Dortmund. . In der Champions League gegen Warschau muss Dortmund den Torwart wechseln: Bürki fällt acht Wochen aus - glücklich ist der BVB-Trainer nicht darüber.
Es war Zeit zu überbrücken am Montag auf der Hauptversammlung von Borussia Dortmund, die Stimmen der Aktionäre mussten ausgezählt werden. Und so flimmerte ein Filmchen über die Leinwände mit den besten Szenen der bisherigen Saisonspiele. Zu sehen war auch Roman Weidenfeller, der zwei Schüsse entschärfte und so das Weiterkommen im DFB-Pokal gegen Union Berlin sicherte. Wäre alles nach Plan gelaufen, wäre dies Weidenfellers letzter Einsatz in der laufenden Hinrunde gewesen. Aber im Fußball läuft bekanntlich selten alles nach Plan.
Tuchel nicht begeistert, Ginter pragmatisch
Der Stammtorhüter Roman Bürki hat sich beim 1:0-Sieg gegen Bayern München am Samstag einen Mittelhandbruch zugezogen, muss operiert worden und fällt acht Wochen aus. Und Weidenfeller kann sein Betätigungsfeld über den DFB-Pokal hinaus erweitern – als erstes im Champions-League-Spiel am Dienstag (20.45 Uhr/Sky und LIVE bei uns im Ticker) gegen Legia Warschau. Trainer Thomas Tuchel ist, bei aller Wertschätzung für den Ersatzmann, wenig begeistert: „Einen Stammtorhüter mitten in der Hinrunde zu verlieren ist mit das Schlimmste, was passieren kann. Es ist eine heikle Position, auf der nicht oft getauscht wird wie bei Feldspielern.“
Matthias Ginter, der wohl vor Weidenfeller spielen wird, sieht die Sache pragmatisch: „Der einzige Unterschied ist, dass er Linksfuß ist“, sagt der Innenverteidiger. „Man muss ihn also bei Rückpässen anders anspielen.“
Unverhoffte Chance zur Werbung
Weidenfeller dürften diese Gedankenspiele egal sein: Für ihn ist Bürkis Verletzung vor allem die unverhoffte Gelegenheit, noch einmal Werbung in eigener Sache zu machen. Denn sein Vertrag läuft im Sommer 2017 aus, im Winter will er sich mit Sportdirektor Michael Zorc zusammensetzen und überlegen, wie es weitergeht: ob Weidenfeller noch einmal ein Jahr dranhängt oder ob der 36-Jährige nach dann 15 Jahren als BVB-Spieler die Torwarthandschuhe an den Nagel hängt.
Weidenfeller tendiert momentan zur Verlängerung, sieht sich fit und auf der Höhe – und kann es nun einer breiten Öffentlichkeit beweisen, was so nicht mehr vorgesehen war: Eigentlich sollte er nur im DFB-Pokal zum Einsatz kommen. Eine weitere Herabstufung im Gegensatz zum Vorjahr: Da durfte er wenigstens in der Europa League mitwirken und hatte so wesentlich mehr garantierte Einsätze.
Zukunft nicht verbauen
Der langjährige Stammtorhüter, der zwei Meisterschaften und einen DFB-Pokalsieg mit dem BVB vorweisen kann, ertrug es nach außen ebenso mit Fassung wie seine Degradierung zur Nummer 2 im Vorjahr. Unmut ließ er nur gelegentlich durchscheinen. „Der Klub wollte im Tor einen Generationswechsel einleiten, und das Gesicht der Mannschaft sollte sich verändern. Das muss man so akzeptieren“, sagte er im Sommer im Interview mit dieser Zeitung – ließ aber auch erkennen, dass er den zehn Jahre jüngeren Bürki hauptsächlich wegen des Altersunterschieds im Vorteil sieht. „Es wird schon Gründe geben, warum man einen neuen Torwart geholt hat“, meinte er vielsagend.
Der gewöhnlich meinungsstarke Profi Weidenfeller hält sich in diesem Fall auch deshalb zurück, weil er sich die Zukunft im Verein nicht verbauen will. Er will auch nach der aktiven Karriere für den BVB arbeiten – und die Bosse wollen ihn halten. „Wir wachsen ständig und brauchen daher Leute, die eine große BVB-Vergangenheit haben und das auch nach außen rüberbringen können“, sagte Watzke kürzlich dem Kicker. „Dafür ist Roman prädestiniert.“
Das allerdings ist die Zukunft. Erst einmal zählt die Gegenwart, zählen die sieben Spiele bis zum Winter, zählt das Duell mit Legia Warschau, in dem der BVB die Gruppenführung vor Real Madrid verteidigen kann.
Und Roman Weidenfeller kann nun dafür sorgen, die Zukunft, die neue Karriere noch zu vertagen – indem er bestenfalls weiteren Stoff für Highlight-Filme liefert.