Dortmund. Vor dem Spiel gegen 1899 Hoffenheim haben wir uns mit BVB-Geschäftsführer Watzke auch über Dembélé, Aubameyang, Götze und Hannover unterhalten.
Karl-Heinz Rummenigge hat jüngst im Gespräch mit dieser Redaktion versprochen, dass der FC Bayern München nicht versuchen wird, Ousmane Dembélé, Christian Pulisic oder Julian Weigl abzuwerben? Wie ernst nehmen Sie die Aussage?
Hans-Joachim Watzke: Ich habe keinen Zweifel angesichts des sehr guten Verhältnisses, das derzeit zwischen uns herrscht. Er hat das ja ohne Not gesagt. Aber es ist auch egal, ob da Bayern oder ein anderer Klub kommt. Es wäre extrem blauäugig, wenn wir glauben würden, dass es bei Spielern dieser Qualität keine Abwerbeversuche gäbe.
Wie erleben Sie Ousmane Dembélé? Er spielt mit seinen 19 Jahren schon eine erstaunliche Rolle und schoss den BVB ins Pokalfinale. Ist er bodenständig oder hat er Flausen im Kopf?
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Watzke: Man muss immer aufpassen, welchen Stempel man Menschen aufdrückt. Nur weil jemand einen etwas extrovertierteren Lebensstil hat, heißt das ja nicht, dass er Flausen im Kopf hat. Wenn wir mal das Beispiel Cristiano Ronaldo nehmen, der sicher einen relativ extrovertierten Lebensstil pflegt – aber auf der anderen Seite auch extreme Professionalität an den Tag legt und das über viele Jahre nachhaltig und permanent. Das kann man nicht einfach so etikettieren. Ous ist ein ganz junger Spieler, seine Persönlichkeitsentwicklung ist noch nicht annähernd abgeschlossen. Seine fußballerische Entwicklung ist trotz seines unfassbaren Talents nicht annähernd abgeschlossen. Und wenn er und seine Berater klug sind, wissen sie, dass in den nächsten Jahren Borussia Dortmund der Verein ist, wo er das alles am besten zur Reife bringen kann.
Hätten Sie erwartet, dass er schon im ersten Jahr zu einer derart wichtigen Figur wird?
Watzke: Uneingeschränktes Ja. Er hat diese Leichtigkeit. Wenn du die nicht hast, kannst du nicht mit 19 Jahren vor 81.000 Zuschauern solche Leistungen abrufen. Aber man sieht auch, dass er noch nicht auf dem Niveau ist, dass er sie pausenlos und permanent abliefert, sondern dass er immer wieder mal schwächere Phasen hat – was vollkommen normal ist. Daran muss man in den nächsten Jahren arbeiten. Tut er das, hat Ous keine Limits.
Das Thema Pierre-Emerick Aubameyang wird weiter diskutiert.
Watzke: Das Thema haben wir ja schon hundert Mal beantwortet. Zunächst müsste Auba sagen, dass er uns verlassen möchte. Zweitens müsste ein Verein kommen, der seine extreme Wertschätzung für diesen Spieler auch auf finanzielle Art und Weise ausdrückt. Und dann würden wir mit Auba sprechen. Nicht mehr und nicht weniger. Diese ganzen Mediengerüchte kommentieren wir aber – wie Sie wissen – grundsätzlich nicht.
Wie geht es dem an einer Stoffwechselstörung leidenden Mario Götze?
Watzke: Ich habe den Eindruck, dass er nach sehr schwierigen Wochen jetzt Licht am Ende des Tunnels sieht. Nach wie vor erwarten wir, dass er im Frühsommer zurückkehrt – was auch sehr wichtig wäre, denn Mario in Topform wäre ein elementarer Bestandteil dieser Mannschaft.
Wie denken Sie über die geplante Übernahme von Hannover 96 durch Martin Kind?
Watzke: Interessant daran ist: Die Mehrheit der 96-Mitglieder hat sich in einer Abstimmung jüngst dagegen ausgesprochen, ohne aber die nötige Zwei-Drittel-Mehrheit zu bekommen. Das ist ja schon mal ein Zeichen, wenn sich die Mehrheit der Mitglieder gegen etwas ausspricht. Ich kann die BVB-Fans aber beruhigen. Wir haben vor zwölf Jahren in der Satzung festhalten lassen, dass es hier genau umgekehrt funktionieren würde. Wenn wir Anteile an der Geschäftsführungs-GmbH, in der alle relevanten Entscheidungen fallen und die zu 100 Prozent dem Verein gehört, verkaufen wollten, dann bräuchten wir dafür zunächst einmal eine Drei-Viertel-Mehrheit der Mitglieder. Das ist die eine Sicherheit, die BVB-Mitglieder haben. Die andere ist meine persönliche Sicht der Dinge. Wenn dieser Verein anfangen sollte, Geschäftsführungsanteile veräußern zu wollen, womit zweifellos unfassbar viel Geld zu verdienen wäre, stünde ich nicht mehr zur Verfügung. Das wäre nicht mein Weg!
Was heißt das für den deutschen Fußball, dass es nach Leverkusen. Wolfsburg, Hoffenheim und Leipzig mit Hannover einen weiteren Klub gibt, der die 50+1-Regelung umgeht.
Watzke: Das, was Martin Kind macht, ist legitim. Das bewegt sich innerhalb der Statuten der DFL, das hat die Liga so beschlossen. Dieser Trend ist vermutlich auch nicht mehr aufzuhalten. Aber auch wenn alle so verfahren würden: Wir nicht. Wir würden das letzte gallische Dorf sein, das sich diesem Mainstream widersetzt. Ich habe in dieser Woche mit großer Freude Real Madrid in der Champions League spielen sehen, das ist ein eingetragener Verein. Und das hat ihm bislang auch nicht geschadet. Ich bin nach wie vor ein großer Freund davon, den Mitgliedern den entscheidenden Einfluss zu überlassen.