Dortmund. Der 23-jährige Erik Durm flog bei BVB-Trainer Tuchel lange unter dem Radar. Doch gegen Tottenham überzeugte er auf einer neu erfundenen Position.
Die Frage trifft Erik Durm offenbar unvorbereitet, dabei liegt sie auf der Hand. Mit einem Lachen verschafft er sich etwas Zeit, um nachzudenken, wie man die Position nennen könnte, die er da gerade 90 Minuten lang gespielt hat. Dann sagt er: „So eine richtige Bezeichnung gibt es dafür nicht.“ Das lag daran, dass der Profi von Borussia Dortmund im Europa-League-Spiel gegen Tottenham Hotspur auf erstaunliche Weise fast alles darstellte, was man im Fußball so sein kann. Ein Abwehrmittelfeldstürmer, der hinten als Teil einer Fünferkette seine Zweikämpfe gewann und vorne in Torjäger-Position Gefahr ausstrahlte. „Erstaunlich“, sagte sein Trainer Thomas Tuchel und schüttelte den Kopf nach dem 3:0-Achtelfinalsieg gegen eine englische B-Elf, „wir hatten ihn in der Wintervorbereitung nicht auf der Rechnung.“
Verletzungspause bremste BVB-Profi Erik Durm
Im Januar in Dubai, als die Vorbereitungen für die Rückrunde liefen, kehrte Durm gerade erst zurück in die Mannschaft. Eine langwierige Knieverletzung, die eine Operation nötig machte, bremste ihn in der gesamten Hinrunde aus. Der Mann, der sich Weltmeister nennen darf, war sehr nachhaltig von der Bildfläche verschwunden und flog wegen seiner langen Pause sogar unterhalb des Radars von Trainer Tuchel. Doch binnen weniger Wochen überzeugte er den Trainer. In der Rückrunde stand er in fast jedem Spiel auf dem Platz, gegen Darmstadt vor zehn Tagen erzielte er den wichtigen Treffer zum 2:0, im Topspiel gegen Bayern München übernahm er die Sonderbewachung des gemeingefährlichen Douglas Costa, und nun im bedeutungsvollen Duell mit Tottenham spielte er sich weiter in den Vordergrund. Durm ist plötzlich wieder wichtig. Statt seiner schmorte Shinji Kagawa zweimal auf der Bank. „Es ist einfach schön, wieder auf dem Platz zu stehen“, sagt Durm, der Vielseitige, der mal hinten links aufgeboten wird, mal vorne links, mal – wie jetzt – rechts vorne und hinten.
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Jürgen Klopp, Dortmunds früherer Trainer, nannte Erik Durm einmal ein Körpertalent und umschrieb damit dessen erstaunliche Werte in den Bereichen Schnelligkeit und Ausdauer. Tuchel formuliert es so: „Erik hat körperliche Voraussetzungen, die unserem Spiel gut tun und die es ihm ermöglichen, die ganze rechte Seite zu beackern. Er ist im Moment sehr gut am Ball und trifft die richtigen Entscheidungen.“
Das ist eine Disziplin, in der auch der Trainer eine gewisse Meisterschaft besitzt. Er weiß, die Belastungen zu dosieren, weiß, wann er sich auf wen verlassen kann. Auf Durm kann er sich vor dem Spiel gegen den FSV Mainz 05 am Sonntag (17.30 Uhr, live in unserem Ticker) verlassen. Der 23-Jährige wäre in dieser Partie sicher gern dabei: Bevor er 2012 nach Westfalen wechselte, spielte er für die zweite FSV-Mannschaft. Trainer damals: Martin Schmidt. Trainer der Mainzer Profis heute: Martin Schmidt. Für ihn schoss Durm als Stürmer Tore. Für einen wie ihn gibt es immer viele Möglichkeiten. „Er ist sehr flexibel einsetzbar, das lieben die Trainer“, sagt Tuchel.
BVB-Allrounder Durm schielt auf die EM
Joachim Löw ist auch Trainer, Bundestrainer. Zum Triumph nach Rio hatte er Erik Durm 2014 mitgenommen. Seitdem war der Dortmunder verletzungsbedingt abgetaucht und nicht mehr zum Zuge gekommen. Aber manchmal geht es ja ganz schnell. Durm hat es gerade bei dem einen Trainer erfahren, warum nicht auch bei dem anderen? Im Sommer steht die EM in Frankreich an. „Es wäre falsch zu sagen, ich würde mir nichts ausrechnen“, sagt er. Auf welcher Position auch immer.