Dortmund. . Bei einer Attacke auf den BVB-Bus wurden Verteidiger Bartra sowie ein Polizist verletzt. Unsere Reporter haben die wichtigsten Fakten gesammelt.
Was ist passiert?
Auf den Mannschaftsbus des BVB ist am Dienstagabend ein Anschlag verübt worden. Die Spieler waren auf dem Weg zum Champions-League-Spiel gegen den AS Monaco, als in unmittelbarer Nähe des Busses gegen 19.15 Uhr drei Sprengsätze explodierten. Wie die Polizei später bekannt gab, waren die Sprengsätze in einer Hecke versteckt. Die Ermittler sprechen von einem gezielten Anschlag auf die Mannschaft. Um 20.30 Uhr hatte der Verein bekanntgegeben, dass das Spiel abgesagt wird. Verteidiger Marc Bartra und ein Polizist wurden bei der Attacke verletzt.
Wie ist der Ermittlungsstand?
Die Sprecherin der Bundesanwaltschaft, Frauke Köhler, hat am Mittwochmittag mitgeteilt, dass es bereits eine Festnahme gegeben habe. Man prüfe nun, ob gegen den Verdächtigen ein Haftbefehl erlassen werde. Insgesamt gebe es zwei Verdächtige. Bei dem Mann und einem ebenfalls aus dem islamistischen Spektrum stammenden weiteren Verdächtigen seien die Wohnungen durchsucht worden, sagte sie. Nach übereinstimmenden Informationen der dpa sowie mehrerer Medien handelt es sich bei dem Festgenommenen um einen 25-jährigen Iraker aus Wuppertal. Bei dem zweiten Tatverdächtigen soll es sich um einen 28-jährigen Deutschen aus Fröndenberg handeln.
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Köhler sprach von einem terroristischen Hintergrund der Tat, weshalb die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe die Ermittlungen übernommen hate. Eine abschließende Bewertung sei noch nicht möglich.
Nach Angaben von Köhler waren die drei Sprengsätze mit Metallstiften bestückt. Ein Metallstift habe sich in die Kopfstütze eines Bussitzes gebohrt. Die Sprengsätze hätten eine Sprengwirkung von mehr als 100 Metern gehabt. Die Frage nach dem Zündmechanismus und der Art des Sprengstoffes sei Gegenstand der kriminaltechnischen Untersuchungen. Die genaue Motivlage des Anschlags sei derzeit noch unklar.
Wie geht es Marc Bartra und dem Polizisten?
Die Detonation war so stark, dass das verstärkte Glas des Busses barst. Der BVB-Verteidiger und spanische Nationalspieler Marc Bartra wurde schwer an der Hand verletzt. Er brach sich eine Speiche im rechten Handgelenk. Außerdem verletzten ihn Glassplitter. Noch am Dienstagabend wurde er in einem Krankenhaus operiert.
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"Er hat die Operation gut überstanden", sagte BVB-Präsident Reinhard Rauball am Mittwoch. In der laufenden Saison dürfte der 26-Jährigen aber voraussichtlich nicht mehr zum Einsatz kommen. Auch Bartra selbst meldete sich am Mittwochnachmittag zu Wort: "Wie man sehen kann, geht es mir besser", schrieb er zu einem Foto, das ihn mit hochgerecktem Daumen zeigt.
Vorne rechts, wo Trainer Tuchel seinen Platz hat, und weiter hinten wurde der Bus durch die Explosionen beschädigt.
Die Polizei teilte am frühen Mittwoch mit, dass neben BVB-Verteidiger Bartra auch ein Beamter durch die drei Explosionen gegen 19.15 Uhr neben dem Mannschaftsbus verletzt worden war. Der Polizist fuhr auf einem Motorrad vor dem Bus, um ihn zum Stadion zu begleiten, wie ein Sprecher sagte. Er habe ein Knalltrauma und einen Schock erlitten und sei nicht dienstfähig.
Wie geht es den BVB-Spielern?
„Die Mannschaft ist in Schockstarre“, sagte BVB-Boss-Hans-Joachim Watzke, „wir müssen versuchen, das zu kanalisieren. Das ist nicht so einfach, denn diese Bilder kriegen die Spieler und der Trainer nicht so leicht aus dem Kopf. Ich hoffe, dass wir einigermaßen wettbewerbsfähig auf dem Feld stehen.“
Club-Präsident Reinhard Rauball ist zuversichtlich, dass die Mannschaft das Spiel gegen den AS Monaco bewältigen kann. "Sie muss zwei Dinge auf einmal bewältigen, aber ich traue der Mannschaft das zu, dass sie das schafft", sagte Rauball am Mittwoch im ZDF-Morgenmagazin. Es sei sicher eine ganz schwierige Situation, doch die Mannschaft werde ihr Bestes geben.
