Shenzhen. . BVB-Boss Hans-Joachim Watzke spricht über die Rückkehr von Mario Götze, den Verlust von Identifikationsfiguren und die Transferkandidaten von Tuchel.
- Zu- und Abgänge mit einem Volumen von 200 Millionen Euro beim BVB
- Watzke ruft als Saisonziel die direkte Champions-League-Qualifikation aus
- Er hält den Revierrivalen Schalke mit Christian Heidel für gefährlicher als vorher
Mehr als 200 Millionen Euro hat Bundesligist Borussia Dortmund in diesem Sommer hin- und herbewegt. Mit Mats Hummels, Ilkay Gündogan und Henrikh Mkhitaryan gingen drei Leistungsträger, Mario Götze und André Schürrle führen die Riege der insgesamt acht Zugänge an. Ein Gespräch mit BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke.
Herr Watzke, hat Ihnen China gefallen?
Hans-Joachim Watzke: Es war eine sehr, sehr gelungene Geschichte. Ein großes Kompliment an die Mannschaft, die das großartig gemacht und vor allem Spaß an der Erfahrung entwickelt hat. Wir wussten, dass wir in China viele Fans haben - dieser atemberaubende Empfang hat uns aber überrascht.
Warum sind Sie mitten in der Vorbereitung nach China gereist?
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Hans-Joachim Watzke: Wir müssen unser Geld selbst verdienen. Im Moment ist China der wahrscheinlich interessanteste Markt, weil der Staatspräsident dem Land einen 50-Punkte-Fußballplan verordnet hat. Es werden Milliarden investiert, China baut mehr als hunderttausend Fußballplätze, in jeder Schulklasse gibt es demnächst mehrere Stunden Fußball pro Woche. Bald werden die Übertragungsrechte für die Bundesliga wieder vergeben. Durch die Präsenz von Bayern München und Borussia Dortmund im Ausland wird es einen deutlichen Schub geben.
Als Sie Borussia Dortmund 2005 übernommen haben, hätten sie da gedacht, einmal mit dem Verein nach China zu reisen?
Hans-Joachim Watzke (lacht): Damals hatte ich Angst, dass wir dauerhaft nach Erkenschwick fahren müssen. Jetzt machen wir schon unsere dritte Asien-Reise. Das Champions-League-Finale 2013 war für unser Ansehen in der Region unbezahlbar. Borussia Dortmund hat in China nicht den Aufschlag wie Manchester United, aber es ist deutlich intensiver geworden.
Trainer Thomas Tuchel war bewegt von den chinesischen Fans.
Hans-Joachim Watzke: Ich finde es gut, dass der Trainer die Reise auch positiv sieht. Es gibt immer noch Trainer, die meinen, es wäre entspannter, wenn man nach Österreich ins Trainingslager fährt. Die wundern sich dann zu allem Überfluss meistens dennoch, dass sich ihr Verein nicht weiterentwickelt.
Kann man den Ertrag aus der China-Reise beziffern?
Hans-Joachim Watzke: Kurzfristig gewinnen wir ungefähr drei Millionen Euro. Das ist aber nur die eine Seite. Die Fernsehgelder aus der Auslandsvermarktung der Bundesliga sollen im nächsten Jahr steigen, das Sponsoring wird nachhaltig angekurbelt. Ob wir dann am Ende 10, 20 oder 50 Millionen verdienen, das kann ich noch nicht sagen.
Watzke über die Neuzugänge
Nach der Tour stoßen André Schürrle und Mario Götze zur Mannschaft. Ist Ihre Offensive durch die beiden Weltmeister noch stärker als im letzten Jahr?
Hans-Joachim Watzke: Sie ist auf jeden Fall gut. Wenn ich die Mannschaft sehe, die wir jetzt haben, habe ich ein gutes Gefühl. Auf der anderen Seite weiß ich auch, dass wir acht Neuzugänge und drei sehr werthaltige Verluste haben. Das ist ein Umbruch, und der benötigt in der Regel eben Zeit.
Droht Rückkehrer Götze die Wut der Dortmunder Fans?
Hans-Joachim Watzke: Wenn sich ein paar Menschen bemüßigt fühlen, ihn auszupfeifen, dann sollen sie es machen. Wir haben eine Demokratie. Ich reagiere aber allergisch, wenn jemand persönlich beleidigt wird. Das bringt niemandem etwas.
Sein Wechsel vor drei Jahren hat viele verletzt.
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Hans-Joachim Watzke: Das Team war damals jung, wild und fühlte sich zu großen Dingen berufen. Deswegen hat uns der Wechsel extrem getroffen. Aber Mario hat sich 2013 nichts zu Schulden kommen lassen. Er hat eine Ausstiegsklausel gezogen und hat uns das nicht über einen Berater, sondern persönlich mitgeteilt. Ins Gesicht. Schalkes Leroy Sané macht jetzt genau das gleiche. Und der wird von den Fans gefeiert.
Wie steht der Trainer zu den Neuzugängen?
Wenn Thomas Tuchel einen abgelehnt hätte, dann hätten wir ihn nicht verpflichtet. Es gehört aber auch zu Borussia Dortmund, dass der Trainer nicht einfach einen Wunschzettel übergibt, und der wird dann vom Management erfüllt. Wir diskutieren die Planung sehr konstruktiv. Aber wir würden niemals einen Spieler verpflichten, wenn der Trainer sagt, den kann ich nicht gebrauchen. Ich habe das Gefühl, dass er mit dem Kader sehr zufrieden ist!
