freestyler, der zweimal Weltmeister und zweimal französischer Meister geworden ist.

Es verwundert überhaupt nicht, dass Aubemeyang den Gast zuvorkommend behandelt hat. Garnier zeigt auf Videos die besten Fußballtricks und Ballfertigkeiten von jungen und professionellen Spielern. Von Spielern wie Aubameyang. Am besten an besonderen Orten. Am besten im Trainingszentrum.

Darum ist sehr unverständlich, warum Aubameyang jetzt auf unschuldig plädiert. Torjäger dürfen Egoisten sein, klar. Sogar Exzentriker. Aber auf Kosten der Mannschaft? Der BVB mag den Vorfall nicht kommentieren. Sie wissen: Die Situation ist heikel. Jedes falsche Wort wäre fatal.

Einerseits soll Aubameyang noch viele Tore in dieser Saison schießen. Andererseits darf er sich nicht auf Kosten der Mannschaft profilieren. Darum ist es gut zu wissen, dass der Trainer kühlen Kopf behält und die einzig richtige Konsequenz gezogen hat. Die Suspendierung für Stuttgart.