Die Dortmunder Mannschaft absolvierte am Vormittag auf dem Trainingsgelände eine knapp halbstündige, nicht öffentliche Übungseinheit. Vor dem Gelände versammelten sich einige Fans. Auf einem Plakat stand: "You'll never walk alone". Nach dem Training verließen die meisten Profis das Gelände wieder mit ihren Privatwagen.
Was machten die Fans?
Für Fans im Stadion galten am Mittwochabend verschärfte Sicherheitsvorschriften. Mitgebracht werden dürfen nur (Hand-)Taschen in DIN-A4-Größe. "Aus Sicherheitsgründen und auf Geheiß der Polizei dürfen keine Rucksäcke mit ins Stadion mitgebracht werden", teilte der BVB mit.
" Wir werden alles Menschenmögliche dafür tun, dass das Spiel sicher ablaufen kann", sagte Dortmunds Polizeipräsident Gregor Lange. Watzke ging mit einem Gefühl der Sicherheit in das Spiel. "Mein persönliches Sicherheitsgefühl ist sehr gut."
Die BVB-Fans taten alles, um ihre Spieler zu unterstützen. Vor der Partie präsentierte sich die Südtribüne mit einer Choreographie von ihrer besten Seite. Die Fans auf der Tribüne hatten schwarz-gelbe Regencapes an, so dass sie ein riesiges BVB-Logo formten.
Wer steckt hinter der Sprengstoff-Attacke?
Schon früh gingen die Ermittler von einem "gezielten Angriff auf die BVB-Mannschaft" aus. Die Generalbundesanwaltschaft sprach am Mittwochnachmittag von einem terroristischen Hintergrund der Tat. Die genaue Motivlage des Anschlags sei derzeit aber noch unklar. Den Festgenommenen wird Berichten zufolge eine Nähe zum IS nachgesagt.
Experten analysierten das in der Nähe des Tatorts abgelegte Bekennerschreiben besonders auch unter islamwissenschaftlichen Gesichtspunkten. Ermittlerkreisen bezeichnen das Bekennerschreiben als für die Islamisten-Szene ungewöhnlich. Auf dem Schreiben fehlten beispielsweise Symbole der Terrormiliz Islamischer Staat (IS). Zudem sei das Vorgehen der Täter im Vergleich zu früheren Terrorattacken mit IS-Bezug untypisch, weil Attentäter wie Anis Amri versucht hatten möglichst viele Menschen zu töten.
Wie ist die Sicherheitslage?
Die Sicherheitsbehörden in NRW bleiben in Alarmbereitschaft und schließen auch weitere Taten nicht aus. "Wir müssen davon ausgehen, dass es einen sogenannten Gefahrenüberhang gibt, das heißt, dass die Täter zur Zeit noch nicht gefasst sind, aber zugleich weitere Taten ankündigen, und das müssen wir, und das werden wir ernstnehmen", sagte NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) am Mittwoch in Düsseldorf. Details zu möglichen Bedrohungen nannte er nicht. Den Tätern in Dortmund sei es offensichtlich darum gegangen, mit ihrer Tat "größtmögliche Öffentlichkeit zu erzielen".
Mit Maschinenpistolen bewaffnete Beamten standen am Mittwoch an den Absperrungen, zahlreiche Polizeifahrzeuge waren in der Nähe geparkt. Die Ermittler wollten weiter am Tatort Spuren sichern. "Wir waren mit unseren Entschärfern vor Ort", sagte eine LKA-Sprecherin. Die Behörde habe speziell ausgebildete Beamte für unbekannte Spreng- und Brandvorrichtungen.
„Wir werden für höchstmögliche Sicherheit für beide Mannschaften und alle Stadionbesucher sorgen“, sagte Polizeisprecherin Dana Seketa. Zusätzliche Sicherungsmaßnahmen spielten in allen Planungen eine große Rolle. „Alles andere wäre fahrlässig“, sagte sie. Die Polizei werde mit verstärkten Kräften für Sicherheit sorgen. „Eine hundertprozentige Sicherheit kann niemand geben. Wir wollen, dass alle beruhigt sind und den Abend genießen können“, sagte Seketa.
Die Europäische Fußball-Union UEFA passt die Sicherheitsmaßnahmen an und beruhigt Fans und Teams. Es gebe keine konkreten Hinweise der Sicherheitsbehörden auf eine Bedrohung, teilte die UEFA am Mittwoch mit. In Zusammenarbeit mit Polizei, Sicherheitskräften, dem Stadionmanagement und den Clubs würden die Sicherheitsmaßnahmen überprüft.
