Dortmund. Der BVB versucht nach der Tuchel-Diskussion zur Normalität zurückzukehren. Im Saisonverlauf bilden sich Muster ab, die aber erklärbar sind.
Jetzt ist noch nicht einmal mehr die Sportart sicher vor dem Trainer, er wechselte sie einfach gegen eine andere aus: Thomas Tuchel verordnete den Fußballern von Borussia Dortmund am Dienstagmorgen eine Partie Basketball auf dem Rasen – und damit die Rückkehr zum Lächeln. Das mitunter etwas hilflose Gewerfe belustigte die Spieler selbst, was womöglich ganz gut war, weil sich die Stimmung nach der 1:2-Niederlage in Frankfurt und der folgenden öffentlichen Generalkritik des Trainers merklich eingetrübt hatte. Tuchel gab der schlechten Laune einen Korb. Aber die Muster einer schleppend verlaufenden Saison bleiben. Drei Zahlen belegen das vor dem Duell am Samstag (15.30 Uhr) mit den kriselnden Borussen aus Mönchengladbach
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Drei Niederlagen kassierte der BVB in dieser Saison – alle drei auf fremdem Platz. In Leipzig, Leverkusen und Frankfurt präsentierte sich die Borussia nicht vehement und entschlossen genug. Zu Hause hingegen hat Thomas Tuchel mit dem BVB noch kein einziges Bundesligaspiel verloren: Seit mittlerweile 27 Partien ist Schwarz-Gelb ohne Niederlage. Das hat Gründe. Tuchel lobt stets die „unglaubliche Atmosphäre“ und „die Dichte“ im heimischen Stadion. Die Leistungen auch dort sind nicht immer über jeden Zweifel erhaben, aber auswärts präsentiert sich der BVB zurückhaltender.
BVB-Hochgefühl in der Champions League - danach Tristesse im Alltag
Fünf Spieltage sind in der Champions League absolviert – und aus den jeweils folgenden fünf Bundesligaspielen holte Dortmund lediglich sieben Punkte und kassierte neun seiner 14 Liga-Gegentreffer. Auf das Hochgefühl der Königsklasse (ungeschlagener Tabellenführer) folgt in unschöner Regelmäßigkeit die herbe Enttäuschung im Alltagsgeschäft. So geschehen in Leverkusen (0:2), in Ingolstadt (3:3) und nun Frankfurt. „Ich kann nicht erkennen, dass die Mannschaft Unterschiede in den Wettbewerben macht“, erwehrt sich Tuchel derartiger Vorwürfe bislang.
Problem: Der BVB kennt die Belastungen des ewigen Dreitages-Rhythmus’, seine vielen neuen und jungen Spieler kennen das eher nicht. Aber sie sollten die Ergebnisse erzielen, die die Stars nicht einspielen konnten, weil sie wochenlang verletzt fehlten. Es sei „ein großer, großer Unterschied, ob Spieler, die erst seit einem Jahr Profi sind, einmal oder zweimal pro Woche“ auf diesem Niveau gefordert sind, sagte Tuchel vor Wochen. Als Übergangssaison mit dem Ziel Champions League hatten die BVB-Macher diese Spielzeit vorab deklariert. Das entpuppt sich gerade mehr und mehr als Realitätssinn denn als Koketterie.
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Sechs verschiedene taktische Formationen mutete Thomas Tuchel seiner Mannschaft in den bisherigen Saisonspielen zu. Bisweilen harmonisch Funktionierendes reißt er manchmal scheinbar zwanghaft wieder auseinander, tauscht noch dazu regelmäßig die halbe Mannschaft personell aus. Einem Gebilde, das um Automatismen und Verlässlichkeiten ringt, fügt er so manches Mal einen weiteren Störfaktor hinzu. Das Naheliegende scheint ihm in der Regel zu einfach. Es ist mindestens verwegen, in Adrian Ramos einen Flügelspieler zu sehen. Aber: Tuchel handelt nach bestem Wissen und Gewissen. Die erfolgreiche Defensivtaktik gegen die Bayern wollte er gegen den punktgleichen Konkurrenten Frankfurt nicht anwenden. Er wollte den Sieg, wollte den München-Erfolg vergolden, um alle Chancen zu haben. Doch aus dem Ehrgeiz wurde Enttäuschung.