Dortmund. Nach dem Attentat stemmte sich Borussia Dortmund gegen den Schock, unterlag aber in der Champions League dem AS Monaco mit 2:3.
Als diese Aufgabe, die schon vorher als zu groß geschätzt werden konnte, vollbracht war, da wanderten die Männer in den schwarz-gelben Trikots in Richtung der eigenen Fans auf der Südtribüne. Jene Tribüne mit Menschen, die während der 90 Minuten lang aufgrund einer eindrucksvollen Choreografie ausgesehen hatten, wie das Emblem von Borussia Dortmund. Ein Bild der Einheit, der perfekten Harmonie. Was für ein Kontrast zum Vorabend. Warmer Applaus ergoss sich über die Fußballspieler, die in den vergangenen 24 Stunden erlebt hatten, was niemand erleben will. Sokratis, der grimmige Innenverteidiger, näherte sich an der Seite seiner Kollegen. Ihm standen die Tränen in den Augen. Ein Indiz dafür, dass das alles zu viel war.
Der verletzte BVB-Profi Bartra grüßt aus dem Krankenhaus
Ein Bombenanschlag auf den Mannschaftsbus hatte den Anpfiff des Champions-League-Viertelfinale gegen die AS Monaco am Dienstag verhindert. Neuansetzung für den Tag danach. Das Ergebnis? 2:3 (0:2) aus Dortmunder Sicht. Ein Ergebnis, das nicht allzu viel Hoffnung für das Rückspiel in einer Woche in Monaco lässt. Aber vor allem ein Ergebnis, das im Schatten der anderen Geschehnisse stand.
Das war schon vor der Partie klar. Der bei dem Anschlag verletzte Innenverteidiger Marc Bartra meldete sich kurz vor dem Spiel über die sozialen Medien zu Wort. Ein Foto von ihm: Den rechten Arm eingegipst, links den Daumen hochgereckt, dazu ein Lächeln. „Wie ihr seht, geht es mir schon wieder besser. Vielen Dank für die vielen Nachrichten und die besten Wünsche an meine Teamkameraden für das Spiel heute Abend“, schrieb er. Es half nicht wirklich. Am Fernseher im Krankenhaus verfolgte er die Partie. Er sah, wie seine Kollegen mit dem Gegner und mit den Geschehnissen des Vortages rangen.
Er erlebte, wie die Dortmunder Spieler beim Betreten des Platzes auch von den Gäste-Fans mit warmem Applaus empfangen wurden. Er sah, wie seine Kollegen später aus der Kabine kamen und einheitliche gelbe T-Shirts trugen. T-Shirts, auf die das Gesicht von Marc Bartra gedruckt worden war. Dazu der Wunsch: „Mucha Fuerza“ - viel Kraft. Die Fans im Stadion brüllten seinen Namen so laut, dass er es wohl durchs geöffnete Krankenhausfenster gehört haben könnte.
Schon am Vormittag hatte BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke die Mannschaft mit einer emotionalen Rede versucht einzuschwören. „Ich habe appelliert, der Gesellschaft zu zeigen, dass wir vor dem Terror nicht einknicken. Wir spielen heute nicht nur für uns. Wir spielen für alle. Wir wollen zeigen, dass Terror und Hass unser Handeln niemals bestimmen dürfen.“
BVB-Trainer Tuchel: "Das steckt uns allen in den Knochen"
Trainer Thomas Tuchel räumte nach der Partie ein, dass er sich mehr Zeit gewünscht hätte, dieses Spiel zu bestreiten. Er und die Mannschaft seien zu keinem Zeitpunkt vom europäischen Fußball-Verband darüber informiert gewesen, wann wie gespielt werden würde. „Das war ein Anschlag auf unser Leben. Das steckt uns allen noch in den Knochen.“ Dass aber die Entscheidung über die Neuansetzung offenbar über seinen Kopf hinweg getroffen worden sei, brachte ihn in Rage. „Wir hatten das Gefühl, wir werden behandelt, als wäre eine Bierdose an unser Busfenster geflogen. Das hat sich bei der Mannschaft und mir festgesetzt. Die Termine werden vorgesetzt und wir müssen funktionieren.“ Und deshalb funktionierten sie nicht. Sie wollten furchtlos sein, aber es ging nicht. Die Spieler durften frei entscheiden, ob sie auflaufen oder nicht. Alle entschieden sich, zu spielen, doch abschütteln konnten sie all das nicht. Der Klub bietet den Spielern jetzt psychologische Hilfe an, wenn sie es wünschen.
Schnell kippte die Partie in Richtung des Gegners. Bei einem Konter foulte Sokratis den Stürmer Kylian Mbappé im Strafraum, doch Fabinho setzte den folgenden Elfmeter neben das Tor (16.). Die Dortmunder Freude darüber währte nicht lang, weil drei Minuten später Mbappé zur Stelle war. Eine halbhohe Hereingabe beförderte er fast versehentlich mit dem Oberschenkel über die Linie. Was den Dortmunder Unmut noch erhöhte: Der 18-Jährige stand bei der Aktion recht deutlich im Abseits.
Kurze Zeit später das 0:2: Bender köpfte eine Flanke ins eigene Tor (35.). Das Unglück trug Schwarz und Gelb. Ousmane Dembélé traf zum Anschluss, ehe erneut Mbappé zum 3:1 traf (76.). Shinji Kagawa besorgte den Endstand (84.) an einem Abend, der einst ein großer hätte werden sollen. So war es nur eine Aufgabe, die zu groß war.