Wie haben die Fans reagiert?
BVB-Geschäftsführer Watzke lobte die Anhänger: „Ich möchte den Fans ein Kompliment machen, die die Situation sehr sachlich, vernünftig und solidarisch mitgetragen haben.“ Im Netz setzt sich dies fort: Dortmunder Fans bieten unter #bedforawayfans Übernachtungsmöglichkeiten für die Monegassen an.
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Dass die Monegassen im Stadion „Dortmund“ skandiert haben, freut die BVB-Fans sehr: „In den Farben getrennt, in der Sache vereint“. In Windeseile verbreitet sich in den Netzwerken ein schwarz-gelbes Banner: „Wir halten fest und treu zusammen gegen Gewalt.“ Auch das Vereinswappen mit dem Liedvers „You’ll never walk alone“ wird tausendfach geteilt. Und der Spruch: „Heute sind wir alle Dortmunder.“
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Die Verlegung des Spiels auf Mittwoch finden viele „unmenschlich“, das sei zu schnell, keine Zeit zum Verarbeiten. Viele äußern aber ihren Respekt für jeden, der aufläuft. Auf Twitter schreibt „Grizz“: „Komischer Gedanke: Ich wünschte, es wäre bereits morgen, 18.45 Uhr, um schnellstmöglich Flagge gegen diese Unmenschen zu zeigen.“ BVB-Geschäftsführer Watzke spricht von einer "Herkulesaufgabe". Ein anderer Termin für das Nachholspiel war nicht zu finden.
Attacke auf BVB-Bus
Die Fans von Borussia Dortmund haben das besonnene Vorgehen aller Beteiligten gelobt. "So bleibt neben der Fassungslosigkeit ob der Bomben gegen unsere Mannschaft und der Ungewissheit, wie damit jetzt umzugehen ist, auch die Erkenntnis, dass es für solche Situationen Konzepte und Strategien gibt, die gut sind", hieß es am Mittwoch auf der Fan-Internetseite "schwatzgelb.de".
Wie haben Politiker, Funktionäre und Spieler reagiert?
Bundeskanzlerin Angela Merkel hat den Anschlag auf den Mannschaftsbus von Borussia Dortmund als widerwärtige Tat verurteilt. In einem Telefonat mit BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke habe sie dem Trainerstab, der Mannschaft und den Fans alles Gute gewünscht, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Mittwoch in Berlin. Sie habe ein großes Lob an die Fans beider Mannschaften und an die Polizei ausgesprochen. Sie sei wie viele Millionen Menschen entsetzt.
Watzke besuchte am Mittwochmorgen das Fußball-Team von Borussia Dortmund. "Ich habe gerade in der Kabine an die Mannschaft appelliert, der Gesellschaft zu zeigen, dass wir vor dem Terror nicht einknicken", teilte der Bundesligist in einem Tweet mit. Er fügte hinzu: "Wir spielen heute nicht nur für uns. Wir spielen für alle. Egal, ob Borusse, Bayer oder Schalker. Wir wollen zeigen, dass Terror und Hass unser Handeln niemals bestimmen dürfen. Und wir spielen natürlich für Marc Bartra, der sein Team siegen sehen will!"
Kapitän Marcel Schmelzer äußerte sich zum Gesundheitszustand von Marc Bartra: "Wir sind alle geschockt und in Gedanken bei Marc." Auch Neven Subotic, von Borussia Dortmund an den 1. FC Köln verliehen, hat sich entsetzt und erleichtert geäußert: "Liebe Freunde, ich bin entsetzt über das, was gestern Abend meinen Kollegen des BVB passiert ist! Und erleichtert, dass nicht mehr passiert ist."
Bayern Münchens Vorstandsvorsitzender Karl-Heinz Rummenigge hat Borussia Dortmund die Solidarität des deutschen Fußball-Rekordmeisters zugesichert. "Wir sind bestürzt über die Vorkommnisse in Dortmund vom gestrigen Abend", sagte Rummenigge laut einer Vereinsmitteilung vom Mittwoch.
DFB-Präsident Reinhard Grindel äußert sich noch nicht über die möglichen Folgen für die Bundesliga. "Der DFB, die Liga und die Vereine tun sehr viel für die Sicherheit der Spieler und Fans. Vor allem außerhalb der Stadien sind die Einschätzungen und Hinweise der verantwortlichen Sicherheitsbehörden maßgeblich", sagte er. Auch DFL-Chef Christian Seifert sagte man habe "großes Vertrauen in die Arbeit der Sicherheitsorgane bei Fußballspielen und in die Tätigkeit der Ermittlungsbehörden". (mit dpa)