Aber er war enttäuscht, dass seine Leverkusener Wunschkandidaten Karim Bellarabi und Ömer Toprak nicht verpflichtet wurden.
Hans-Joachim Watzke: Wer sagt denn, dass Toprak nicht irgendwann doch einmal kommt? Es gibt ja auch in der Zukunft noch Transferperioden. In der jetzigen Transferperiode hielten wir die Forderung von Leverkusen für nicht marktgerecht. Wir zahlen nicht jeden Preis. Und zu Bellarabi: ein guter Spieler, aber manchmal klappen Wechsel eben nicht.
Watzke nimmt Stellung zu Transfer-Gerüchten
Während der Reise gab es immer wieder Transfer-Gerüchte. Kommt Mario Gomez?
Hans-Joachim Watzke: Nein, das haben wir schon gesagt. Das hat nichts mit seiner Qualität zu tun. Aber bei uns ist die Position neun belegt. Mario Gomez verspürt sicher keine große Lust, in einem Konkurrenzkampf mit Pierre-Emerick Aubameyang zu stehen.
Das heißt: Aubameyang bleibt?
Hans-Joachim Watzke: Gehen sie mal ganz schwer davon aus.
Fan-Liebling Jakub Blaszczykowski wird mit dem VfL Wolfsburg in Verbindung gebracht. Fehlen Ihnen bald die Identifikationsfiguren?
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Hans-Joachim Watzke: Kuba ist ein großartiger Mensch, ein toller Spieler, der bei uns eine große Ära geprägt hat. Insofern verdient er es, dass wir ihm bei einem Wechsel, den er möchte, wirtschaftlich entgegenkommen. Kuba bleibt immer ein Teil der BVB-Familie. Aber Fußball auf diesem Niveau ist temporär. Wenn uns jetzt reihenweise 20-Jährige sagen würden: Wir gehen lieber zum VfL Bochum, dann würde ich nachdenken. Aber wir können nicht jeden verdienten Spieler bis 36 bei uns spielen lassen.
Sie haben eine sehr starke Jugend, tolle Talente. Wie sollen diesen der Sprung zu den Profis gelingen?
Hans-Joachim Watzke: Ganz ehrlich: Diese Fragen müssen die Spieler beantworten. Wenn sie beim BVB auf Topniveau spielen wollen, dann müssen sie dieses Level erreichen. Das Leistungsprinzip können wir nicht außer Kraft setzen, nicht für einen 35-Jährigen, nicht für einen 17-Jährigen.
Sie sagen, die Qualität im Kader sei hoch. Was wollen sie erreichen?
Hans-Joachim Watzke: Wir wollen uns direkt für die Champions League qualifizieren. Und wir wollen die Gruppenphase überstehen.
Steigen die Ansprüche nicht, nachdem zwei Weltmeister verpflichtet wurden?
Hans-Joachim Watzke: Es steigt nur das Anspruchsdenken der Medien. Was der typische BVB-Fan möchte, ist, dass die Mannschaft alles aus sich rauspresst. Was dann am Ende dabei rauskommt, ist nicht so entscheidend.
Sehnen Sie sich nicht mal wieder nach einem Titel?
Hans-Joachim Watzke: Es gibt schon noch ein bisschen mehr als Titel, sonst könnte das Gros der Bundesligisten sich ja vom Spielbetrieb abmelden. Aber Borussia Dortmund hat das Titel-Gen, hat immer Titel geholt und wird auch wieder Titel holen. Das Entscheidende ist: Dieser Wunsch darf nicht zur Obsession werden! Deswegen werden auch die Schalker mit ihrem neuen Manager Christian Heidel gefährlicher. Beim S04 war diese Sehnsucht zuletzt fast eine Obsession. Das lähmt einen Verein vielleicht auch. Wenn irgendwann Bayern München das Gefühl hat, sich eine Auszeit leisten zu können, dann möchten wir da sein. Ich habe aber noch nicht das Gefühl, dass es soweit ist. Mehr als 200 Millionen Euro hat Bundesligist Borussia Dortmund in diesem Sommer hin- und herbewegt. Mit Mats Hummels, Ilkay Gündogan und Henrikh Mkhitaryan gingen drei Leistungsträger, Mario Götze und André Schürrle führen die Riege der insgesamt acht Zugänge an. Ein Gespräch mit BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke.
Watzke über die neuen Führungsspieler beim BVB
Besonders der Abschied von Mats Hummels schmerzt die Verantwortlichen bei Borussia Dortmund. Mit ihm ging nicht nur der Abwehrchef, sondern vor allem auch eine anerkannte Führungsfigur zum großen Rivalen Bayern München.
Die Aufgaben des Nationalverteidigers sollen durch das Kollektiv aufgefangen werden. „Mats’ Aufgaben müssen auf mehrere Schultern verteilt werden“, fordert BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke für die neue Saison, glaubt aber, dass das keine allzu große Schwierigkeit sein dürfte: „Die Mannschaft wurde schon in den vergangenen Jahren beileibe nicht nur von Mats Hummels geführt, sondern auch von Marcel Schmelzer, Sven Bender. Dann haben wir noch Spieler wie Marco Reus, Nuri Sahin, Lukasz Piszczek. Und Gonzalo Castro ist auch kein kleiner Junge mehr.“
Rein sportlich könnte am ehesten der neu verpflichtete Spanier Marc Bartra in Hummels’ Fußstapfen treten. „Er macht auf mich einen sehr, sehr guten Eindruck – auch persönlich. Aber auch er muss sich erstmal integrieren“, meinte Watzke über den neuen Mann, der in diesem Sommer vom FC Barcelona an die Strobelallee gewechselt war.