Dortmund. . Nach Ausschreitungen beim Spiel zwischen dem BVB und RB Leipzig wurden 32 Strafverfahren eingeleitet. Inspekteur der NRW-Polizei legt Bericht ab.
- Vor dem Spiel zwischen Borussia Dortmund und RB Leipzig flogen Flaschen und Steine
- Im Nachgang der Bundesliga-Partie wurden nun 32 Strafverfahren eingeleitet
- Laut Darstellung der NRW-Polizei waren 237 Beamte und "nachalarmierten" Kräften richtig aufgestellt
Der Gewalt-Ausbruch von Dortmund wird immer mehr zum Politikum: Fünf Tage nach den schweren Ausschreitungen im Rahmen des Bundesliga-Spiels zwischen dem BVB und RB Leipzig rückt die Rolle der nordrhein-westfälischen Behörden in den Mittelpunkt. Innenminister Ralf Jäger wies am Donnerstag die Verantwortung an der Eskalation von sich. Der Borussia drohen derweil empfindliche Strafen.
"Bei den Vorfällen darf nicht Ursache und Wirkung verkehrt werden", sagte Jäger am Donnerstag auf einer Pressekonferenz in Düsseldorf. Es dürften nicht "die Straftäter, die dort prügeln, in den Hintergrund geraten, und in den Vordergrund die Frage, ob Ordner und Polizei vor Ort verantwortlich gewesen sind".
Nach offiziellen Angaben wurden 32 Strafverfahren eingeleitet, 17 davon wegen Körperverletzung. Eine achtköpfige Ermittlungskommission arbeite die Geschehnisse rund um das Westfalenstadion auf, die Staatsanwaltschaft prüfe die strafrechtliche Relevanz der Schmäh- und Hassbanner auf der Südtribüne.
Polizistin wurde in die Wade gebissen
Dortmunder Hooligans, die es wohl ursprünglich auf den RB-Mannschaftsbus abgesehen hatten, hatten die Leipziger Fans, darunter Frauen und Kinder, mit Steinen und Flaschen beworfen. Nach Angaben von NRW-Polizei-Inspekteur Bernd Heinen, der von 350 bis 400 gewaltbereiten Personen aus Ultra-Kreisen sprach, seien vier Gästeanhänger und vier Polizeibeamte verletzt worden - darunter eine Polizistin durch einen Menschenbiss in die Wade.
Laut Heinen habe die Ordnungsmacht das Konflikt-Potenzial der Begegnung in Dortmund keineswegs unterschätzt. 237 Polizeibeamte seien im Einsatz gewesen. Dies sei eine Personal-Steigerung gegenüber den Leipziger Gastspielen in Köln (185 Beamte) und Leverkusen (87) gewesen - auch dort war der RB-Mannschaftsbus attackiert worden. Allerdings sind 237 Polizisten immer noch eine vergleichsweise geringe Zahl. Beim Revierderby zwischen Dortmund und Schalke waren rund 1500 Beamte im Einsatz.
Innenministerium bestätigt Brief aus Leipzig
RB Leipzig hatte schon im November das NRW-Innenministerium um mehr Schutz beim Auswärtsspiel in Dortmund sowie bei den kommenden Spielen in Mönchengladbach (19. Februar) und Schalke (22. April) gebeten. Das berichtete die WAZ fünf Tage nach den Ausschreitungen. Das Innenministerium bestätigte den Leipziger Brief, in dem es jedoch vornehmlich um die Sicherheit des Mannschaftsbusses gegangen sei.
"RB Leipzig hatte darum gebeten, den Mannschaftsbus, der schon zweimal angegriffen wurde, in Dortmund umzuleiten. Ob das nun zu weiteren Eskalationen geführt hat, ist Spekulation", sagte Jäger. Es habe keine Hinweise auf den Angriff gegen die RB-Fans gegeben, der "wahrscheinlich spontan von einer kleinen Gruppe Gewalttätern" ausgeführt wurde.
Dem BVB und dessen Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke, der zuletzt wegen seiner Dauerkritik am Leipziger Geschäftsmodell in die Defensive geraten war, machte der SPD-Politiker keine Vorwürfe. "Der BVB tut vieles in Richtung Ultraszene, insbesondere was rechte Fangruppen angeht", sagte Jäger: "Wir arbeiten als Polizei mit dem BVB gut zusammen." Das Problem betreffe den gesamten deutschen Fußball, der von einer kleinen Minderheit als Plattform für Gewalt missbraucht werde.
Kontrollausschuss wird Strafantrag formulieren
Sportrechtlich drohen dem BVB allerdings schmerzhafte Konsequenzen. Neben einer satten Geldstrafe steht die Schließung der riesigen Südtribüne für ein Spiel zur Debatte - voraussichtlich bis Ende der Woche wird der DFB-Kontrollausschuss seinen Strafantrag formulieren.
Am Mittwochabend hatten die Dortmunder im Rahmen des Pokalspiels gegen Hertha BSC versucht, die Wogen zu glätten. Kapitän Marcel Schmelzer verlas per Video vor dem Anpfiff eine offizielle Entschuldigung: "Wir Spieler waren und sind sehr entsetzt, was passiert ist", hieß es da. Auf der Südtribüne, von der aus RB am Samstag auf zahlreichen Spruchbändern teilweise übel beleidigt worden war, hielten die Fans Plakate mit dem Slogan "Gegen Gewalt" hoch.
"WAZ" und "Westfälische Rundschau" hatten von dem Schreiben der RB-Leipzig-Spitze vom November 2016 berichtet, in dem das NRW-Innenministerium vor möglichen Ausschreitungen gewarnt worden sei. NRW sei um besseren Schutz bei den noch anstehenden Auswärtsspielen in Dortmund, Mönchengladbach und Schalke gebeten worden. Im September und November 2016 war es zu Attacken gegen den Leipziger Mannschaftsbus in Köln und Leverkusen gekommen (dpa).